Die Belastung mit einer Lichtmaschine, die über die Kurbelwelle angetrieben wird, hat allerdings auch Grenzen. So überschreitet die Last vieler Hochleistungs-Lichtmaschinen die von den Herstellern angegebene maximale seitliche Belastung der Kurbelwellenriemenscheibe.
In der Praxis gab es zwar bisher (zumindest nach Angaben des Integrel-Herstellers) keinerlei Anzeichen für übermäßigen Verschleiß der Lager auch nach jahrelangem Einsatz. Aber im Zweifel könnte es zu Streitigkeiten mit den Motorherstellern bzgl. Garantieansprüchen kommen.
Ein weiteres Problem ist möglicher Schlupf des Keilriemens. Auch Hightech-Keilriemen haben irgendwann Grenzen bei der Belastbarkeit. Viel mehr als 10 kW Leistung lässt sich so nicht übertragen. Und dann ist da noch die Sache mit der Strombelastbarkeit der Kabel. Viel mehr als 300 Ampere vertragen selbst die dicksten handelsüblichen Kabel nicht, ohne zu schmelzen.
Das ist auch der Grund für die 48 V Betriebsspannung des Integrel-Systems. Bei höheren Leistungen sind höhere Spannungen nötig, um die Energie von der Lichtmaschine in die Batteriebank zu übertragen.
Ein Blick in die Zukunft
Um noch höhere elektrische Leistung aus der Antriebsmaschine zu kitzeln, ist also eine höhere Betriebsspannung und eine Optimierung der Kraftübertragung vom Motor zur Lichtmaschine nötig. Die Hersteller des Integrel-Systems haben diese Herausforderungen angenommen. Die Prototypen der drei Varianten des auf der diesjährigen METS mit dem DAME-Award ausgezeichneten Next Gen Integrel Systems liefern laut Hersteller 10 kW in der 48-V-Variante, 50 kW in der 96-V-Variante und beeindruckende 100 kW in der 350-V-Version.

Mit solchen Leistungen könnte man selbst auf Superyachten auf einen Generator verzichten. Um das Problem mit dem Keilriemen zu lösen, wird das System direkt zwischen Dieselmotor und Getriebe bzw. Saildrive installiert. Das bedeutet allerdings, dass ein Nachrüsten dieser wassergekühlten Hochleistungsgeneratoren sehr aufwändig wäre. Im Gegensatz zum ursprünglichen Integral-System sind hier also eher Werften die Zielgruppe, die das System direkt beim Design der Antriebseinheit berücksichtigen können.
Es stellt sich natürlich die Frage, was man eigentlich mit so viel Strom an Bord anfangen soll. Selbst große Yachten haben selten einen Energiebedarf, der über ein paar kW hinausgeht – es sei denn, sie haben einen elektrischen Antrieb.
Die nächste Idee
Und genau hier liegt die nächste Idee der Integrel-Entwickler. Wie die meisten Generatoren können auch die Integral-Systeme als Motor fungieren. Und so könnte man das Integrel-System zwischen Maschine und Getriebe auch nutzen, um die Energie aus der Batterie in Antriebsenergie zurückzuverwandeln.
Sollte es das Integrel-Team wirklich schaffen, Drehzahl und Drehmoment so zu regeln, dass der zwischen Maschine und Getriebe platzierte Elektromotor effizient den Propeller antreibt, so wäre dies ein beachtlicher Erfolg bei der Entwicklung von Parallel-Hybridsystemen an Bord.
Man hätte quasi ein All-in-one-System: Elektroantrieb, Generator und Dieselantrieb. Und das Ganze mit nur minimal größerem Platzbedarf als ein herkömmlicher Dieselmotor. Es bleibt spannend!
Wer tiefer in die Materie einsteigen will, dem möchte ich unseren englischsprachigen Onlinekurs Advanced Marine Electrics auf BoatHowTo.com ans Herz legen. Der Kurs enthält Module zum Thema Generatoren, Lichtmaschinen, Elektro- und Hybridantriebe und Ansätze zur Optimierung von Energieerzeugung an Bord.