Got Bag. Der Name sagt etwas verschlüsselt, worum es geht. „Got back“, vom Meer zurückgenommen, das ist der Anspruch der Hersteller dieses Rucksacks. Nicht, dass das Meer etwas genommen hätte. Wir, die Menschen, haben es dem Meer aufgedrückt. Die Rede ist von Plastikmüll in den Ozeanen, das zu einem wesentlichen Umweltproblem geworden ist. Warum also – so dachte man bei Got Bag – nicht Produkte herstellen, wo Meeresplastik wiederverwendet wird?
Mikroplastik gibt es laut wissenschaftlichen Studien inzwischen überall. Bis zum Point Nemo, weit entfernt aller Zivilisation, ist Plastik im Meer nachweisbar. Es befindet sich in Vogel- und Fischmägen und es gelangt über die Nahrungskette direkt in den menschlichen Kreislauf. Allerhöchste Eisenbahn, wie mein Opa sagen würde, um das zu ändern.

Ich habe gerade angefangen zu segeln und brauche einen kompakten Seesack. Da ich gerne etwas Nachhaltiges kaufen möchte, mache ich mich im Internet auf die Suche und recherchiere nach einer Alternative zum üblichen Messenger Bag.
Nach wenigen Klicks komme ich auf die Homepage von Got Bag. Hier werden nachhaltige Rucksäcke, Taschen, Kleidung und Accessoires angeboten. „Aus recyceltem Meeresplastik“, heißt es. Das klingt Interessant.
Wer fischt das Plastik aus dem Meer?
Tatsächlich finde ich, was ich suche: einen großen, robusten und wasserfesten Rucksack. Für ein nachhaltiges Produkt sieht er fast schon zu edel aus, denke ich. Aber schönes Design ist ja von Vorteil für ein nachhaltiges Produkt.
Für jeden der Rolltop-Backpacks sollen laut Hersteller 3,5 kg Meeresplastik recycelt worden sein. Doch wer fischt das ganze Plastik aus dem Meer, und wer verwandelt es in einen schicken Rucksack, den ich mir bequem von zuhause aus bestellen kann?

Zum Produkt entwickelt wurde die Idee von Benjamin Mandos und Roman Ruster. Den beiden Jungunternehmern war klar: „Der Plastikmüll im Meer und an den Stränden, der Klimawandel und die Überfischung setzen den Ozeanen zu. Seevögel, Wale und andere Meerestiere sterben, weil sie Plastik in ihren Mägen haben. Das muss aufhören.“
Wie alles begann
2016 gründen die beiden das Unternehmen Got Bag und entwickeln weltweit die ersten Rucksäcke aus Meeresplastik.
Begonnen hat die Firmengeschichte bei einem Gespräch im gemeinsamen Urlaub. Benjamin Mandos erzählte seinem Schulfreund Roman Ruster von den verheerenden Eindrücken, die er in Thailand in Sachen Ozeanmüll gesammelt hatte. Die beiden Wassersportler, die seit ihrer Kindheit die Nähe zum Meer verbindet, wollten handeln – im doppelten Sinn.
Mit der Idee, Plastikabfälle aus dem Meer für neue Produkte zu nutzen, entwickelten sie die weltweit ersten Rucksäcke aus Meeresplastik. Seit mehr als vier Jahren arbeitet Got Bag daran, an den indonesischen Stränden so viel Meeresplastik wie möglich zu sammeln und zu recyceln.

Der Hauptsitz des Mainzer Start-Ups liegt zwar weit entfernt vom Meer. Aber Got-Bag-Mitarbeiter Max Schmiel stellt die Verbindung nach Asien her. Er ist bei den Reinigungs-Aktivitäten an der Nordküste Javas vor Ort, um das Meer von Plastik zu befreien.
Dies beginnt mit der Arbeit der mittlerweile etwa 1.500 einheimischen Fischer, die im indonesischen Demak das Plastik bergen, das sich in ihren Netzen verfängt. Ebenfalls in Indonesien wird das Rohmaterial sortiert, gereinigt und zu Garn aufbereitet. Alle Arbeitsschritte sind nach Aussage von Got Bag zertifiziert und sollen den höchsten Anforderungen an sozialverträgliche Arbeitsbedingungen entsprechen. Die Bezahlung liege über dem regionalen Standard.
Von Java nach China
Mittlerweile wurden im Auftrag von Got Bag mehr als 100 Tonnen Plastikmüll aus dem Meer gefischt. Von fünf Kilogramm geborgenem Plastik entfallen im Schnitt etwa 1,5 Kilogramm auf PET. Das wird im nächsten Schritt recycelt und kann für die Herstellung der Rucksäcke verwendet werden.

Die Weiterverarbeitung der PET-Garne erfolgt in China. Hier in Quanzhou in der Provinz Fujian betreut Pei Yu von Got Bag die einzelnen Herstellungsschritte. Die gemäß europäischen Standards produzierten Rucksäcke und Taschen werden von Quangzhou per Zug nach Europa und per Schiff Richtung USA exportiert.
Doch wie fühlt sich das in einen Rucksack verwandelte Meeresplastik konkret an?