Was für ein Brummer! Mercury Marine hat in einer Zeit, in der Leistung von vielen in Frage gestellt wird, ein krachendes Statement gebracht: Es ist monolithisch weiß oder (auf Wunsch auch) schwarz, wiegt 572 Kilogramm und hinterlässt einen Schnurrbart von hier bis Helgoland. Der 600 PS starke V12 Verado ist ein optimistisches Bekenntnis zum Außenbordmotor mit Benzinantrieb.
Die Vorstellung vergangene Woche war großes Kino, ganz wie es sich für den weltgrößten Bootsmotorenhersteller gehört: Mercury Marine lud – selbstverständlich corona-konform streng virtuell – an die traditionelle Testbasis im Süden der Vereinigten Staaten: nach Lake X in Florida. Und float war dabei. Dort sprach Präsident Chris Drees jovial in kurzen Ärmeln (bei 35 Grad Außentemperatur) von einem „historischen Moment“.
Damit hat er nicht übertrieben: Ein V12, das ist traditionell immer ein König unter den Motoren. Nur die Großen – klangvolle Marken wie Jaguar, BMW, Mercedes, auch Ferrari und Lamborghini oder vor dem Krieg Maybach und Horch – haben sich je an dem mechanischen Meisterstück eines Zwölfzylinders mit all seinen dazugehörigen Anbauteilen und entsprechender Infrastruktur versucht. V12, das ist Hochzeit der Technik.
„Man fühlt einfach den Luxus“
Auf dem geheimen Lake X, wo bereits der Firmengründer Carl Kiekhaever in den späten 1950er-Jahren seinen ersten Reihen-Sechszylinder testete, ist der gewaltige Verado seit Wochen im harten Einsatz. Diverse Boote, vom Boston Whaler bis zum 50 Fuß großen Kabinenkreuzer, sind mit dem neuen Antrieb versehen. Und alle machen sich prächtig, so Drees. „Man fühlt einfach den Luxus.“ Die Maschine sei nicht nur agiler, sondern auch leiser, sparsamer und vibrationsärmer. Ein technisches Wunder, mit anderen Worten.
Und ein verflucht schnelles: Auf bis zu 80 Seemeilen, also rund 150 km/h, soll er geeignete Boote beschleunigen. Mit 600 PS aus einem 7,6 Liter großen Zwölfzylinder-V-Motor ist Mercury Marine mit einem Paukenschlag ganz vorn – nachdem der bisher stärkste Außenborder der Welt, der 627 PS große Seven Marine 627, seit Januar nicht mehr produziert wird. Braucht die Wasserwelt eine solche Wuchtbrumme? Für Mercury ist die Antwort ganz einfach: „Die Kunden bewegen sich in Richtung größerer Boote“, so Drees.
Dem folgt die Strategie von Mercury Marine: mitwachsen. Und das nicht erst seit gestern: Bereits Ende 2019 stellt das Unternehmen mit dem damals größten Außenborder aus eigener Fertigung, dem Racing 450R, einen Leistungsrekord auf. Der ist nun Geschichte. Mit dem V12 blieb Mercury in vielen Details seinen Prinzipien erneut treu: Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, außer durch mehr Hubraum, lautet eines davon. Der V12 Verado hat 7,6 Liter Hubraum. Das ist mehr, als der klassische Big Block, der V8 der berühmten US-Straßenkreuzer, je hatte.