Seit etwas über einem Jahr gibt es sie jetzt: die Replace-Plastic-App von Jennifer Timrott und dem Verein Küste gegen Plastik. Mit dieser App können Supermarktkunden die Barcodes von Plastikverpackungen scannen. So können alle App-Nutzer dem Handel mitteilen, dass sie sich umweltfreundlichere Verpackungen wünschen. Jetzt berichtet die Initiatorin Jennifer Timrott, was sich seit dem Launch der App getan hat. Ihr hatte das Sammeln von Plastikmüll am Strand von St. Peter Ording nicht mehr ausgereicht.
Gestartet waren sie Anfang des Jahres eher leise und ohne große Öffentlichkeitsarbeit, sagt Timrott. Es war nicht abzusehen, wieviel Arbeit und Betreuung mit der Replace-Plastic-App auf sie zukommen würde. Personal war auch noch keines da. Aber der Stein kam schnell ins Rollen – wie immer, wenn die Idee gut ist. Die App verbreitete sich virtuell über die entsprechenden Kanäle und kam so auch zu float.


Alle Firmen selbst anschreiben?
Bisher gab es keine Form, gesammelt gegen den Verpackungswahnsinn in den Supermärkten vorzugehen. An wen sollte man sich wenden? Die Leitung des jeweiligen Markts? An die Pressestelle jedes einzelnen Herstellers? Das hatte die Aktivistin Jennifer Timrott bereits selbst immer wieder getan. „Obwohl das Problem bei den Verantwortlichen im Handel hinreichend bekannt ist“, so Timrott, „reagierte man dort erschreckend zäh und unwillig.“ Nur selten ließen sich Produzenten durch Argumente einzelner Kunden überzeugen. Was fehle, sei „Druck von außen“, sagte sie im Frühjahr 2018 im Gespräch mit float. Also müssen es eben mehr sein, die sich beschweren. Das muss leicht gehen und schnell – und direkt vor Ort im Laden. Am besten mit dem Handy, denn das haben alle dabei. Eine App also.
Plötzlich war eine Form gefunden, wie man schnell und unkompliziert seinem Unmut gleich vor Ort im Supermarkt Ausdruck verleihen konnte: App laden, Barcode scannen, abschicken. Fertig. Auf der anderen Seite der Leitung sitzt Jennifer, sammelt die Beschwerden und schickt sie zu den entsprechenden Herstellern. Um zu signalisieren, dass es ein Menge mitdenkender Konsumenten gibt, die eine andere, nachhaltigere Art von Verpackung wünscht. Jennifer Timrott hat kollektiven Unmut in eine kluge Form verpackt.


Auch Bio-Ware verursacht Plastikmüll
Seit dem Start der App haben Kunden rund 140.000 Produktkritiken eingesandt. Täglich erreichen die Initiatoren um die 1.000 Einsendungen. Besonders viele Scans stammen von verpacktem Obst und Gemüse und aus dem Körperpflege-Bereich. Bio-Lebensmittel, vegetarische und vegane Produkte machen hier keine Ausnahme.
Die Unternehmen reagieren ganz unterschiedlich auf die Kritik durch Replace Plastic. Manche Firmenvertreter sind beleidigt, andere antworten mit Standard-Textbausteinen. Aber es gibt auch Unternehmen, die zugeben, dass sie Erwartung ihrer Kunden kennen. Und dass es Zeit ist umzudenken. Aus großen Konzernen hört Jennifer Timrott, dass die Mitarbeiter der Nachhaltigkeits-Abteilungen sich über die Stärkung ihrer Position im Unternehmen freuen.
„Die Mails mit angeblich guten Gründen für Plastikverpackungen beantworten wir mit unseren täglichen Erfahrungen am Strand von St. Peter Ording. Wir laden die Unternehmen sogar ein, mit uns gemeinsam an den Strand zu gehen, und sich selbst ein Bild von der Problematik zu machen.“ Inzwischen findet sich Plastikmüll in den Ozeanen weltweit bis zur Osterinsel. Initiativen wie die Berliner Müllregatta halten sogar im Binnenland dagegen.
Zwei Unternehmen sind der Aufforderung von „Küste gegen Plastik“ nachgekommen und haben den Verein bei den Sammelaktionen unterstützt. Es ist eine sehr direkte Art, auf die Dringlichkeit des Themas hinzuweisen, die auch anderen Firmen gegenüber Druck macht. Jennifer Timrott: „Es macht einen großen Unterschied, wenn man selbst einmal mitten in diesen Müllmengen gestanden und mit angepackt hat.“

Erste Erfolge und ein Update
Und es gab auch schon echte Erfolge zu verbuchen: Als Reaktion auf einen Hinweis von Replace Plastic hat die Waldemar Behn GmbH aus Eckernförde eine Produktverpackung von Plastik auf Papier umgestellt. Damit spart der Getränkegroßhändler und Spirituosenhersteller rund 2.000 kg Folienkunststoff im Jahr. Ein kleiner Anfang. Weitere Beispiele für nachhaltige Verpackungen finden sich auf der Website von Replace Plastic.
Auch bei der App selbst hat sich etwas getan: Vor kurzem hat die Replace Plastic ein Software-Update bekommen. Jetzt ist die Software auch über den Browser nutzbar, also unabhängig von Smartphone-Modell und Betriebssystem. Zum Download (hier die Direktlinks) geht es hier:
Direkte Nutzung über den Browser
Direkter Download für iOS
Direkter Download für Android
2019 wird es weitergehen, und die Kampagne soll intensiviert werden. Unterstützen kann man Replace Plastic übrigens einfach, indem man der Initiative bei der DKB-Weihnachtsaktion Herzenswunsch ein Herzchen schenkt. Oder indem man selbst Fördermitglied bei Küste gegen Plastik e.V. wird und spendet – nicht nur zu Weihnachten.