Ein kleiner Motor unter der Heckklappe des Konzeptboots, doch ein großer Schritt für die Bootsbranche – das ist, in Kurzfassung, was Volvo Penta, führend bei Schiffsdieseln, und Beneteau, die weltgrößte Werft für Freizeitboote, letzte Woche in Schweden präsentiert haben.
Auf der Halbinsel Krossholmen nahe Göteborg, wo Volvo Penta – ähnlich wie Mercury Marine in Lake X – seit Jahrzehnten forscht und seine Prototypen testet, hatte float die Gelegenheit, das neue Antriebssystem noch vor der öffentlichen Präsentation kennenzulernen und selbst zu fahren. Angekündigt worden war die Partnerschaft der beiden Branchengrößen auf der boot Düsseldorf im Januar 2023.

Der Ansatz ist verblüffend einfach: Die Kombination eines Elektromotors mit einem konventionellen Dieselmotor des schwedischen Herstellers als Plugin-Hybrid löst mehrere Probleme des elektrischen Bootfahrens auf einmal. Bisher hakte es nämlich technologisch, bei schnellen Booten im Familiencruiserformat flottes Tempo und ordentlich Reichweite im elektrischen Betrieb zu verbinden.
Wie laut ist leise?
Bei Wind bis zu 24 Knoten und viel Sonne starten wir in der Penta-Marina von Krossholmen mit der Jeanneau NC 37 und der ersten internationalen Testcrew überhaupt. Im Hybrid-Modus geht es langsam hinaus, es laufen nur die Elektromotoren, wo sonst standardmäßig zwei Volvo-D3-Diesel arbeiten. Zwei D4-Dieselmotoren mit je 320 PS Leistung bilden den Counterpart im Heck unseres Testboots.
Im Vergleich zu Booten, die rein elektrisch beispielsweise mit dem Deep Blue von Torqeedo fahren, ist der Erstling von Volvo Penta für mein Ohr ungewohnt laut. Die Geräuschentwicklung mit noch nicht optimal geräuschgedämpftem Boot liegt am ersten Testtag deutlich oberhalb dessen, was ich von einem Hochvolt-Antriebssystem kenne.
Störend ist der Soundpegel nicht, eine Unterhaltung in der Plicht des Prototpyen, unter der im Schapp die Motoren arbeiten, lässt sich jederzeit führen. Der nächste Schritt, erklärt mir der Penta-Produktingenieur an Bord, wird sein, die Geräuschquellen zu identifizieren und zu eliminieren, die beim reinen Elektrobetrieb auftauchen.
Automatischer Wechsel – und zurück
Bei rund 1.500 Motorumdrehungen pro Minute schalten sich die beiden Dieselmotoren ein, so wie vom Autofahren bekannt. Akustisch ist es sehr deutlich zu bemerken, sobald der konventionelle Motor mit dem sonoren, typischen Dieselsound einsetzt.
Dadurch, dass der Elektromotor wie ein schmales Handtuch als Parallelhybrid zwischen Dieselaggregat und dem eigentlichen Antrieb sitzt, kann der Stromer bei höherem Tempo einfach aussetzen, und der Diesel übernimmt. Der E-Motor läuft dann, ähnlich wie beim Freilauf beim Fahrrad, mit. Bei dieser Einstellung wird der weiterlaufende Elektromotor als Generator benutzt, der durch den Diesel angetrieben wird und so die Batterien während der Fahrt laden kann.
In der mäßig bewegten Ostsee vor Göteborg erreichen wir bei ziemlich viel Wind maximal 27 Knoten – mit den Dieselmotoren. Das ist eine sehr ordentliche Höchstgeschwindigkeit für das 37 Fuß lange Familienboot von Jeanneau, das üblicherweise mit D3-Diesel ausgestattet ist. Unter optimalen Bedingungen soll das Demoboot 35 Knoten schnell fahren. Mit Akkus, Elektromotoren und Steuerungstechnik wartet die NC 37 mit rund 600 kg mehr auf als ein übliches Exemplar.
Elektro als Booster
Reduzieren wir die Geschwindigkeit deutlich, beispielsweise wenn es wieder Richtung Hafen geht, und der Motor läuft langsamer, wird der Diesel im Hybrid-Betrieb bei rund 1.200 U/min automatisch abgeschaltet. Der Elektromotor übernimmt dann wieder.
Will man von Null auf die höchstmögliche Geschwindigkeit beschleunigen, läuft das mit Unterstützung des elektrischen Motors. Denn der E-Motor bietet quasi sofort seine ganze Kraft, während der Diesel systembedingt ein bisschen träger ist und erst einmal in die Gänge kommen muss. Wir brauchen etwa sechs Sekunden, bis das startende Boot die Nase wieder senkt und in Gleitfahrt übergeht.

Charmant ist der bruchlose Wechsel zwischen elektrischem Fahren und der Fahrt unter Diesel im Modus „Hybrid“. Ein Klick aufs sehr aufgeräumte Display reicht. Unser Testboot bietet zwei weitere Fahrmodi: „Electric“ als rein elektrische Betriebsart für geschützte Gewässer, und „Power“, wenn es darauf ankommt, mit der gemeinsamen Kraft von E- und Dieselmotor so rasch wie möglich zu einem Ziel zu kommen.
Für die Chronik: Im reinen Elektrobetrieb erreicht unsere NC 37 eine Geschwindigkeit von bis zu 10 Knoten. Die Reichweite beträgt 15 Seemeilen bei konstant 5 Knoten Tempo. Das entspricht einer Fahrzeit von rund drei Stunden, bevor die Diesel wieder in Betrieb gehen.
Nur ein Silberschein ist zu sehen

Wir öffnen den Motorenschapp und sehen, dass wir wenig sehen. Nur ein schmales, silbern schimmerndes Element zwischen dem Dieselmotor und dem Ausgang zum Z-Antrieb zeigt, dass hier der Freilauf zum Elektromotor ist. Bei Twinmotorisierung, wie bei unserem Testschiff, sind es zwei Elektromotoren mit 2 x 60 kW Dauerleistung.