Wer einen Yachthafen ansteuert, sieht sie an jedem Heck: Bootsnamen. Selbst winzigste Nussschalen, die nicht einmal einen Flaggenstock am Heck tragen, sind mit einem Namen versehen; von peinlichen über sehr peinliche bis hin zu einigermaßen erträglichen.
Es gibt die üblichen Sturmvögel, Seuten Deerns und Neptuns, aber auch verhalten originelle wie etwa Unsinkable II, Scheidungsgrund oder Hartz IV (gern ab 50 Fuß).
Schwer vorstellbar, wie hier auf Kanal 16 ein Notfall kommuniziert würde… Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Fest steht: Jeder Name, mag er noch so harmlos sein, sagt etwas aus über Schiff und Eigner. Nomen est Omen – die lateinische Weisheit „der Name ist ein Zeichen“ gilt offenbar auch auf dem Wasser.

Bootsnamen gab es schon immer
Und zwar schon eine ganze Weile: Seit Jahrtausenden haben die Menschen das Bedürfnis, ihr Gefährt, das sie zuverlässig über die Tiefe trägt, zu benennen. Jasons Argo, das verdammt schnelle Schiff aus der griechischen Sagenwelt, war eines der ersten dokumentierten.
Allerdings erscheint seine Taufe im Nachhinein nur logisch, denn dank Athenes göttlicher Hilfe konnte die Argo sprechen. Da war es mindestens höflich, sie nicht nur mit „Ey, Schiff“ anzuquatschen.

Im Schiffbau blüht der Aberglaube
Die Argo wurde – nicht besonders kreativ – nach ihrem Erbauer Argos benannt. Das war immer noch besser als gar kein Name und offenbar ein gutes Omen, denn sie kehrte glücklich von ihrer sagenumwobenen Reise zurück. Es gibt nämlich auch falsche Bootsnamen…
In einem so traditionsreichen Gewerbe wie dem Schiffbau blüht der Aberglaube, und der wird häufig durch wahre Geschichten bekräftigt. Der falsche Name kann Unglück bringen, so wie viele andere Dinge an Bord. Doch wer unbedacht ein Boot mit falschem oder unpassendem Namen kauft, steckt erst recht in der Falle: Auch das Umbenennen bringt Unglück.
Wer glaubt, solches Seemannsgarn sei heute Schnee von gestern: Yachtforen und Soziale Medien sind voll von dramatischen Stories und – mehr oder weniger ernsthafen – Diskussionen über den passenden Namen.

Tradition fordert weibliche Namen
Wie etwa die folgende: „Ein Freund von mir hatte einen Trawler mit dem Namen Carla“, erzählt Oliver Illg, deutschstämmiger Brasilianer und langjähriger Segler. Das Schiff hatte eine lange Vorgeschichte mit vielen glückhaften Passagen. Soweit, so gut. Denn die Tradition verlangt nach einem weiblichen Namen. Warum, darüber sind die Meinungen natürlich auch höchst geteilt…
Doch der Freund mochte den Namen nicht. „Er entschied, sie umzubenennen in Diogo Cão – der Name einer Romanfigur des portugiesischen Autoren Fernando Pessoa.“ Cão heißt Hund, könne aber – so Illg – auch „böse“ oder „teuflisch“ bedeuten. Warnlampe!