Manche Seeleute glauben an Schutzengel. Wer Iridium nutzt, hat gleich 66 davon – ohne Flügel, denn es sind Satelliten, die das weltweite Kommunikationssystem Iridium bilden. Die künstlichen Himmelskörper umkreisen permanent die Erde und garantieren weltweite Kommunikation, ob im Gebirge, in der Wüste oder am Point Nemo in der endlosen Wasserwüste. Für Seefahrer heißt das: weltweite Erreichbarkeit zu allen Tages- und Nachtzeiten. Also auch: eine weltweite Notruf-Funktion.
Dafür nutzen die Systeme Satelliten, die entweder im geostationären Erd-Orbit (GEO) und im „niedrigen“ Erd-Orbit, auch LEO (wie Low Earth Orbit) zwischen Himmel und Erde schweben. Iridium ist ein LEO-System, hat also eine große Anzahl von Satelliten in niedriger Höhe.
Anders als Garmin Inreach, das über das Satellitennetz lediglich Kommunikation per Kurznachricht erlaubt, funktioniert die Vollversion Iridium wie ein Telefon. Unter den internationalen Vorwahlen +8816 und +8817 erreicht man die Iridium-Teilnehmer. Fast überall: Es gibt einige wenige, politisch motivierte Embargoregionen wie Kuba, wo die Nutzung nicht gestattet ist.
Iridium Go! ist nicht Iridium
Um ungestörte Netzabdeckung mit mehreren Satelliten zu haben, darf der Horizont höchstens acht Grad abgedeckt sein – auf dem Meer völlig problemlos. Wie terrestrische GSM-Dienstleister bietet auch Iridium zwei Nutzungsmöglichkeiten an: mit Monatsvertrag und limitiertem Guthaben oder mit Prepaid-Karte. Wer zusätzlich Daten (für Mails, Tracking, Wetterberichte und -karten) empfangen will, braucht ein aktuelles Iridium-Satellitentelefon plus Optimizer. Oder das Iridium Go! in Verbindung mit dem eigenen Smartphone.

Die reinen Gesprächskosten beginnen bei etwa einem Euro pro Minute, je nach Vertrag. Damit haben sich die Preise in den letzten Jahren signifikant verringert. Das führt zum Effekt, dass man ein Satellitentelefon in Übersee heute oft viel günstiger nutzen kann als ein deutsches Handy im Auslands-Roaming. Denn damit kommt man auf abgelegenen Inseln jenseits der EU leicht bei fünf bis acht Euro pro Minute.
Wer also Iridium für die Notfallkommunikation anschafft, profitiert von diesem Nebeneffekt. Der Grund: 600 Gesprächsminuten muss man bei Iridium jedes Jahr zwingend kaufen, um das Telefon nutzen zu können. „Unter Umständen spare ich die Hälfte bis drei Viertel der Kosten, weil ich nicht über Roaming auf meinem normalen Handy telefoniere“, sagt René Därr.
Der Geschäftsführer eines Portals für Expeditionstechnik zählt seit Jahren eine wachsende Zahl von Seglern zu seinen Kunden. Er kennt die Fallstricke: Die Freiminuten würden verfallen, wenn man die Laufzeit nicht verlängert. Das nicht genutzte Freiguthaben nimmt man in die neue Laufzeit mit. Wer also lange auf See ist, verliert die Freiminuten nicht, sondern kann sie anschließend im Hafen verbrauchen.
Prepaid-Lösung günstiger
Wer nicht vorhat, Wetterinformationen zu laden, wird das Satelliten-Telefon wahrscheinlich gar nicht zum Telefonieren nutzen. „Dann habe es nur für den Notfall dabei.“ Därr empfiehlt bei Nutzung als reine Notfalllösung, einen Vertrag abzuschließen (auch Postpaid genannt).
Bei Nutzung für mehr als rund 150 Minuten pro Jahr ist die Prepaid-Lösung besser. Prepaid ist dann meist günstiger als ein Vertrag: Denn die monatlichen Grundgebühren plus zusätzliche Verbindungsgebühren kosten übers Jahr teilweise sogar mehr als reine Laufzeit mit Freiguthaben.

Wer die Prepaid-Lösung anstrebt, mag sich fragen: Wie viel Minuten Nutzungszeit sind auf dem Törn überhaupt erforderlich? Geht man zum Beispiel von einer Atlantiküberquerung in drei Wochen aus, braucht man fünf bis zehn Minuten Verbindungszeit für die tägliche Wetterkarte. Das sind rund 200 Minuten allein für die Datenverbindung plus einem Puffer für Notfälle.
Hinzu kommt eventuell der tägliche Anruf zu Hause oder eine abendliche Status-Meldung. Wer die Wetterinformationen nicht benötigt, wird aber gar nicht telefonieren und nutzt das Iridium-Handy nur für den Notfall. Was also tun, wenn man auf Nummer sicher gehen will?