Die Entscheidung, unsere Moody 425 im betagten Alter von 35 Jahren auf moderne Lithium-Batterien umzurüsten, fiel vor wenigen Wochen sehr spontan. Irgendwo zwischen Menorca und Cartagena auf dem spanischen Festland muss es gewesen sein. Vor zwei Jahren dagegen reifte der Entschluss für AGM-Marine-Batterien (und damals gegen Lithium) recht lange. Wie kam es jetzt also zu dem Sinneswandel?
Ich lebe seit vier Jahren auf der Dilly-Dally, doch es macht einen gewaltigen Unterschied, wie man sein Boot nutzt. Auch in den vergangenen Jahren bin ich jeweils mehrere tausend Seemeilen im Jahr gesegelt – aber immer entlang der türkischen Küste. Ich rühmte mich, dass das Boot nahezu autark sei.
Paneele mit 840 Watt saugen das Sonnenlicht auf und liefern Energie. Auch für den Watermaker, der aus Salz- schmackhaftes Trinkwasser macht. Nie hatten wir Versorgungsprobleme. Aber meist stand auch die Sonne hoch am wolkenlosen Himmel. Die tristen, kurzen Wintertage verbrachte ich oft in der Marina.
Auch wenn ich nur selten den Landstrom nutzte, war der Energiebedarf relativ niedrig. Im Winter machte ich keine Nachtfahrten unter Segeln, also ohne Stromversorgung aus der Lichtmaschine, dafür mit hohem Energiebedarf für Autopilot, Navigationsinstrumente und Beleuchtung. Das ist jetzt anders.

Seit wir – meine Freundin Arzum, Bordhund Cingene und ich – im Sommer in der Türkei aufgebrochen sind, um erst das Mittelmeer von Ost nach West und dann – „Inshallah“, wie der Türke sagt – Ende des Jahres den Atlantik zu queren, sind die Anforderungen an uns, aber auch das Boot gewachsen.
In den ersten vier Monaten unserer Reise, die uns bislang über 2.200 Seemeilen an das spanische Festland geführt hat, durch Stürme, Unwetter und Gewitter, testeten wir das Boot auf Herz und Nieren. Eine Serie an Problemen und Reparaturen ließ uns an so mancher technischer Lösung an Bord zweifeln. Und zwischenzeitlich auch an der ganzen Reise.
Vertrauen geht vor!
Neben der Pechsträhne gab es aber auch viele wunderschöne Momente und Phasen, so dass wir uns einig waren, dass es weitergehen wird. Aber nur unter der Prämisse, dass wir dem Boot vertrauen können. Will heißen: Wir müssen investieren! Gerade bei den Nachtfahrten stellten wir fest, was alles verbesserungswürdig ist. Eben auch die Batterieleistung.
Zwar hatten wir der Dilly-Dally erst kürzlich, sprich vor knapp zwei Jahren, eine neue Service-Batterie-Bank mit 600 Ampere aus AGM-Marine-Batterien türkischer Produktion spendiert, die eigentlich optimal mit der Solaranlage harmonierte. Aber weil die verlegte und verhunzte Bordelektrik einen riesengroßen Fehler aufwies, haben die Batterien stark gelitten.

Das Problem: Wenn wir den Motor starteten, zog der Energie aus der Servicebank. Und die Deep-Cycle-Batterien mögen das gar nicht. Woher der Strom für den Motorstart kam, bemerkte ich erst, als ich ein Batterie-Monitoring-System einbaute. Da hatten die neuen Batterien aber schon Schaden genommen. Hinzu kamen alte Leitungen mit korrodierten Anschlüssen, weshalb unser Motor immer seltener Ansprang.
Gerade bei Nachtfahrten, wenn der Wind einschläft, oder in Ankerbuchten, wenn plötzlich starker Wind aufkommt, ist es ein mulmiges Gefühl, wenn kein Verlass auf den Motor ist. Für uns stand daher fest: Der Fehler in der Elektrik muss behoben werden.
Guter Rat ist teuer
Ich selbst habe wenig Ahnung von Elektrik, dafür umso größeren Respekt. Doch selbst Elektriker auf Sardinien und Menorca konnten unser Problem mit der Elektrik nicht ergründen und schon gar nicht beheben. Erst in Cartagena fanden wir die Werft Ascar, die sich unserer Probleme fachkundig annahm.
Insgesamt investierten wir 7.500 Euro – für einen neuen Warmwasserboiler (der alte war durchgerostet und leckte), die Reparatur unseres Autopiloten (der zunächst immer öfter ausfiel, um dann ganz seinen Dienst zu quittieren), die Lösung unseres Elektrik-Problems (ein zweiter, unabhängiger Stromkreis wurde gelegt) und eben die Umrüstung auf Lithium-Batterien.

Vor zwei Jahren entschied ich mich noch bewusst gegen Lithium. Aus hauptsächlich zwei Gründen: Zum einen war das der hohe Anschaffungspreis. Auch wenn Lithium-Batterien in den vergangenen Jahren günstiger geworden sind, kosten sie deutlich mehr als Blei-Akkus und auch als AGM-Batterien.
Der Anschaffungspreis relativiert sich allerdings, bedenkt man die deutlich längere Lebenszeit der Lithium-Batterien im Vergleich zu herkömmlichen. Zum anderen fragte ich erprobte Blauwassersegler um Rat.
Auch wenn die Meinungen voneinander abwichen, leuchtete mir ein oft genannter Tipp ein: „Die einfachen Blei-Batterien bekommst du an jedem Ort der Welt.“ Bei Lithium sehe das anders aus. Ein Problem mit Lithium könnte auf einer abgelegenen Insel also verheerend sein. Und einfach eine Lithium-Batterie gegen einen anderen Batterietyp austauschen, geht natürlich nicht. Und damit sind wir auch beim dritten Punkt, der gegen Lithium spricht. Die Verwendung zweier unterschiedlicher Batterietypen für Service und Batterie erfordert einige Vorbereitung.
Es wird kompliziert
Da Lithium keine Stromspitzen mag, sollte die Starterbatterie eine herkömmliche Blei-Batterie sein. Wer allerdings beide Batteriebänke über die Lichtmaschine, Landstrom oder Solar laden möchte, muss beim Einbau einiges beachten. Nämlich die entsprechenden Regler und Ladegeräte und die entsprechend dimensionierten Kabel. Und das kostet erneut. Nerven, vor allem aber Geld. Aber dazu später mehr. Zunächst einmal zu meinem Sinneswandel.

Hätte nicht ohnehin ein Batteriewechsel angestanden, ich wäre wohl bei meinen bisherigen Akkus geblieben. Alleine wegen der Kosten. In den vergangenen zwei Jahren haben wir allerdings viele Segler kennengelernt, die bereits auf Lithium umgestellt haben. Und nicht einer war dabei, der diesen Schritt bereut hat. Die Vorteile von Lithium gegenüber anderen Batterien sind enorm. Der in meinen Augen wichtigste ist, dass die Batterien nicht regelmäßig voll geladen werden müssen. Das heißt, wer seine Batterien hauptsächlich über Solar speist, wird sehr schnell den Luxus von Lithiumbatterien zu schätzen wissen. Auch wiegen sie weniger als die Hälfte normaler Batterien, was allerdings bei dem Gewicht unserer alten Lady kein besonders starkes Argument war.
Dadurch, dass Lithium-Batterien aber fast vollständig entladen werden können, ohne Schaden zu nehmen, und dabei hervorragend Strom liefern, kann man die Dimensionierung der Servicebatteriebank durchaus halbieren, da andere Akkus nicht mehr als 50 Prozent entladen werden sollten. Kurz gesagt: Höhere Kapazität trifft auf kürzere Ladezeit. Das heißt, die Batterien werden bereits bei kürzeren Motorfahrten oder weniger Sonnenschein schnell geladen. Und hinzu kommt die bereits erwähnte längere Lebensdauer der Batterien.
In konkreten Zahlen
Für den 12-Volt-Bordbetrieb eignen sich besonders Lithium-Eisenphosphat-Akkus (LiFePo, kurz LiFe). Die Zellenspannung beträgt 3,2 Volt, vier Zellen bilden also eine Batterie mit 12,8 Volt Nennspannung. Die meisten Lithium-Batterien werden bereits mit einem eingebauten Batterie-Management-System, kurz BMS, geliefert. Wer aber glaubt, dass damit die Installation kinderleicht ist, alte raus, neue rein, der irrt.
Vor- und gleichzeitig aber auch Nachteil bei Lithium ist die Gier der Batterien. Sie nehmen Strom auf, so viel sie nur können, und geben ihn auch wieder mit voller Wucht ab. Und das birgt Risiken. Gerade bei verschiedenen Batteriebänken an Bord.

Bislang hatte unsere Service-Batteriebank 600 Amperestunden (Ah). Ausreichend für unseren Bedarf, wenn denn die Batterien die volle Leistung haben. Bei Lithium haben wir auf 300 Ah reduziert. Optimal wären wohl 400 Ah gewesen, allerdings reichte der vorhandene Platz nicht aus. Aufgrund von Lieferengpässen und langen Wartezeiten haben wir uns für Batterien von ReLion entschieden, einem renommierten US-Hersteller.
Der Vorteil: Sie waren in Cartagena vorrätig. Wir hatten die Wahl zwischen einer 300-Ah-Batterie oder drei 100-Ah-Batterien für jeweils rund 1.100 Euro. Auch wenn der große Block etwas günstiger gewesen wäre, entschieden wir uns für die teurere Alternative. Warum? Eine mögliche Schwachstelle ist das BMS. Sollte dies bei der großen Batterie versagen, wären wir komplett ohne Stromversorgung (abgesehen von der Starterbatterie). Bei unserer Lösung hätten wir immerhin noch 200 Ah.
Die Peripherie meldet Ansprüche
Wer auf Lithium umrüstet, sollte bedenken, dass es nicht bei der Anschaffung der neuen Batterien bleibt. Damit die Lichtmaschine wegen der gierigen Lithium-Batterien nicht überhitzt, bedarf es im Regelfall eines Regulators, der noch einmal mit einigen hundert Euro zu Buche schlägt. Hinzu kommt ein DC-zu-DC-Charger, also ein Wandler von Gleichstrom zu Gleichstrom, der das gleichzeitige Laden der Lithium-Batterien und der herkömmlichen Starterbatterie ermöglicht.

Ob der Einbau der Lithium-Batterien sind wirklich lohnt, wird erst der Langzeittest zeigen. Aber bislang sind wir sehr zufrieden. Die Ladezeit der Batterien hat sich deutlich reduziert. Und das ist gerade im Herbst, wenn die Sonnenscheindauer immer kürzer wird, ein wesentlicher Vorteil auf Langfahrt.
Mittlerweile sind wir in Almerimar angekommen. Nur noch 130 Seemeilen trennen uns vom Atlantik. Die Liste der notwendigen Arbeiten und Anschaffungen wird immer kürzer, auch wenn immer noch etwas dazukommt. Auch wenn unser Autopilot nach der Reparatur die 110 Seemeilen von Cartagena nach Almerimar einwandfrei gelaufen ist, wollen wir auf ein neues Modell umrüsten. Täglich warten wir auf die Lieferung. Und dann kann es endlich weitergehen.