Auf See wird jeder Einhandsegler früher oder später wortkarg, und das ist kein Wunder: Es ist ja niemand da zum Schnacken. Und wenn schließlich das Kielschwein tief unten im Rumpf etwas erzählt, ist sowieso jede Hilfe zu spät. Garmin hat nun ein Kommunikationsgerät vorgestellt, das verstummten Seeleuten die Sprache zurückgibt: inReach. Und zwar weltweit.
In erster Linie ist Garmin inReach ein mobiler Notruf wie an Land e-Call oder das weltweite Seenot-Funksystem GMDSS. Auch inReach hat einen kleinen roten SOS-Knopf, den man hoffentlich nie drücken muss. Doch das System basiert nicht auf terrestrischen Funkwellen, sondern geht über Satellit. Es funktioniert somit auch weit weg von jeglicher Netzabdeckung. Dass dabei auch die GPS-Daten übermittelt werden, versteht sich von selbst.
Das SOS erreicht Menschen
Der Garmin-Service bietet aber mehr als Hilferufe. Einen Notruf funken ist hier keine Einbahnstraße. Wer auf den roten SOS-Knopf drückt, erhält umgehend die Bestätigung einer Notrufzentrale. Sie fragt auch Details und die Lage ab, koordiniert im Folgenden den Rettungseinsatz, betreut die Crew und alarmiert andere Dienste. Oder sie gibt auch die Leitung weiter. Nicht zu vergessen: Bei einem Fehlalarm erfolgt natürlich auch die Stornierung.


„Als Einhandsegler ist ja die größte Gefahr, dass man allein ist und über Bord geht“, sagt Claus Aktoprak aus Hamburg. Der segelnde Filmemacher, der gerade beim float Originals Podcast über sein neues Projekt Die Nordmänner-Tour berichtete, wird selbst in Kürze mit Garmin inReach unterwegs sein.
Was die Technologie für ihn interessant macht: Bei konventionellen Notruf-Tools wisse man nicht, ob man überhaupt von jemandem bemerkt wird und Hilfe unterwegs sei. Anders ist es bei inReach, so Aktoprak: „Wenn ich in einer Gefahrensituation bin, vielleicht schon in der Rettungsinsel sitze, ist es beruhigend zu wissen, wann Hilfe naht.“
Garmin nutzt den Notrufdienst GEOS
Denn man hat es nicht mit einem sturen Bot, sondern mit lebenden Menschen zu tun: Die US-Firma GEOS Worldwide, erst im Januar 2021 von Garmin akquiriert, koordiniert 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche die Rettungseinsätze. Das läuft über das firmeneigene International Emergency Response Coordination Center, kurz IERCC.
Seit dem Start 2007 gingen dort mehr als 83.000 Notfall-Meldungen aus 198 Ländern ein. Darunter waren auch über 5.000 SOS-Notrufe von Garmin-Nutzern. Nach eigenen Angaben hat GEOS inzwischen mehr als 12.000 Menschen das Leben gerettet, auf der GEOS-Website sind zahlreiche Rettungsgeschichten nachzulesen.
InReach nutzt Iridium
Garmin InReach setzt auf Iridium auf, dem US-Kommunikationssystem aus 66 erdnahen Satelliten. Um den Service günstiger zu machen, wurde es erheblich verschlankt. Das Garmin-Produkt ermöglicht keine direkten Duplex-Gespräche, aber bis zu 160 Zeichen lange Textnachrichten. Und zwar von X zu Y – wie die klassische SMS. Je nach Tarif lassen sich beliebig viele Botschaften hin- und hersimsen, egal von wo oder wem sie geschickt wurden.

Der Satelliten-Simser selbst ist so klein, dass er keine echte Tastatur hat – nur eine virtuelle auf dem Display. Zum komfortablen Schreiben lässt sich Garmin inReach mit dem Smartphone oder einer anderen digitalen Schreibmaschine per Micro-USB oder Bluetooth koppeln. Weil eine Notfall-Nachricht nicht schön formuliert werden muss, können maximal zwei vorfabrizierte Botschaften direkt vom inReach-Endgerät auf Knopfdruck versandt werden. Eine davon darf auch der abendliche Heimat-Gruß à la „Mir geht’s gut, mein Schatz“ sein. Oder was einem sonst so einfällt.
Nützliche Extras kommen dazu. Jeder Abonnent erhält täglich einen einfachen Wetterbericht mit 48-Stunden-Vorhersage. Gegen eine zusätzliche Gebühr gibt es einen Seewetterbericht. Der beinhaltet eine Sieben-Tage-Vorhersage inklusive Windgeschwindigkeit und Böen-Warnung, Angaben zur Wellenhöhe und -richtung sowie der aktuellen Sichtverhältnisse.
Akku bleibt ein Jahr aktiv
Überdies lässt sich ein automatisiertes Tracking einschalten. Das Gerät setzt dann alle zehn Minuten – oder wann immer seine Nutzerin oder sein Nutzer es wünscht – Wegepunkte, die es auch versendet. Diese Waypoints können zum Beispiel auf einer eigenen Homepage abgebildet werden und geben damit Freunden und der weltweiten Community, aber auch Rettern Aufschluss über den bisherigen Törnverlauf. Dabei hilft der starke Akku: Wer alle zehn Minuten Positionsdaten versenden möchte, kann das 90 Stunden lang tun. Erst dann ist der Saft alle.
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