Aufatmen allerorts: Angesichts hoher Energiepreise will die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP Bürgerinnen und Bürger mit Pauschalen und Einmalzahlungen entlasten. Allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen werde einmalig eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt.
Im Vorfeld hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner einen Tankrabatt ins Gespräch gebracht, war damit in der Koalition aber auf Widerstand gestoßen. Seinen Worten nach soll für Benzin der Preis um 30 Cent pro Liter reduziert werden und Diesel um 14 Cent pro Liter. Diese Maßnahme sei auf drei Monate befristet.
Es war ein Schock für die Bootsbranche: Die Preise für Diesel und Benzin sind innerhalb der vergangenen Wochen heftig in die Höhe geschossen. Laut ADAC war der Spritpreissprung, verursacht durch den russischen Überfall auf die Ukraine und das daraus resultierende Embargo für russisches Erdöl, der gewaltigste aller Zeiten.
Zwischenzeitlich erreichten die Spritpreise an deutschen Tankstellen ein Allzeithoch von 2,32 Euro für einen Liter Diesel und 2,20 Euro für einen Liter Super-Benzin der Sorte E10. Auf dem Wasser ist es noch schlimmer: Aktuell betragen die Preise zum Beispiel in Berlin an der Havel für Diesel 2,39 Euro, für Marinediesel sogar 2,66 Euro. Der Liter Super bleifrei kostet 2,34 Euro.
„Seglern empfehlen wir zu segeln“
Was ist Wassersportlern angesichts dieser erheblichen (historischen) Preissteigerung zu raten? Karsten Stahlhut vom Wirtschaftsverband Wassersport: „Seglern empfehlen wir zu segeln. Kürzere Etappen und eine bessere Törnplanung können viel bewirken. Motorboot- und Hausbootfahrern empfehlen wir, moderat zu fahren. Das sorgt nicht nur für mehr Sicherheit auf dem Wasser, sondern auch für einen starken Einspareffekt, weniger Emission und weniger Wellenschlag im Binnenbereich.“

Wie bereitet sich die Charterbranche auf die zu erwartenden Mehrkosten vor? Ist mit Spritzuschlägen für Charterkunden in diesem Sommer zu rechnen? „Aktuell können wir keine Nachfragerückgänge verzeichnen“, sagt Stahlhut. Der Verband gehe sogar eher davon aus, dass es erneut zu einer steigenden Binnennachfrage kommen wird, weil Autoanreisen nach Kroatien oder Fluganreisen auf die Kanaren ebenfalls deutlich teurer werden.
Stahlhut: „Da die Charterkunden in der Regel die Boote vollgetankt zurückgeben, liegt die Preissteigerung in erster Linie direkt beim Kunden. Einen Spritzuschlag seitens des Vercharterers wird es daher nicht geben.“
Bundesfinanzminister Christian Lindner brachte einen Rabatt für Tankkunden ins Spiel. Was hält der BVWW von solchen Engagements. Sollte ein Rabatt oder andere eventuelle Entlastungen auch für Wassersportler gelten? „Der BVWW wird sich angesichts der Lage nicht für einen generellen Tankrabatt für den Wassersport einsetzen, da wir der Überzeugung sind, dass es nicht unseren Werten der Solidarität entsprechen würde.“
Verhältnismäßigkeit geht vor: Bootfahren ist Freizeit
Aktuell und absehbar gebe es wichtigere Aufgaben, als den Spritpreis für ein Hobby zu subventionieren. Stahlhut: „Finanzielle Vorteile sollten in erster Linie denen zu Gute kommen, die, aus welchen Gründen auch immer, in der aktuellen Situation dringendst darauf angewiesen sind.“
Auch der Deutsche Motor-Yacht-Verband mahnt die Wassersportszene zu Besonnenheit: Zwar gehen „die stark ansteigenden Spritpreise der vergangenen Tage auch an den Motorbootfahrerinnen und -fahrern nicht spurlos vorüber“.
Dennoch müsste die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben: „Wenn in der Ukraine ein furchtbarer Krieg tobt, in dem Menschen sterben und ihr Zuhause verlieren, während hierzulande viele Menschen von Existenzängsten geplagt sind, gilt es, die eigenen Interessen hintenanzustellen.“ Motorbootfahren sei – „so sehr wir es auch lieben“ – eine Freizeitbeschäftigung.

Zum Solidaritätsgedanken des DMYV gehöre es daher, dass finanzielle Entlastungen in erster Linie den Grundbedürfnissen der Bürger wie Heizen, Stromversorgung und berufsbedingte Mobilität zugutekommen müssen. Der Deutsche Motoryachtverband ruft daher die Skipper dazu auf, als Zeichen der Solidarität in diesen schwierigen Zeiten auch auf den einen oder anderen gefahrenen Kilometer oder auf Geschwindigkeit zu verzichten, wenn die Kraftstoffpreise so stark steigen.

Als Dachverband engagiert sich der DMYV schon länger für alternative Antriebe und alternative Kraftstoffe, um zukünftig einen ökologisch vertretbaren und bezahlbaren Motorbootsport zu ermöglichen. Diese Bestrebungen werden wir, ungeachtet kurzfristiger politischer Ereignisse, auch weiterhin verfolgen und unterstützen.
„Die Benzinpreissenkung ist ein Fehler“
Bei Ökonomen stößt das Paket der Bundesregierung zur Entlastung der Verbraucher bei den Energiekosten auf ein geteiltes Echo, wie das erste Medienecho zeigt. „Das Pakt bedeutet eine Entlastung mit der Gießkanne und ist deshalb fiskalisch teuer und wenig zielgenau“, wird Ifo-Präsident Clemens Fuest zitiert, mit dem die Nachrichtenagentur Reuters sprach.
„Die Benzinpreissenkung ist ein Fehler.“ sagt er. Positiv sei, dass sie eng befristet wurde. „Besser wäre es gewesen, kleine und mittelständische Unternehmen mit hohen Benzinkosten gezielt zu entlasten“, sagte Fuest.
Jens Südekum, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums, sieht die Steuersenkung ebenfalls kritisch. „Die zeitweilige Senkung der Energiesteuern senkt auch den Benzinpreis und kommt damit allen, auch Hochverdienern mit großen SUV-Fahrzeugen, zugute.“ Wie stark der Bundeshaushalt durch den Dreimonatsrabatt vorm Saisonstart belastet wird, ist noch unklar.

Selbsthilfe hat Priorität: Wer keinen Mast hat und auch nicht ad hoc auf Elektroantrieb umstellen kann, sollte das Sprit-Problem erst einmal mit Bordmitteln bekämpfen. Das heißt nicht nur sparsamer fahren – es gibt viele Möglichkeiten, den Energieverbrauch auf dem Wasser zu kappen. Was können wir selbst tun?
Tipps zum Spritsparen auf dem Wasser
Skipper und Steuerfrauen sind der Teuerung auf dem Kraftstoffmarkt nicht schutzlos ausgeliefert. Durch Sparsamkeit lassen sich die Kosten bewusst reduzieren. Dabei geht es nicht nur um halbe Fahrt, sondern einen ganzheitlichen Ansatz. Nachstehend einige Tipps, wie man schon vor dem Törn den Spritdurst des Motors zügeln kann.
Vor dem Ablegen
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- Kümmern Sie sich baldmöglichst um die Einstellung Ihres Motors. Lassen Sie ihn überholen, wechseln Sie die Filter und Zündkerzen, überprüfen Sie die Förderzeiten der Spritpumpe, erneuern Sie das Motoröl bzw. wechseln Sie zu einem Leichtlauföl. Dann wird er effizienter laufen.