Stell Dir vor, der Hausboot-Urlaub ist vorbei – und alle Reiseerinnerungen von Häfen und Ankerplätzen sind bereits dokumentiert. Alle Bilder sortiert. Alle Erinnerungen aufgeschrieben. Also nicht bloß im Gedächtnis, wo sie bekanntlich so schnell weg sind wie ein Handy, das ins Hafenbecken fällt. Sondern unauslöschlich und jederzeit abrufbar. Fertig präsentiert für Freunde und Verwandte, auf dass diese vor Begeisterung augenblicklich selbst in See stechen möchten. Wäre das nicht wundervoll? Oder bloß zu schön, um wahr zu sein?
Doch, das ist möglich: Der Berliner Verlag SD Media hat aus der Idee des langjährigen Hausboot-Urlaubers Torsten Krone – pünktlich zum Start der Sommer-Saison – ein Hausboot-Logbuch im Selber-Mach-Stil veröffentlicht. Damit erhält jeder Binnen-Törn, ob nun über die Mecklenburgische Seenplatte oder auf dem Canal du Midi, einen würdigen Rahmen.
Noch dazu einen sehenswerten. Denn das Büchlein ist ausgesprochen edel, im Mehrfarbendruck, mit Fadenheftung und goldfarbenem Lesebändchen. Es sieht von außen, mit Lackaufdruck in Sonderfarbe, aus wie ein Stück klassischer maritimer Literatur. Bis man denn aufschlägt.
Platz für Nautik-Lyrik und Crew-Comics
Vorbei ist es mit Zettelsammlungen, vollgeschmierten Einkaufsbons (die am Ende keiner mehr entziffern kann) oder Sprach-Memos (die am Ende sowieso niemand mehr abhört). Denn das leere Logbuch nimmt man gleich auf die Reise mit, legt es aufgeschlagen ins Cockpit und schreibt, wann immer es gerade passt.
Das können sachliche Informationen wie die Betriebsstunden der Maschine oder eine Liegeplatz-Bewertung sein, aber auch Nautik-Lyrik, Crew-Comics und Kapitäns-Karikaturen, Kochrezepte oder Adressen von Reisebekanntschaften.
Denn das Bordtagebuch ist so vorstrukturiert, dass es auch von ungeübten Kuli-Kapitänen leicht bedient werden kann. Also quasi führerscheinfrei. Insgesamt drei Wochen deckt „Mein schönstes Ferienerlebnis“ für Binnenskipper ab, jedem Tag steht eine Doppelseite zur Verfügung.

Darauf finden sich jeweils feste Rubriken wie „Diese Seen waren besonders schön“ oder „Das Wetter war heute:“ oder „Held des Tages“ oder ähnliches. Was im ersten Eindruck seltsam wirkt, überzeugt spätestens beim Gebrauch: Die Stichworte dienen als Anker fürs Gedächtnis, wenn man später im Freundeskreis die Reise Revue passieren lässt.
Hauptsache, das Buch wird am Ende voll
Und natürlich sollte man die Rubriken auch nicht allzu ernst nehmen, sie sind mehr als Anregungen denn als Vorgaben zu verstehen. Wer mit „Unsere Schleusen- und Brückenabenteuer“ oder „Der tollste Mensch in einem Hafen“ nichts anfangen kann, streicht das eben durch und schreibt stattdessen die eigenen Ideen hin. Hauptsache, das Buch wird am Ende voll.
Insofern eignet es sich auch als Geschenk für all jene, die in nächster Zeit einen solchen Törn unternehmen – verbunden mit der Bitte, nach der Reise in Wort und Bild vom Erlebten zu erzählen – oder einfach das Buch zu verleihen, das sagt mehr als tausend Worte. „Die vielen Logbücher, die es am Markt gibt, sind meist nur für Segler und Motorbootfahrer konzipiert, die jenseits der Küsten unterwegs sind“, sagt Torsten Krone, der Autor des Hausboot-Logbuchs.
Illustrationen zum Ausmalen für Kinder
Verständlich: Jeden Tag ein anderer Hafen, das ist auf Segeltörns eher ungewöhnlich. Hausboot-Crews dagegen sind das gewohnt. Hier besteht die Reise in der Regel aus einer Kette von Landgängen, unterbrochen von Schlaf- und Schau-aufs-Wasser-Pausen an Bord.
Damit das auch auf längeren Passagen nicht langweilig wird, ist das Törn-Tagebuch mit allerlei nautischen Infos aufgepeppt. Schifffahrtszeichen, Seemannsknoten und Anlegemanöver werden auf diversen Seiten vorgestellt und erläutert.
Die zahlreichen Illustrationen unter fast jeder Seite haben schmückenden Charakter, können aber auch von anwesenden Crew-Kindern bunt ausgemalt werden. Überhaupt gefällt der spielerische Ansatz in den Text-Vorschlägen, Zeichnungen und insgesamt in der Struktur.
Den ganzen Tag in ein Bild gescribbelt
Vieles hat einen humorvollen Unterton. Etwa die Rubrik „Der Tag in einer Skizze gezeichnet“: Sofort sieht man vor dem geistigen Auge irgendeine witzige Szene, wie sie eben nur an Bord eines Schiffs ablaufen kann. Es muss ja nicht schlimmstes Hafenkino oder gleich das unfreiwillige Bad in der Schleusenkammer sein.
Und wenn es doch dazu kommt: Platz zum Einkleben von kompromittierenden Fotos haben die Verfasser jedenfalls in ausreichender Menge vorgesehen. Womit wir wieder bei den Bildern wären.

Das Hausboot-Tagebuch
SD Media Services, Berlin, 2021
104 Seiten, Festeinband
ISBN: 978-3-94614-824-1
19,80 Euro
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