Als im November 2014 beim Volvo Ocean Race die Vestas nordöstlich von Mauritius auf ein Riff lief, kochten die Wogen in den sozialen Medien hoch. Nachdem bekannt wurde, dass es sich offenbar um einen Navigationsfehler handelte, weil im Navigationsprogramm nicht tief genug eingezoomt wurde. Da das Riff so schlichtweg nicht zu sehen war, war der Schuldige schnell gefunden: Vektorkarten.
„Mit ordentlichen Rasterkarten wäre das niemals passiert.“ Das konnte man häufig in Facebook-Gruppen und Onlineforen lesen. Gegner dieser Meinung verteidigten ihre vektorbasierten Naviprogramme bis zum Äußersten. Wer hat Recht? Beide Seiten.
Pros und Contras
Die Vorteile der einen Darstellungsform sind die Nachteile der anderen. Für beide findet man einen Haufen Pros und Contras. Vektorkarten können stufenlos gezoomt werden, bieten eine größere Detailtiefe und können an individuelle Parameter wie den Tiefgang der Yacht angepasst werden. Rasterkarten sind nicht so flexibel, haben aber ein Kartenbild wie amtliche Seekarten. Und mit Rasterkarten kann es nicht passieren, dass ganze Objekte wie Inseln oder eben Riffe einfach ausgeblendet werden, wenn man weit auszoomt.
Vor allem bei den so genannten Überseglern, also der Übersichtskarte im großen Maßstab, sind Rasterkarten oft von Vorteil. Sie haben eine übersichtliche Anzeige und blenden keine relevanten Punkte einfach aus wie es Vektorkarten tun. Im vergangenen Jahr hatte ich in der Dover Strait ein Problem mit Navionics auf dem Weg nach London. In der Übersegler-Ansicht wurde das Verkehrstrennungsgebiet überhaupt nicht angezeigt. Deshalb musste ich ständig ein- und auszoomen, um die Route zu kontrollieren. Mit einer Rasterkarte wäre das nicht passiert.
Wenn der Zoom an seine Grenze stößt
Rasterkarten sind im Prinzip nichts anderes als PDF-Dateien, die in mehreren Ebenen übereinander liegen. Zoomt man ein, zeigt sich die darunter liegende Detailkarte. Das passiert meistens mit einem sprunghaften Übergang und erfolgt nicht stufenlos. Im Kartenbild stört oft der harte Übergang an den Kartenrändern und der Übergang der verschiedenen Maßstäbe.
Irgendwann kommt der Zoom an seine Grenze, und es erscheinen keine zusätzlichen Details mehr im Bild. Dann vergrößert man das PDF nur noch. Das führt zur Unschärfe und Ausfransungen in der Darstellung – ähnlich wie ein zu kleines Bild, das man auf dem Bildschirm größer zieht. Vektorkarten lassen sich dagegen stufenlos ein- oder auszoomen. Dabei kommen immer mehr Details zum Vorschein, sofern welche da sind. Das Kartenbild erscheint insgesamt auch sauberer.
Das Beste aus beiden Welten
Was ist die Lösung? Beides zusammen in einer App! Der Eckernförder NV-Verlag macht es mit der 2019er-Version seiner App NV Charts vor. Man kann einfach zwischen beiden Darstellungen auswählen. Die erste Version der Navi-App von der Förde ist bereits 2013 auf dem Markt. Ein Jahr lang haben die Entwickler das Programm jetzt grundlegend überarbeitet. NV steht übrigens für „Nautische Veröffentlichung“, den früheren Unternehmensnamen.
Für viele Nutzer haben Vektor- und Rasterkarten jeweils ihre Vorteile. Wir möchten die Möglichkeit bieten, beide Systeme zu verwenden. – Jeppe Scheidt, NV-Charts-Entwickler
Neben vielen Neuheiten und Verbesserungen ist das Wechseln des Anzeigesystems ein Alleinstellungsmerkmal, welches es so bisher nirgendwo sonst gibt. Das Umschalten geschieht ganz einfach per Klick. Im Bildvergleich erkennt man den Unterschied zwischen beiden Darstellungsformen sehr deutlich. Vor allem in hohen Zoomstufen ist das Umschalten von Vorteil – beispielsweise dann, wenn man sich dem Zielhafen nähert und sich die dortigen Gegebenheiten ansehen möchte.
Routenplanung leicht gemacht
Ebenfalls erneuert wurde das Anlegen von Routen. Das wird, im Vergleich zu früher jetzt sehr einfacher, mit einem längeren Klick auf den Bildschirm gestartet. Nach dem Klick erhält man die Optionen Route, Peilung oder Markierung zur Auswahl. Wegpunkte können auch nach dem Anlegen der Route nachträglich gelöscht oder verschoben werden. Das dazugehörige Tracking erfolgt automatisch. Es kann hinterher, wie die Route selbst, abgespeichert und analysiert werden.
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