Stand-Up-Paddler sind die E-Bike-Fahrer des Wassersports: Vom Rest der Gemeinde wurden sie lange nicht ernst genommen. Doch das ändert sich. Viele Wasserfreunde wissen inzwischen: Was auf den ersten Blick ein wenig seltsam aussieht, ist ein völlig neues Erlebnis von Entspannung. Das flache SUP-Board hat in den letzten Jahren viele aufs Wasser gebracht. Nicht nur Surfer, Segler, Paddler oder Ruderer, die dem Element sowieso schon nahe waren. Sondern auch Leute, die bisher wenig oder nichts mit Wassersport zu tun hatten.
Da Paddeln im Stehen sehr eng mit der Natur verbunden ist, stellt sich schnell die Frage, welche Auswirkungen die Herstellung der SUP-Boards potenziell auf unsere Umwelt hat. Das Stehpaddeln selbst erscheint unbedenklich: Stand-Up-Paddling ist leise, langsam und verursacht weder Schadstoffemissionen noch Wellenschlag.
Es gibt ein Problem!
„Ein SUP-Board wird eigentlich erst zur größten Belastung, sobald es nicht mehr zu gebrauchen ist und in den Müll wandert“, analysiert das Online-Nachhaltigkeitsmagazin lifeverde. Der Grund dafür: Vor allem billige Boards bestehen ausschließlich aus Plastik. Sie halten nicht lange und müssen bereits nach verhältnismäßig kurzer Zeit entsorgt werden.
Die teureren Exemplare werden aus Glasgelege- oder Kohlefasern oder aus PVC hergestellt – das ist für die Umwelt eher noch schlimmer. Von Nachhaltigkeit ist hier also keine Spur. Der Bootsbauer Jannek Grocholl und der Extremsportler Michael Walther haben dazu eine Antwort gefunden: „Ray Eco“, zu deutsch Öko-Rochen. Ihr komplett kompostierbares Stand-Up-Paddleboard soll demnächst in die Serienfertigung gehen.

Das Ray Eco ist nicht das einzige SUP-Board auf dem Markt, das als umweltfreundlich beworben wird. Bei lifeverde werden alleine fünf Anbieter „nachhaltiger“ Stand-Up-Paddle-Boards genannt. Doch keiner der Anbieter geht bei der Herstellung so konsequent den nachhaltigen Weg wie die Kieler.
Board mit Holzspanten
Leicht, schnell und stabil – das waren Anforderungen an das Board, was die Kieler eine Menge Gehirnschmalz gekostet hat. Die Idee der Jungs aus Kiel darf man durchaus revolutionär nennen. Ihr Endprodukt besteht zu 95 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen.
Besonders interessant ist der Kern des nachhaltigen Boards. Herkömmliche SUP-Bretter haben einen Schaumkern. Der also musste ersetzt werden. Die Väter des Öko-Rochens entschieden sich für eine hohle Spantenbauweise. Diese Struktur besteht aus Holzspanten und über Stützen verbundene Wrangen. Das sind jene Querverbindungen, die bei Holzbooten als Auflage für die Bodenbretter dienen. Bei den Boards ist es der „Deckel“, auf dem der Nutzer steht.
Damit kann der Körper des Boards bis auf die innere Struktur hohl bleiben, und das spart immens Gewicht. Bei einer 4,27 m Länge und einer Breite von 0,61 m bringt der Eco Ray lediglich 11,5 kg auf die Waage. Das ist weniger als ein Fahrrad! Eine Einzelperson kann das Brett also ohne Probleme von der Straße ans Ufer tragen, und los geht das Stand-Up-Paddling.
Bienenwachs und Käseleim
Die Öko-Rezeptur setzt sich beim Anstrich fort: Statt mit giftigen Lacken und Harzen wird das Board der Kieler mit Bio-Leinöl gestrichen und mit echtem Bienenwachs versiegelt. Die Spanten bei diesem Board sind mit Bio-Epoxy zusammengeklebt. Ein spezieller Härter macht sie zum widerstandsfähigen Baumaterial.
Schön und gut. Die Baumeister sind aber kritisch genug und sich im Klaren darüber, dass Epoxy selbst mit dem Zusatz „Bio“ noch nicht wirklich zu 100 Prozent umweltfreundlich ist. So werden weitere Versuche mit Kasein-Leim folgen. Dieser aus Milcheiweiß (Kasein) und gelöschtem Kalk zusammengerührte Leim ist tatsächlich sehr haltbar. Und dabei wärme- und wasserfest.

So können die Boardbauer auf chemische Produkte verzichten Diese Art Kleber ist übrigens schon seit Jahrhunderten im Einsatz. Und er ist simpel im Handling, denn er lässt sich immer frisch anrühren. Spätestens dann, wenn man beim Board Lab auch auf den Einsatz von Epoxy verzichtet, kann das Board am Ende seines Lebenszyklus einfach geschreddert und kompostiert werden.
Schneller Baum fürs Board
Den „nachwachsenden Rohstoff“ für das Board liefert ein Baum, der viele Namen hat: Blauglockenbaum, Paulownia tomentosa oder Kaiserbaum. Bei uns wird er unter dem Namen Kiri-Baum vermarktet. Seine ursprüngliche Heimat ist Asien. Er bevorzugt Regionen mit warmem Klima.
Das Besondere: Der Kiri-Baum gilt als der „schnellste Baum der Welt“. In nur einem Jahr kann ein Exemplar über fünf Meter wachsen. Sein Holz lässt sich aufgrund der langen Fasern, seiner Härte und Seewasserbeständigkeit gut im Wassersportbereich und Bootsbau einsetzen. 2019 wurde die Nutzpflanze außerdem als Klimabaum ausgezeichnet, da seine Blätter erheblich mehr Kohlendioxid als ein normaler Mischwaldbaum binden.