Autsch, das tut schon beim Zuschauen weh: Abwärts segelt das Raymarine-Display, geradewegs auf die Planken zu. Um die Qualen noch zu verlängern, wird der Aufprall schön laaaangsam in Zeitlupe als Video-Einblendung auf der Firmen-Website gezeigt. Unwillkürlich hört man es scheppern, obwohl der kleine Clip ohne O-Ton abläuft…
Doch damit ist die Passionsgeschichte des Plotters nicht beendet: Er muss anschließend 55 Grad Hitze ertragen, über Tage. Danach geht es zum Abkühlen „on the Rocks“ in die Kältekammer: Bei minus 25 Grad herrscht dort knackiger Frost. Bis zu 15 Stunden werden die Produkte kaltgestellt, so dass sich dicke Eisblumen auf den Displays des Hightech-Geräts bilden.
Natürlich stehen in der „Environmental Test Area“, der Hardware-Folterkammer für Seefahrt-Elektronik von Raymarine, noch weitere Daumenschrauben zur Verfügung: Sie heißen Salzsprühnebel-Kammer und Rüttelraum: Erst muss das Gerät permanent Seewasser-Berieselung ertragen, anschließend unentwegte Vibration.
„Das Beste noch besser“
Diese sorgfältigen Tests, die Raymarine im Internet ausgiebig auf dem Unternehmens-Blog vorstellt, dauern nicht stundenlang, sondern laufen über Wochen. Sie reichen weit über die entsprechenden CE-Normen hinaus und gehören damit zu den härtesten weltweit.
Wenn der Hersteller jetzt die neue Kartenplotter-Produktfamilie Axiom+ mit dem Claim „Das Beste jetzt noch besser“ anpreist, heißt das also: Die soeben vorgestellte Baureihe ist noch resistenter gegen Erschütterung, Salzwasser, Hitze und Kälte.

Das erstreckt sich auch auf die Displays: Die Nano-Beschichtung der neu eingesetzten, „Hydrotough“ genannten Oberfläche ist nicht nur kratzfest. Sie lässt Wasser- und Öltropfen einfach abperlen – der Lotuseffekt macht es möglich. So kann man das Gerät auch unter erschwerten Wetterbedingungen wie überkommende See oder heftiger Regen störungsfrei bedienen.
Ein Axiom ist, nach Definition, ein als „absolut richtig erkannter Grundsatz“
Verantwortlich dafür ist dafür, so wie bei der namensgebenden Pflanze, eine komplexe mikro- und nanoskopische Architektur der Oberfläche, die die Haftung von Schmutzpartikeln und Flüssigkeiten minimiert. Kapuzinerkresse hat übrigens ähnliche Eigenschaften.
Viel helleres Display
Formal handelt es sich bei Raymarine Axiom+ um eine Weiterentwicklung der Axiom-Familie, also der High-End-Produktlinie von Raymarine-Kartenplottern. Ein Axiom ist, nach Definition, ein als „absolut richtig erkannter Grundsatz“, eine „gültige Wahrheit, die keines Beweises bedarf“.
Das Ablesen wurde erheblich erleichtert: Das Display der neuen Baureihe Raymarine Axiom+ ist nach Herstellerangaben um 25 Prozent lichtstärker und deutlich kontrastreicher als konventionelle Seekartenplotter. Der Bildschirm, lieferbar in drei Größen, zeigt gestochen scharfe Grafiken, die bei der Bildqualität vergleichbar mit einer HDTV-Auflösung sind. Die Akku-Kapazität beeinträchtigt das übrigens nicht, so ein Raymarine-Sprecher gegenüber float.

Äußerlich sehr ähnlich
Auf den ersten Blick gleicht das Design der neuen Geräte denen ohne „Plus“ im Namen. Doch im Innenleben sind die Unterschiede um so deutlicher. So hat die neu entwickelte Geräteklasse ein Elefanten-Gedächtnis: Der Speicher ist doppelt so groß wie bei der Axiom-Familie.
Das GPS arbeitet im 10-Hertz-Takt und ist damit erheblich schneller. Auch wird eine vierfach erhöhte Empfindlichkeit bei der Positionsbestimmung erreicht. Das erlaubt eine zuverlässige Navigation im unteren Meterbereich, sozusagen zwischen Kombüse und Kajüte.

„Axiom+ behält alles bei, was Kunden an Axiom schätzen“, fasst Gregoire Outters, Maritime General Manager von Raymarine beim Webinar für die Presse vier Tage vor der Premiere zusammen, „doch es erweitert das Nutzererlebnis mit höherer Leistung, vereinfachter Navigation und verbesserter Ablesbarkeit.“
Bewährtes bleibt
Raymarine hat also nicht auf Teufel komm raus an der Oberfläche geschraubt, sondern bewährte Features beibehalten: Dazu gehört die Aktualisierung der Darstellungen in Echtzeit. Im Sonar sind damit auch 3D-Bilder möglich.
Und über der Wasseroberfläche gibt es Neues zu sehen: Augmented Reality, sprich „erweiterte Wirklichkeit“. So nennt man das Anreichern von Karteninformationen mit aktuellen Kamerabildern und in Echtzeit eingespielten Umgebungsinformationen aus AIS-Trackern. Durch seine Netzwerkfähigkeit kann Axiom+ in die Kartenoberfläche Kamerabilder mit Augmented Reality-Darstellungen projizieren. Wie effektiv und ablenkungsfrei Augmented Reality bei Raymarine-Plottern eingesetzt wird, erlebten wir schon 2018 beim Test mit dem englischen Ingenieurs-Team auf einer Jeanneau Prestige 46.
Visiert der Skipper eine Fahrwassertonne an, blendet der AR-Sensor dazu passend automatisch die jeweilige Nummer und Position ins Sichtfeld ein. Ebenso verhält es sich bei verzeichneten Gefahrenstellen und entgegenkommenden Schiffen mit AIS-Kennung. Einzige Bedingung für das Funktionieren des optionalen Sensors: Es muss GPS-Abdeckung vorhanden sein.
Das Ganze lässt sich auch mit Hochleistungskameras kombinieren, die dann das dritte Auge des Schiffsführers sind. Als Tochter des US-Konzerns Flir hat Raymarine auch Hochleistungskameras für Boote im Angebot.
Ausgerüstet mit LightHouse 3
Eine weitere Gemeinsamkeit ist das Betriebssystem LightHouse 3. „Das haben inzwischen alle Multifunktionsdisplays bis hinauf zur XL-Serie für Superyachten“, sagt Country-Manager Bernd Gröneveld von Raymarine Deutschland. Käufer von Axiom+ können stolz darauf sein, dass ihre Hardware auch den dicken Pötten navigieren hilft.
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3D-Bild im Sonar © Raymarine
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Augmented-Reality-Darstellung
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Homescreen des Betriebssystems LightHouse 3 © Raymarine
Eigenes Kartenmaterial
Ein Novum ist die dazugehörige Software: Als Antwort auf die Navionics-Karten von Mitbewerber Garmin, die Raymarine bisher nutzt, und C-Map bei Navico, entwickelt Raymarine nun seine eigenen Seekarten! Unter dem Namen Lighthouse sind viele ausländische Reviere bereits ab sofort erhältlich, deutsche Gewässer sind ab September abrufbar.
Die Karten beruhen auf den offiziellen Seekarten, bieten aber einige zusätzliche Spezialitäten. Dazu gehören bei Lighthouse vier Helligkeitsstufen zwischen Tag, Dämmerung, Nacht und Sonnenschein, um stets eine optimale Bildschirmdarstellung und Ablesbarkeit zu erreichen.

Per Finger-Touch lässt sich die offizielle Seekartendarstellung um eine touristische Version mit „Points of Interest“ (POI) ergänzen. Nutzer können außerdem per Echolot in noch nicht vermessenen Seeregionen eigene Unterwasser-Karten anfertigen. Für Angler gibt es „Fishing Hotspots“, also von Experten bezeugte Fanggebiete. Ob hier jedes Petri-Geheimnis gelüftet wurde, kann nur ein Praxistest mit der Angelrute erweisen. Die Tiefenlinien der zugrundeliegenden Unterwasser-Kartographie sind in 30-Zentimeter-Schritten berechnet.
Premiumversion als Option
Eine Premium-Version erweitert Axiom+ mit regelmäßigen Karten-Updates und einer erweiterten POI-Bibliothek. Auch eine Einbettung der Kartengrafik in Satellitenbilder ist möglich, um Seefahrern so die Navigation durch einen Abgleich mit der Vegetation, Bebauung und anderem an Land zu erleichtern.
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Leisure © Raymarine
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Premium © Raymarine
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Satellit-Land © Raymarine
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Satellit-See © Raymarine
Mit der Smartphone-App Ray Connect lassen sich Kartenerweiterungen, Updates und zusätzliche Inhalte online im Chart-Store von Raymarine erwerben und installieren.
Die sofort lieferbaren Plotter der Serie Axiom+ kosten mit kleinem Sieben-Zoll-Display 745 Euro, die mittelgroße Version beginnt preislich bei 1.295 Euro. Das Gerät mit 12-Zoll-Display kostet 2.495 Euro. Der Kartensatz inklusive 12-Monate-Premiumzugang zum Ausprobieren ist pro Land für 100 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer zu haben, und die ist ab 1. Juli auf 16 % gesenkt.