Ungläubig sitze ich am 9. März vor meinem Laptop und lese in den Nachrichten vom Fund der legendären Endurance, dem Schiff des berühmten britischen Polarforschers Sir Ernest Shackleton. Vor knapp 100 Jahren wollte Shackleton mit dem Dreimaster die Antarktis durchqueren, doch der blieb im Packeis stecken, musste aufgegeben werden und galt seitdem als verschollen.
Nun haben ForscherInnen das Wrack in knapp 3.000 Metern Tiefe entdeckt, die Masten geknickt, Planken zerstört, doch ansonsten erstaunlich intakt. Schon bald trudeln die ersten Nachrichten von befreundeten SeglerInnen ein, alle ähnlich aufgeregt wie ich. „Kannst du dir vorstellen, die Person zu sein, die dieses Schiff entdeckt?“
Oder: „Wie verrückt wäre es, das Wrack von innen zu erkunden?“ Kann sich überhaupt jemand vorstellen, wie unglaublich und abenteuerlich die Antarktis-Expedition gewesen sein muss, die Shackleton auf der Endurance angeführt hat?

Durch Zufall erhielt ich vor kurzem Einblick in ein solches Abenteuer – nicht in das der Endurance, sondern in die Geschichte der Belgica, die, angeführt von Adrien de Gerlache, 1897 zur Erkundung der Antarktis aufbrach und dort ebenfalls im Packeis stecken blieb.
In den Fußstapfen von Jules Verne
De Gerlache wiederum – und so schließt sich der Kreis – tat sich kurz vor dem Ersten Weltkrieg mit dem Schiffsbauer Lars Christensen zusammen, um die Polaris zu konstruieren, später bekannt als Shackletons Endurance.

Er studierte die Tagebücher und Aufzeichnungen der Offiziere und Matrosen, traf sich mit Nachfahren der Expeditionsmitglieder und unternahm sogar eine eigene Reise in die Antarktis, um die Sinneseindrücke dieses einzigartigen Ortes authentischer beschreiben zu können. Die intensive Recherche Sanctons spiegelt sich auf jeder einzelnen Seite seines Buches, bei dem man manchmal schnell vergisst, dass es sich nicht um einen Abenteuerroman handelt.
Die Reise der Belgica
Die Geschichte der Belgica beginnt 1897 in Belgien, als ihr Kommandant Adrien de Gerlache mit einer bunt zusammengewürfelten Mannschaft aus Belgiern, Norwegern, Niederländern und Amerikanern zu einer der ersten Antarktis-Forschungsexpeditionen aufbricht. Tatsächlich war fast die Hälfte der Mannschaft der Belgica nicht belgischer Nationalität. Das machte sie zur ersten richtigen internationalen Forschungsmannschaft.
Das stellte sie aber auch vor diverse Schwierigkeiten. Nicht nur die Sprachbarriere zwischen der Besatzung sollte immer wieder zum Problem werden. Auch der eigene Nationalstolz und vor allem die Missbilligung der belgischen Bevölkerung war hinderlich. Den Belgiern hatte Adrien de Gerlache die Expedition als patriotisches Unterfangen präsentiert, als es um die Finanzierung der Reise ging.