Vor zwei Jahren hing sie das letzte Mal in den Seilen. Oder genauer gesagt: In den Schlaufen des Krans. Die „Dilly-Dally“, eine Moody 425, auf der ich seit knapp zweieinhalb Jahren in der Türkei lebe. Und so ist es mal wieder an der Zeit, die alte Lady an Land zu hieven, um ihr ein neues Unterwasserkleid zu spendieren.
Das alte erinnert mittlerweile an eine Aquakultur für Muschelzucht. Ich hatte Shogun von Seajet verwendet. Doch die einst scharfe Klinge des Samurai-Schwerts war stumpf geworden im Kampf gegen die Invasion der Weichtiere mit der harten Schale. Da half es auch nicht, dass ich mehrmals mit einem Spachtel bewaffnet zur Hilfe plantschte und in etlichen Tauchgängen die Muscheln vom Rumpf kratzte. Das selbstpolierende Antifouling hatte aufgegeben. Es musste ein neues her. Nur welches?

Möglichst den Krantermin sparen
Auch wenn die Corona-Pandemie alle Pläne für die Langfahrt durcheinander gewirbelt hat, steht ein langhaltender Unterwasserschutz ganz oben auf meiner Prioritätenliste. Zehn Jahre Ruhe klingt paradiesisch. Aber es gibt auch noch einen weiteren, ganz trivialen Grund: Pecunia! Wer sein Boot nicht ohnehin jeden Winter an Land hievt, möchte möglichst jeden Krantermin einsparen. In meinem Fall kostet es mich jedesmal um die 700 Euro, das Boot an Land zu bringen. Coppercoat, eine Beschichtung mit reinem Kupfer, scheint mir daher ein lohnendes Investment zu sein.

Der Hersteller verspricht „eine Lebensdauer von zehn Jahren und mehr“. Das in Epoxy eingebundene Kupfer soll zudem eine extrem glatte Oberfläche bilden, was wiederum gut für die Performance ist. Und es ist umweltfreundlicher als die gängigen selbstpolierenden Beschichtungen, die ihre toxische Dosis nach und nach im Wasser verteilen. Coppercoat reibt sich nicht ab – sagt der Hersteller.
Das Material polarisiert
„Coppercoat? „Oh, no!“ Barry, mein australischer Stegnachbar, rollt mit den Augen. Herbert, ein österreichischer Katamaransegler, runzelt die Stirn. Er habe viele schlechte Erfahrungsberichte im Internet gelesen. Jan, ein deutscher Segelaussteiger, hat gerade erst vor wenigen Monaten Coppercoat in Griechenland auftragen lassen. Aber er warnt: „Das ist eine Schweinearbeit! Bei der Verarbeitung darf man bloß keinen Fehler machen.“ Ronnie und Karen, ein schottisch-walisisches Seglerpaar, schwört auf den Kupferanstrich.
Vor sieben Jahren haben sie ihn aufgetragen. Der Rumpf ihres Kats sieht immer noch aus wie geleckt. „Alles, was man tun muss“, sagt Ronnie, „ist, den Rumpf einmal im Jahr von einem dünnen Schleim- und Algenfilm mit einem Schwamm oder einer Bürste zu befreien.“ Schwimmend sei das kein Problem. Auch müsse der Anstrich alle paar Jahre reaktiviert werden, indem er leicht angeschliffen wird. Aber auch das sei machbar, während das Boot im Wasser liegt, schwärmt der Segler.

Coppercoat polarisiert. So viel ist klar. Es gibt glühende Verfechter, aber auch zahlreicher Skeptiker. Doch wie sich herausstellt haben die Zweifler selten eigene Erfahrungen gesammelt, sondern sich ihr Wissen angelesen oder angeschaut. Internetfilmchen, deren Titel oft das Wortgebilde „Coppercoat-Desaster“ trägt, gibt es reichlich. Doch sind diese Bewertungen wirklich aussagekräftig? Oder kübeln die Unzufriedenen ihr Leid nur in die Welt hinaus, während die Zufriedenen still und friedlich sich daran erfreuen, die richtige Wahl getroffen zu haben?