Wer gern Boot fährt, schaut sich auch gerne welche an – je mehr, desto besser. Shipspotter sind, mitunter mit Feldstecher, auf Deichen und an Häfen unterwegs. Der Feldstecher von heute ist elektronisch und heißt AIS. Neuerdings lässt sich das automatische Identifikations-System für Wasserfahrzeuge auch als App nutzen. Wir haben uns die Smartphone-Versionen der bekanntesten öffentlich zugänglichen AIS-Tracker angesehen.
Seit über 20 Jahren gibt es AIS. Das automatische Identifikations-System sorgt dafür, dass permanent Daten eines Schiffs über UKW verbreitet werden, sofern es einen entsprechenden Transponder hat. Angezeigt werden unter anderem Schiffsname, Position, Tempo und Kurs. So lässt sich der Schiffsverkehr in aller Welt verfolgen, wahlweise auf dem heimischen Computer und per App auf dem Boot.
Was ursprünglich für die Großschifffahrt eingeführt wurde, breitet sich inzwischen auch auf immer mehr Freizeityachten aus. AIS gibt es inzwischen sogar als Extra-Feature in der Bordelektronik wie preiswerten Funkgeräten. Wer kein fest installiertes Gerät am Steuerstand hat, kann AIS auch per App auf dem Smartphone empfangen.
Das aktuelle App-Quartett
Inzwischen habe ich vier Apps auf meinem Mobiltelefon installiert, um unterwegs zu schauen, was sich am Horizont bewegt. Oder auch, um vom Strand im ostfriesischen Schillig aus Informationen über die gerade vorbeifahrende „Milan Maersk“ abzurufen.
Diese Apps habe ich getestet:
- Marine Radar, Version 2.0
- Marine Traffic, Version 4.0.13
- Schiffsradar, Version 1.1.5
- Vessel Finder Free, Version 4.0.4
Die in den Apps angezeigten Informationen basieren auf Datenbanken, die AIS-Daten von Schiffen speichern und diese zum Abruf zur Verfügung stellen. Welche Datenbank nun die umfangreichste oder die genaueste ist, darüber geben die Apps keine Auskunft.

Um selbst einen Indikator über die Anzahl der Daten zu haben, checkte ich die angezeigten Schiffe an verschiedenen Orten, und ich konnte keine gravierenden Abweichungen sehen. Es ist zu vermuten, dass alle Apps die gleiche Datenbasis nutzen.
Störende Werbeeinblendung
„Marine Radar“ und „Schiffsradar“ empfangen den Benutzer unmittelbar nach dem Öffnen der Anwendung mit einer bildschirmfüllenden Werbeeinblendung, die man selbst schließen muss. Klar, die Entwickler wollen auch von etwas leben. Aber ich persönlich finde kaum etwas nervender als ganzseitige Werbung.
Das gilt vor allem dann, wenn ich bis dahin noch keine „Leistung“ gesehen habe. Sprich, vom Nutzer aus gesehen haben diese beiden Apps damit schon einen schlechten Start hingelegt.
Vessel Finder Free
Die Anwendung startet sehr schnell und zeigt den zuletzt betrachteten Ausschnitt. Mit der Weltkugeltaste kann man sich schlagartig herauszoomen und neue Meeresregionen unter die Lupe nehmen. Das geht sehr flott – trotz der vielen tausend Schiffe, die in einer großen Übersicht zu finden sind.

Der Funktionsumfang der nur englischsprachig verfügbaren App ist ziemlich minimalistisch. So lassen sich beispielsweise nur Filter für die Anzeige von Schiffstypen setzen und eine Suche nach Schiffen oder Häfen auslösen.
Leider fehlt eine Funktion, Schiffe im Umkreis der eigenen Position automatisch zu finden. Das kann ich nur manuell bewerkstelligen, indem ich – von meiner eigenen Position ausgehend – den Bildausschnitt vergrößere.
Gut gefällt mir, dass ich problemlos die automatische Anzeige von Schiffsnamen neben den Symbolen ein- und ausschalten kann. Auch andere Dinge wie Maßeinheiten lassen sich abbilden.
Schiffsinformation per Tipp
Schiffe in eine sogenannte „eigene Flotte“ zu übernehmen, ist nur in der Pro-Version möglich. Die schlägt mit 7,49 Euro zu Buche. Neben ein paar anderen zusätzlichen Funktionen fällt in der Pro-Version auch die eingeblendete Werbung am unteren Screen-Rand weg. Das ist okay, auch wenn auf dieser Position Werbung ohnehin nicht sehr stört.
Die Karte, auf der die AIS-Sender angezeigt werden, stammt wahrscheinlich von OpenSeaMap. Tippt man ein Schiff an, erhält man die entsprechenden Informationen zum entsprechenden Objekt: Länge, Kurs, Schiffstyp und einiges mehr.
Insgesamt ist Vessel Finder Free eine recht einfache App für den schnellen Überblick. Geeignet ist sie für Shipspotter, die einen zuvor festgelegten Bereich im Auge behalten wollen.
Schiffsradar
Wie oben bereits erwähnt startet die Anwendung mit Werbung. In meinem Fall musste ich auch ein paar Zwangssekunden warten, bevor ich diese schließen konnte.

Die deutschsprachige App bietet ein Auswahlmenü, welches neben der Schiffsverfolgung im Wesentlichen weitere kommerzielle Punkte (Produkt-Werbung für Marine-Produkte und ein paar englischsprachige News eines Blogs) enthält.
Die Schiffsverfolgung startet langsamer als die von Vessel Finder Free. Wer der Meinung war, dass Vessel Finder einen geringen Funktionsumfang anbietet, der wird sich hier wundern: Es geht noch spärlicher. Schiffsradar bietet die Suche nach Namen von Schiffen und Häfen, viel mehr nicht. Anpassungen der Einstellungen sind nicht vorgesehen. Die Anzeige selbst findet ebenfalls auf Basis von OpenSeaMap statt.
Blick auf vergangene Kurse
Auch hier begrenzt eine permanente Werbeeinblendung den unteren Bildschirmrand. Bei Anklicken von interessanten Objekten auf der Karte öffnet sich ebenfalls ein Bildschirm mit vielen Infos und Fotos.
Tatsächlich schön fand ich die implementierte Ansicht von zurückgelegten Strecken bis zu fünf Tagen in die Vergangenheit. Wann Schiffsnamen neben dem Icon angezeigt werden und wann nicht, hat sich mir leider nicht erschlossen.
Die Pro-Version (für 9,99 Euro pro Jahr) verspricht Werbefreiheit und Karten- sowie Filteroptionen. Auch diese App würde ich persönlich dem Anwendungsbereich „Ship Spotter“ zuordnen.
Marine Radar
Die Beschreibung im App Store lautet u.a. „Die weltweite Nr. 1 App zur Schiffsverfolgung“. Marine Radar braucht beim Start deutlich länger als die anderen Apps.

Und es nervt genauso wie Vessel Finder und Schiffsradar mit einer Startwerbung. Neben der Funktion AIS-Infos bietet die App eine Rubrik mit Wetterberichten an.
Bei der Schiffsverfolgung ist am unteren Rand eine Einblendung zur Sprachauswahl zu sehen. Beim Wechseln der Sprache fällt auf, dass dieser Bereich wohl auch für Werbung gebraucht wurde oder perspektivisch gebraucht werden wird: Denn klappt man das Menü aus, erscheint ganz oben das Logo und der Name von Vessel Finder …
Navionics-Seekarten nutzbar
Hinsichtlich der Darstellung gibt es in dieser App tatsächlich ein paar Highlights. Neben der Standard-Karte (wahrscheinlich OpenSeaMap) gibt es alternativ entweder eine einfache Karte – allerdings ohne die geringsten nautischen Informationen oder ein Satellitenbild oder auch die offenen Navionics-Seekarten.
Weiterhin lassen sich als Overlay Temperaturen, Windgeschwindigkeiten oder Wellenhöhen auf die Karte legen. Es lassen sich auch Kurslinien einzeichnen, welche mit Entfernungs- und Winkelangaben dargestellt werden.
Die Marine Radar App hat eine sehr genaue Darstellung. Mir persönlich fehlte leider auch hier die Möglichkeit, mir die aktuelle Umgebung meines Standorts anzuschauen.
Marine Traffic
Der Start der App dauert ein bisschen, tröstet dann aber mit einer fast bildschirmfüllenden Anzeige der Karte – ganz ohne Werbung oder anderen Schnickschnack!

Und hier finde ich auch endlich den Befehl, um mir das Gebiet rund um meinen Standort anzuschauen. Ein Klick in die Karte vergrößert sie dann auf den ganzen Bildschirm.
Sehr umfangreich ist auch das Auswahlmenü für Optionen. Hier kann ich Filter für Häfen, Schiffstypen etc. setzen oder auch verschiedene Kartentypen wählen. Echte nautische Karten sind allerdings einem Abo für 29,99 Euro im Jahr vorbehalten. Gleiches gilt für Wetterkarten (99,99 Euro/Jahr) und Density Maps (17,99 Euro/Jahr). Als angemeldeter User (ohne zu zahlen) kann man in der App sogar eine Flotte verwalten.
Benachrichtigung beim Ablegen
Spaß macht die Einbindung von „Erweiterter Realität“ (AR): Damit lassen sich im Smartphone sehr schön Bilder der jeweiligen Schiffe anzeigen, welche am nächsten liegen; natürlich mit den dazugehörigen Entfernungsangaben. Ein weiteres, geradezu geniales Feature ist die Möglichkeit, sich Benachrichtigungen zu bestimmten Schiffen senden zu lassen, beispielsweise, wenn sie sich von einem festen Liegeplatz entfernen.

Einen Wermutstropfen gibt es aber trotzdem: Ein Großteil der AIS-Daten kommt laut der App per Satellit. Leider sind Satelliteninformationen in Marine Traffic ebenfalls kostenpflichtig (1,09 €/24h). Dies führt in der Praxis dazu, dass bei vielen Kontakten lediglich der Schiffstyp angezeigt wird, allerdings Name und zusätzliche Informationen nicht abrufbar sind.
Im Vergleich
Betrachtet man die Apps nun im Vergleich, kann man zwar sagen, dass Marine Traffic sicherlich die App mit den meisten Funktionen ist, aber dafür fehlen dank der Satelliten-Einschränkungen viele Daten. Diese müsste man sich teuer dazukaufen. Im Gegenzug bietet die App sehr gute Möglichkeiten zur Nutzung an Bord.
Für Shipspotter wäre meine persönliche Empfehlung die App „Vessel Finder Free“, ggfs. auch in der Pro-Version, um eine eigene Flotte von Lieblingsschiffen verwalten zu können. In der App werden auch die Schiffe mit Namen angezeigt, die bei Marine Traffic als Satelliten-Daten eingeschränkt sind. Wer auf See ist, kann diese Apps ebenfalls gut nutzen – doch ausschließlich darauf verlassen sollte man sich selbstverständlich nicht.