Assisted Docking wird in den kleinen Steuerknüppel integriert, den Volvo Penta analog zum Gaming-PC Joystick nennt. Und Spaß macht es! Bei IPS-Antrieben, den von Volvo Penta erdachten Podantrieben, steht diese Technik antriebsübergreifend für Hafenmanöver zur Verfügung. „Beim Fahren nutzt man das Steuerrad; im Hafen wechselt man zum Joystick“, schildert Anders Thorin die übliche Routine. Daran ändert auch der neue Assistent nichts. Will ich anlegen und brauche dafür Unterstützung, stelle ich per Knopfdruck das System „scharf“ und beginne das Manöver.
„Sie bestimmen weiterhin alles, auch das Tempo“, erklärt Thorin, der als Produktmanager für Elektronik in der Volvo-Penta-Zentrale in Göteborg sitzt, in unserem Zoom-Call. Ich kann das Manöver jederzeit unterbrechen, um zum Beispiel Abstände zu kontrollieren, zu loten oder eine Leine klar zu legen. Dann hält der Assistent das Boot auf der aktuellen Position. „Wie eine Drohne“, so Thorin. Nur dass die nicht sirrend über dem Piloten schwebt, sondern die Manöver unter den eigenen vier Buchstaben fährt. Ist alles klar, kann ich per Joystick näher heran – oder auch zurück. Oder einen Kreis fahren.
Auch der Assistent hat Grenzen
Diese Freiheit, in selbstgewählter Position völlig entspannt ohne Zeitnot Entscheidungen treffen zu können, ist etwas völlig Neues. Hat sie auch Grenzen? „Das System hat keine Warnfunktion“, so Anders Thorin. Wer fährt, muss also eigenverantwortlich den Kurs ständig überwachen. „Assisted Docking hält Dich auch nicht davon ab“, so der Schwede, „etwas anzurempeln.“ Das gilt natürlich auch für Bedingungen, in denen das IPS-System überfordert ist.
Was vermutlich sehr selten passiert. „Ich habe das System unter Bedingungen getestet, in denen ich ohne Unterstützung sehr große Schwierigkeiten gehabt hätte, sicher anzulegen“, sagt der schwedische IT-Experte. Natürlich stößt auch Assisted Docking an seine Grenzen: Wo dieses Limit ist, mag man bei Volvo Penta nicht genau definieren. Es hängen zu viele Faktoren davon ab, ob das System gegenüber Wind und Wellenschlag ins Hintertreffen geraten könnte.
Wann sollte ich als Skipper trotz aktivem Assisted Docking besser Abstand von einem Anlegeversuch nehmen? „Auf dem Display wird ständig angezeigt, wie stark das System ausgelastet ist“, erklärt mir Anders Thorin. Wenn Assisted Docking 100 Prozent Auslastung meldet, solle man es sich genau überlegen, ob man nicht lieber ankert. Ebenfalls hilfreich: Falls die GPS-Verbindung gestört ist, werde das ebenfalls angezeigt.

Also sind nautische Erfahrung und Systemkenntnis weiterhin unabdingbar. Auch bei der Sonderfunktion „Side Push“: Liegt die Yacht längsseits des Stegs, kann sie mit einem Hebeldruck in Seitwärtsbewegung versetzt werden. Und auch hier stoppt das Superhirn nicht von allein, sondern muss erneut einen Befehl dazu erhalten.
Der Umgang mit Assisted Docking jedoch soll ohne lange Einweisung funktionieren. Thorin gegenüber float: „In fünf Minuten hast Du verstanden, wie es funktioniert – und es ist in bekannte Systeme voll integriert.“ Im Video erklären Ida Sparrefors, bei Volvo Penta verantwortlich für Autonome Lösungen, und Anders Thorin, wie das System im praktischen Einsatz funktioniert.
Auch zum Nachrüsten geeignet
Das Assisted Docking System kann mit sämtlichen IPS-Systemen von Volvo Penta kombiniert werden. Die Technologie steht für Boote zwischen 35 und gewaltigen 120 Fuß Länge zur Verfügung. Bei der virtuellen Consumer Electronics Show (CES) Mitte Januar bekam die Assisted-Docking-Technologie Lob und Anerkennung. Das System wurde als Finalist für den Best-of-CES-Award in der Kategorie Transportation nominiert.
Die hier federführende Engadget-Redaktion brachte es auf den Punkt: „Das Volvo Penta Assisted-Docking-System ist im Grunde dasselbe wie die Einparkhilfe vieler High-End-Autos, aber für Boote.“ Es ist – falls noch ein Osterwunsch ansteht – auch möglich, Boote nachzurüsten. Dafür sind auch ein Software-Upgrade und eine neue GPS-Antenne erforderlich.