Fliegen und Bootfahren haben viel gemeinsam: Beide sind nicht nur die (mindestens) zweitschönste Nebensache der Welt, sondern auch stark von wechselnden physikalischen Größen abhängig, auf die kein Mensch Einfluss hat. Und: Beim Fliegen wie beim Bootfahren ist das Ankommen am schwierigsten.
Wer schon einmal bei heftigen Böen und starker Drift einen Kurs an den Steg oder in die enge Box steuern musste, weiß um diese Herausforderung: Du hast nur einen einzigen Versuch, der muss klappen! Sonst machst Du Bruch. Und nebenan auf den sicher angeleinten Booten zücken bereits die Wochenend-Skips ihre Smartphones in freudiger Erwartung des Hafenkinos.

Der schwedische Motoren- und Marinehersteller Volvo Penta hat jetzt etwas entwickelt, dass die Klickrate auf den einschlägigen Youtube-Kanälen über Anlege-Fails drastisch reduzieren dürfte: Das Assisted Docking System (englisch für „Unterstütztes Anlege-System“) hilft Schiffsführern, ein Boot trotz widriger Welle oder Winde sicher an einen Steg zu steuern – oder davon weg.
Der Mensch behält die Mütze auf
Es handelt sich beim Assisted Docking System um einen echten Assistenten – also keinen Flaschengeist. Sprich: Der Mensch wird unterstützt, aber nicht ersetzt. Volvo Penta bietet keinen roten Knopf, auf den man drückt, um anschließend die Yacht selbstständig wie auf Schienen einparken zu sehen.
2018 präsentierte der Hersteller eine solche autonome Einpark-Funktion effektvoll im Rahmen des letzten Volvo Ocean Race. Doch als marktreife und vor allem bezahlbare Technologie wird es so etwas wohl nicht so bald geben. Und es erscheint auch wenig reizvoll, wenn uns an Bord nur noch die Beobachter-Rolle bleibt.
Beim Assisted Docking System indes behält die Person am Steuer die Kapitänsmütze auf: „Der Skipper bleibt immer in der Verantwortung“, sagt Anders Thorin von Volvo Penta im Gespräch mit float. Die Technik könne also mit einem vollautomatischen Einpark-Assistenten, den inzwischen einige Autohersteller anbieten, nicht verglichen werden.


ADS ist eher vergleichbar mit einem „Spurhalte-Assistenten“, der ein Fahrzeug auf der Straße durch sanfte Kurskorrektur in der Fahrspur hält. Und im Idealfall merkt man nicht viel davon, wenn die Technik einem mit unsichtbaren Händen unter die Arme greift.
Zugriff auf IPS und Bugstrahlruder – mit GPS
Dazu hat das Assisted Docking System Zugriff auf die drehbaren Propellergondeln des IPS-Antriebs und zum Bugstrahlruder. Zugleich wird über einen Abgleich mit den GPS-Daten permanent die eigene Position geloggt. So hat die Technik buchstäblich ein Auge darauf, ob das Boot den gewünschten Kurs fährt – und steuert notfalls gegen. Auch „Stehenbleiben“ ist möglich. Dann verharrt das Schiff stoisch dort, wo man den Joystick losließ – und hält brav wie Waldi die Stellung, bis ein neues Kommando kommt. Oder der Sprit aus ist.