Was taucht denn da in 101 Meter Wassertiefe? Richtig, es ist der Orca, auch Killer-Wal genannt. Paddeln wir vier Stockwerke nach unten, auf 129 Meter, begegnen wir dem Seelöwen. Hier wird es schon merklich dunkler. Und immer weiter hinunter geht es bei The Deep Sea von Neal Agarwal.
Noch einmal ein paar Etagen weg vom Tageslicht, aber noch nicht in der Tiefsee, taucht in 178 Meter Tiefe die Atlantik-Makrele auf. Der Eisbär (22 Meter) wird sie also nicht kriegen – sofern die Makrele nicht etwas aufsteigt, um den Wolfsbarsch (5,50 Meter) zu besuchen.
Dieses zwar unnütze, aber äußerst hübsch dargebotene Wissen vermittelt das Webprojekt The Deep Sea des Entwicklers Neal Agarwal aus den USA. Sie ist eigentlich nur ein sehr langes Bild, durch dass man sich auf PC, Smartphone oder Tablet von oben nach unten und wieder zurück scrollen kann.

Auf Titanic-Tiefe (3.800 Meter), auf Abyss-Tiefe (ab etwa 4.000 Meter, hier nähert sich die Wassertemperatur dem Gefrierpunkt) oder auf die Tiefe der USS Johnston (6.372 Meter), dem tiefsten bisher aufgefundenen Schiffswrack.
Dazwischen tummeln sich – eher weiter oben – Säugetiere, diverse Fischarten und mit schwindendem Licht und wachsendem Druck zunehmend Kleinstlebewesen. Es ist natürlich anzunehmen, dass die Tiere sich nicht sklavisch an die Tiefenangaben halten, aber darum geht es auch gar nicht.
Mächtiger Spielwert beim Abtauchen
Worum geht es dann? Mit pädagogischer Attitüde ließe sich jetzt ein tieferer Sinn konstruieren, etwa das Bewusstsein zu schulen für die Dinge und Lebewesen, die weit weg von unserer Wahrnehmung kreuchen und fleuchen. Das kann sicher nicht schaden.
Aber davon abgesehen hat die kleine Website einen mächtigen Spielwert, wie Tests innerhalb der float-Redaktion zeigten. Der Reiz, hübsche Tier-Motive anzuschauen und Meter für Meter Richtung Grund zu paddeln, um zu schauen, was da noch sein könnte, ist unwiderstehlich.
Es macht einfach Spaß, zwischen zwei Rudermanövern, bei der Ankerwache oder an der Bushaltestelle mal kurz einen Ausflug in die Tiefsee zu unternehmen. So erfrischend wie ein kurzer Ausflug auf float! Einen Hauptspaß verspricht der Tauchausflug per Touch-Display. Durch das „Abtauchen“ per Finger-Wisch entsteht tatsächlich so etwas wie ein Gefühl für die Tiefe!
Nur eine Handvoll Menschen waren dort
Die kleine Reise endet dort, wo bisher nur eine Handvoll Menschen hinkamen: die Challengertiefe auf fast elf Kilometer unter dem Meeresspiegel. Damit vollzieht Agarwal die Reise der „Trieste“ nach. Im Forschungs-U-Boot des Schweizer Erfinders Auguste Picard tauchten 1960 dessen Sohn Jacques und der Amerikaner Don Walsh in den Marianengraben im Pazifik westlich von Amerika.
Dort, in der Challengertiefe auf 10.916 Metern, existiert ein Druck von über eintausend Atmosphären (bar). Die menschliche Lunge hält ohne Hilfsmittel maximal 100 Metern Wassertiefe stand.

Das U-Boot verwendete ein Rückatmungssystem, das später in Raumschiffen eingesetzt wurde. Im Druckkörper war kaum genug Platz für die beiden Forscher. Bei dem immensen Druck in der Tiefsee hätte jeder Fehler den sicheren Tod bedeutet.
Leben draußen vor dem U-Boot auf 10 km Tiefe
Während des Abstiegs zerbrach eine der Fensterscheiben und erschütterte das gesamte Schiff. Trotzdem machten sie weiter. Selbst in diesen unvorstellbaren Tiefen konnten Jacques und Don noch Leben draußen vor dem U-Boot entdecken.

6000 Meter: Die Hadalzone: Es waren mehr Menschen auf dem Mond als in der Hadalzone. Der größte Teil dieser Zone befindet sich in den Tiefseegräben. Sie entstehen durch einen Prozess, der Subduktion genannt wird. Die riesigen Platten der Erdkruste, auf denen auch die Kontinente ruhen, treffen hier aufeinander. Eine Platte taucht ab, die andere wird darübergeschoben.
Der Rekord blieb 59 Jahre bestehen
Erst 59 Jahre später wurde der Rekord der Trieste unterboten, als das U-Boot „Limiting Factor“ im Marianengraben auf 10.925 Meter abtauchte. Wie tief liegt aber nun der absolut tiefste Punkt? Der endgültige Keller befindet sich – vermutlich – noch einmal rund hundert Meter tiefer, ebenfalls im Marianengraben.
Es ist die sogenannte Witjastiefe, benannt nach dem russisch-sowjetischen Forschungsschiff „Witjas“, das 1957 ausgedehnte Messungen durchführte. Doch da sich diese Werte später nicht bestätigen ließen, werden sie heute wieder in Zweifel gezogen.
Mit wissenschaftlichen Streitfragen beschäftigt sich Neals kleiner Tauchausflug natürlich nicht. Ihm geht es um anregende Unterhaltung. Der junge Entwickler studiert in Princeton Informatik und hegt eine Leidenschaft für „kreatives Coden“, wie er auf seiner Website bekennt. Zwischen Uni-Projekten entwickelt er interaktive Webseiten.
Auch die Zeit und das Weltall hat Neal visualisiert
Schön ist auch seine packende Visualisierung der Größenverhältnisse im Weltall oder eine sehr anschauliche Darstellung von Zeit. Dabei zeigt Neal unter anderem, wie viele Herzschläge ein Blauwal in einer Minute hat – es sind etwa acht. Und zwar unabhängig von der Wassertiefe.