Näht Sven, bevorzugt er Stille in der Werkstatt. Das monotone Rattern der Nadel ersetzt das Radio. Aber nur so kann er hören, ob die Maschine rund läuft und die Stiche richtig setzt. Über einen Kilometer hochwertiges Garn vernäht er in der Genua. Schließlich sind die Nähte die Achillesferse eines Segels.


Der UV-Schutz
Wer beim UV-Schutz an Qualität spart, handelt so sorglos wie der Sonnenanbeter, der sich kalkweiß am ersten Urlaubstag ohne einzucremen an den Strand legt. Die Spätfolgen können drastisch sein. Genauso verringert ein schlechter UV-Schutz beim Segel die Lebensdauer. Für meine Genua verwenden wir ein graues Acryltuch mit einem Kleberücken. Der wird erst vollflächig aufgebracht und dann vernäht.
Ich blättere durch die Kataloge. Mühelos ließe sich an jedem Einzelteil sparen: am Tuch, am Garn, am UV-Schutz. Aber auch an den Kleinteilen wie Niro-Ringen, Gurten und Regulierleinen. Es geht um Bruchlast, Beständigkeit und Festigkeit. Ein paar Euro hier, ein paar Euro da. Das läppert sich. Sven verlässt sich auf seine langjährige Erfahrung, legt Wert auf beste Qualität. Kompromisse kommen für ihn hier nicht in Frage. Selbst die lasttragenden Gurte schützt er nochmals durch einen extra UV-Schutz.

Ich bin erstaunt, wie viel Handwerk in meinen beiden „Laken“ steckt, wie viel Arbeitszeit und Know-how. Ich habe mein altes Groß neben mein neues gelegt. Zum Vergleich. Jetzt, wo ich weiß, worauf ich achten muss, erkenne ich die Unterschiede. Die Nähte mit dünnerem Garn fallen mir sofort ins Auge. Ich erkenne ein anderes Stichmuster, die einfachere Verarbeitung, das dünnere Tuch, die lieblosen Reparaturen.
Kaum Schaden angerichtet
Sieben Werktage habe ich mit meinen Segeln die Werkstatt von Sven Kraja belagert, mit meinen Fragen genervt und mit meiner Unbeholfenheit entsetzt. Immerhin habe ich kaum Schaden angerichtet. Ein Talent attestierte mir mein Chef auf Zeit immerhin: Mit meinem Kaffee war er ganz zufrieden. Und ich war ein verlässlicher Kuchenlieferant.

Nach zwei Wochen packe ich die grünen Segelsäcke in mein Auto. Natürlich muss ich noch bezahlen. Und Qualität hat ihren Preis. Damit sind wir wieder bei der Eingangsfrage. Was ein Segel denn so in Deutschland kostet, kann ich nicht sagen. Denn das Segel gibt es nicht.
Meine Segel, so wie ich sie haben wollte, kosten mich zusammen 6.600 Euro. Ein fairer Preis. Jetzt, wo ich gesehen habe, wieviel Arbeit in ihnen steckt, weiß ich sie zu schätzen. Anfang März bin ich zurück auf der Dilly-Dally. Und kann es kaum erwarten, die Segel zu testen. Ein bisschen Bammel habe ich schon: Was, wenn ich mich vermessen habe?
Wer mehr über das Austeigerleben auf einem Segelboot lesen will: Brambusch macht blau.
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