Der letzte Zwischenstopp beim Volvo Ocean Race in Göteborg wurde zum Schauplatz für die Premiere des, laut Volvo Penta, begehrtesten Systems der Zukunft des Wassersports: Das Self Docking System, zu deutsch autonomes Anlege-System. In einer Live-Demonstration am 16. Juni manövrierte sich eine 68-Fuß-Motoryacht selbstständig in eine Box zwischen zwei 65-Fuß-VOR-Rennsegelyachten. Der Ort der Präsentation war perfekt gewählt: Der Hauptsponsor und Namensgeber des Rennens hat an seinem Hauptsitz in Göteborg zum letzten Mal die ganz große Bühne, bevor das Unternehmen als Sponsor des Volvo Ocean Race aussteigt.
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Das Ziel: Boote sollen selbst fahren
Seit einigen Jahren entwickelt Volvo Penta das Easy Boating System Schritt für Schritt weiter. „Wir haben schon lange den Ehrgeiz, das Anlegen so einfach wie möglich zu machen“, sagt Johan Inden, der Entwicklungschef von Volvo Penta. „Der erste Schritt dazu war 2006 die Einführung unserer Joystick-Anlegetechnologie. Es folgte die Einführung des dynamischen Positionssystems.“ Damit wird auch bei starker Strömung oder Wind automatisch die Position und der Kurs eines Bootes gehalten. Das ist ideal für die Vorbereitung zum Anlegen oder beim Warten vor Schleusen. „Jetzt machen wir den nächsten wichtigen Schritt“, so Inden, „indem wir das Boot elektronisch in die Lage versetzen, selbst anzulegen.“
Das Herzstück der Self-Docking-Technologie ist IPS, das per Joystick bedienbare Steuer- und Antriebssystem von Volvo Penta. Das integrierte System umfasst alles vom Steuerhebel über den Motor und die außen liegenden Pod-Antriebe bis zu den Propellern. Mit zahlreichen Sensoren und modernsten Fahr- und Navigationshilfen hat der schwedische Hersteller ein komplettes Ökosystem rund um seine grünen Diesel gebaut. Praktisch gesprochen: Die hohe Reaktionsgeschwindigkeit des IPS-Systems soll besonders Fahranfängern das An- und Ablegen erleichtern.
Wie autonomes Anlegen genau funktioniert
Das automatisierte Anlegen wird durch Volvo Pentas elektronisches System zur Schiffssteuerung EVC ermöglicht. Das System berechnet Steuerung und Antrieb in Abhängigkeit von der tatsächlichen Position des Boots – und mit vier fest montierten Sensoren am vorgesehenen Liegeplatz. Die Sensoren und Bordcomputer reagieren dabei in Millisekunden auf sich ändernde Wind- und Seebedingungen und nehmen kontinuierlich auch kleinste Anpassungen bei der Leistung und dem Lenkwinkel des IPS-Antriebs vor, um das Boot auf dem berechneten Kurs in den Liegeplatz zu manövrieren. Bei Bedarf kann der Anlegevorgang unterbrochen werden. Die Automatik positioniert das Boot dann an Ort und Stelle.
Die Automatik läuft in drei Phasen ab: Nähert sich das Boot seinem Liegeplatz, erkennt das System, dass es sich in der sogenannten „Catch zone“ befindet. Es sendet dann ein Signal an den Kapitän, dass es bereit zum Anlegen ist. Sobald der Bootsführer die Selbstanlegefunktion aktiviert hat, wird das Boot (mit Hilfe der Geodaten des GPS) automatisch in die korrekte Anlegeposition gebracht.
Sobald die Person am Steuerstand die letzte Phase gestartet hat, verwendet das System eine Kombination aus GPS und Sensoren, die sowohl an Bord als auch an der Zielstation angebracht sind, um das Boot automatisch in den sicheren Liegeplatz zu manövrieren. Auch wenn das System über sogenannte Rundum-Sensoren zur Kollisionswarnung und -vermeidung verfügt, muss eine Person während des Anlegevorgangs am Steuer bleiben, um bei Bedarf eingreifen zu können.
Aufrüstbar für ältere IPS-Systeme von Volvo Penta
Ein zusätzliches Merkmal des kommenden Systems ist, dass es nicht nur für die neuesten mit IPS ausgestatteten Boote verfügbar sein wird. Eine Nachrüstversion ist ebenfalls geplant, was für viele ein attraktives Upgrade bedeuten würde. Frühestens ab 2020 soll das System im Handel erhältlich sein.
Den Schwerpunkt bei der Einführung des Selbstanlegesystems legt Volvo Penta zunächst auf Bootsbesitzer, die das System an ihrem privaten Liegeplatz installieren wollen. Längerfristig hofft der Hersteller, dass die Technologie auch für Hafenbetreiber interessant werden wird.
Ein weiteres Zukunftsszenario für das Self Docking System ist die Integration in Volvo Pentas Easy Connect App. Mit dieser Smartphone-Software kann der Nutzer überprüfen, ob der nächstgelegene Yachthafen mit der entsprechenden Self-Docking-Technologie ausgestattet ist – und sich damit möglicherweise sogar einen Liegeplatz sichern.