Irgendwann nagt der Zahn der Zeit auch an glasfaserverstärktem Kunststoff, dann müssen Bootsrümpfe auf den Müll. Das Recycling ist jedoch teuer, denn die Zerlegung erfolgt großteils in Handarbeit. Die Verwertung ist außerdem relativ ineffizient, denn bei der „thermischen Verwertung“ zu Quarzsand muss viel Energie zugeführt werden. Der maritime Gigant Brunswick kündigt nun ein GFK-Boot an, das sich mit Gewinn wieder verwerten lässt.
Der Motorboothersteller will das Motorboot Ende Oktober auf der Fort Lauderdale Boat Show in Florida erstmals zeigen. Viel ist noch nicht bekannt, aber: Es wird eine Boston Whaler unbekannter Größe sein. Das Material für den Rumpf beziehen die Amerikaner von Arkema. Das französische Unternehmen mit mehr als 20.000 Mitarbeitern weltweit war einst Teil des Petro-Chemiegiganten Elf Aquitaine.
Im Zuge der Energiewende hat Arkema einen neuen Verbund-Kunststoff entwickelt. Der Konzern will damit im großen Stil die Hersteller von Rotorblättern für Windkraftanlagen versorgen. Das „Elium“ genannte flüssige Kunststoff-Harz ist vollständig recycelbar: Nach dem Ende des Boots-Lebens wird der Rumpf geschreddert. Die darin enthaltene Glasfaser wird zu Glassplittern, die im Material verbleiben. Das Granulat wird anschließend eingeschmolzen.
Das Material geht zurück in die Bootsindustrie – und kann für neue Rümpfe wiederverwendet werden. Aus einem Boot entsteht also irgendwann wieder ein Boot, daraus ein Boot, daraus ein Boot. Wenn das nicht der perfekte Kreislauf ist. So kann eine Yacht auf ewig die Gene ihrer Vorgänger in sich tragen. Arkema tüftelt seit Jahren an dem Verfahren. Bisher hat man den Umwandlungsprozess allerdings nur in kleineren Mengen geschafft.
Arkema sponsert Transat-Team
Jedenfalls ist Elium für den Bootsbau gut geeignet, teilt der Hersteller mit. Durch niedrige Viskosität, lange Trocknungszeit und geringe Wärmeentwicklung beim Abbinden lässt es sich auch auf großen Flächen gut verarbeiten. Im Vergleich zu Duroplast-Kunststoffen habe Elium eine zehnmal höhere Festigkeit gezeigt.
Als Sponsor des französischen Mini-Transat-Teams Lalou hat Arkema seit 2016 den Bau des Prototyps des Mini 6.50, eines Einrumpfsegelboots unterstützt. Sein Rumpf und Deck bestehen vollständig aus Elium. Innerhalb von zwei aktiven Jahren, darunter zwei Transatlantikfahrten, bewies die Mini 6.50 ihre Haltbarkeit. Ein Jahr später siegte Skipper Lalou Roucayrol auf der Transat Jacques Vabre mit dem Trimaran Multi50 „Arkema 1“. Die ist – natürlich – ebenfalls aus dem neuen Werkstoff gebaut.
Brunswick hat nicht zufällig die Marke Boston Whaler für das Pilotprojekt ausgesucht. Die sprichwörtliche Robustheit der Angel- und Freizeitboote impliziert, dass der neue Werkstoff höchsten Ansprüchen genügen soll. „Durch die Kombination von Materialien der nächsten Generation mit der legendären Sicherheit und Haltbarkeit der Marke zeigen wir, wie ernst wir den Kundenanspruch nehmen – und tun zugleich etwas für die Umwelt“, zitiert die Brunswick-Pressemitteilung den Marken-Chef Kris Neff.
Prototyp von Boton Whaler soll zur Serie werden
Aus dem Prototypen will Brunswick später eine Serie machen. „Anstatt nach dem Nutzungsende zu einer Belastung für die Umwelt zu werden, sind diese Whaler eine wertvolle Rohstoffquelle, aus der wir neue Boote bauen können“, sagt Brunswick-Pressesprecher Sean Minoque zu float. In den USA existiere bereits ein Markt für aufbereitete thermoplastische Rückstände, die wieder in die Wertschöpfungskette eingegliedert werden.

Das Recycling von Yachten ist bisher in vielen Ländern ein ungenügend gelöstes Problem. Während in Deutschland bisher keine Ansätze einer zentralen Verschrottungs-Lösung existieren, hat Frankreich die Zerlegung und Entsorgung von alten Booten bereits weitgehend organisiert.
Es wird damit gerechnet, dass die kommende Jahre die Zahl der Bootsentsorgungen stark ansteigt, da nach 60 bis 70 Jahren GFK seine natürliche Lebensgrenze erreicht hat.