Es ist eines der großen Themen unserer Zeit – eins, an dem auch Wassersportler nicht vorbeikommen. Wieviel Plastikmüll produzieren wir eigentlich? Auch wenn wir auf dem Wasser unterwegs sind – auf dem Meer, Seen oder Flüssen? Womit waschen wir unsere Wäsche, wie viele Cremes und Waschgels mit Mikroplastik darin verwenden wir? In welcher Verpackung bunkern wir Wasser an Bord? Bereiten wir unseren Kaffee aus Alukapseln zu? Wie beseitigen wir den Müll, der beim Törn entsteht? Und wohin geht der Abfall? Wir sind diesen Fragen nachgegangen.
Lange sind wir davon ausgegangen, dass wir nur ordentlich unseren Müll trennen müssen, dann ist alles gut. Akribisch lösen wir jede Pappummantelung von Plastikbechern, in unseren Küchen stehen vier verschiedene Mülleimer: für Wertstoff, Papier, Biomüll und Restmüll. Wir geben uns viel Mühe, um unser Gewissen zu beruhigen. Doch es lässt sich nicht mehr ignorieren: Der allergrößte Teil des Plastikmülls, den wir fein säuberlich auseinanderpfriemeln, landet in Öfen, in der Erde und im Meer.

Ein Zahlenspiel
Die Massenproduktion synthetischer Materialien, kurz Kunststoff genannt, begann in den 1950er-Jahren. Seitdem sind weltweit 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff hergestellt worden, drei Viertel davon sind heute Müll. Nur 9% des gesamten weggeworfenen Kunststoffs wurden recycelt.
Die Recyclingquote von Plastikverpackungen weltweit liegt bei nur 14 Prozent. Weitere 40 Prozent enden auf Mülldeponien und 14 Prozent in Verbrennungsanlagen. Die restlichen 32 Prozent landen in der Umwelt, also auch in den Ozeanen und Flüssen oder sie werden unkontrolliert verbrannt. In die Uferzonen der Schlei gelangten großflächig kleine Plastikstückchen aus Kläranlagen und verschandelten die Uferzonen.
In Deutschland sind die offiziellen Recyclingquoten mit 45 Prozent im Jahr 2016 relativ hoch. Gemessen wird dabei aber die Anlieferung bei einem Recyclingunternehmen, nicht der wirklich recycelte Müll. Tatsächlich werden nur etwa 15,6 Prozent der Gesamtmenge zu Rezyclat verarbeitet, davon sind nur 7,8 Prozent mit Neukunststoff vergleichbar.

Der Grund dafür ist: Hersteller nutzen für ihre Produkte lieber neu produzierten Kunststoff als das minderwertige Rezyclat, weil der Neukunststoff billiger ist als das teure Sortieren und Aufarbeiten von Gebrauchtkunststoff. Die Folge: Ein Großteil unseres Plastikmülls wird nach Übersee, vor allem Asien, verschifft. China, bisher der führende Abfallimporteur, hat im letzten Jahr die Müllabnahme-Abkommen aufgekündigt. Europa musste schnellstens andere Abnahmeländer finden: Jetzt vermüllt Malaysia, denn die Einfuhren haben sich seitdem verdreifacht. Mit dabei sind große Mengen Verpackungsabfall aus Deutschland.

Die Entsorgungswege
Mehr als die Hälfte der Plastikprodukte, die im Müll landen, wird in Deutschland verbrannt. Bei der Müllverbrennung werden Schadstoffe freigesetzt, die die Umwelt kaum abbaut und aufwändig gefiltert werden müssen. Im thüringischen Bleicherode werden die Rückstände aus den Filtern der deutschen Müllverbrennung in einem ehemaligen Kalibergwerk gelagert – 350.000 Tonnen giftige Substanzen aus der Verbrennung des Plastikmülls. Unter Bleicherode lagert also unser gutes Gewissen.
5 Kommentare
Ich plane gerade eine neue Frischwasserdruckanlage. Auf der Abgangsseite wird ein Sterilfilter zum Einsatz kommen, beim Zugang wird ebenfalls ein Filter vorgeschaltet, so daß dann weitestgehend sauberes Wasser an Bord sein wird. Ohne Biofilm.
Danke für den ausführlichen und alarmierenden Bericht !
Wir arbeiten am BOUM Boat Upcycle Projekt, dem erste Réise-Katamaran aus „Öko- Materialien und Öko-Technologies“. Wenn interessiert schicken wir gerne ausführliche Infos auf Deutsch.
Schönes Wochenende
Jörg Weber
Ich empfehle in diesem Zusammenhang die Dokumentation „A Plastic Ocean“ auf YouTube – sehr sehenwert!
Wieso soll Glas nicht gehen? Ich segle gerade (allein oder zu zweit) seit 2 Monaten durch Kroatien und habe 2×5 Liter-Glasflaschen dabei sowie einen 20 Liter Kanister. Beides wird bei Gelegenheit mal aufgefüllt. Die 3×5 Liter PET Gebinde (Reserve) sind bisher unangetastet geblieben…
Allerdings ist es erschreckend wieviel Müll am Strand und herum liegt bzw im (Mittel-) Meer schwimmt. Mentalitätsproblem? Aufruf zu Sammelaktionen inkl. Belohnungseffekt (zB durch Vercharterer) würden Sinn machen.
LG Hansjörg
Auf lokaler Ebene und im Binnenland gibt es solche Aktionen schon: Die Müllregatta in der Rummelsburger Spree beispielsweise, wo einmal pro Monat alle gratis paddeln dürfen, die mit Müllsack die Uferregion reinigen: https://floatmagazin.de/orte/die-muell-regatta/