Was haben Rum und Tattoos gemeinsam? Die Zielgruppe, das maritime Flair, die etwas fragwürdige Herkunft sowieso. Ein Hamburger Spirituosen-Hersteller stellt jetzt eine direkte Verbindung her: mit Warlich Rum, benannt nach dem berühmtesten Tätowierer der Hafenstadt.
„Yo-ho – und ‘ne Buddel Rum!“ So hat Robert Louis Stevenson dem Zuckerrohr-Schnaps in seiner „Schatzinsel“, der Mutter aller Piratengeschichten, in dem Piraten-Lied ein derbes Denkmal gesetzt. Und das passt total: Der Rum ist ein wahrhaft zwielichtiges Getränk, mit Gewalt, Ausbeutung und Abenteuer verbunden. Dieses düstere Umfeld macht ihn – ebenso wie die Hautgemälde – offenbar über Zeit und Raum attraktiv.
Und seit Stevensons Jahrtausendwerk dient das Getränk Literaten regelmäßig als schmückendes Requisit, um die nautische Profession zu untermalen – etwa bei der schrulligen Comicfigur Kapitän Haddock, Wegbegleiter von Hergés Tim und Struppi. Und wie Haddock („Wirklich ein Göttergetränk!“) liebten – und lieben – viele den Rum mehr, als ihnen lieb ist.
Ein wildes Getränk aus der Karibik
Ebenso ergeht es Billy Bones, den Stevenson als einstigen Steuermann des toten Freibeuters Käpt’n Flint (und anfänglichem Hüter der Schatzkarte) einführt. Aber wir erfahren von ihm auch, dass der Nutzen von Rum mannigfaltig sei. So schützt er zum Beispiel vor Krankheiten: „Ich bin an Orten gewesen, da war’s so heiß wie in der Hölle, und die Kameraden fielen rund um mich herum wie die Fliegen. […] Und ich blieb’ am Leben, sag’ ich Dir, und das machte der Rum.“ Stevenson hatte auch hier einen Riecher: Rum blieb über Jahrhunderte der Sprit der Seefahrer, das höchste der Gefühle in Sturm und Flaute. Viele verfielen ihm lebenslang, wurden seine Sklaven.
Tatsächlich ist der Rum ein wildes Getränk und hat unzählige Menschen – direkt oder indirekt – versklavt. Geboren auf Barbados oder Jamaika, ist er eng verbunden mit der Eroberung Amerikas, Sklaverei, Ausbeutung, Piraterie und Seehandel. Insbesondere für den Zuckerrohranbau wurden Millionen Afrikaner ihrer Heimat beraubt und in die Karibik verschleppt, wurden ganze Flotten ausgerüstet und von Seeräubern gekapert.
Das Gold der „Neuen Welt“, das war auch der Rum. Mit der Veredelung des hochprozentigen Getränks, das so verführerisch sonnig und sündensüß im Glas schwappt, verdiente sich in Europa eine ganze Industrie eine goldene Nase – deutsche Kaufleute unter ihnen.
Positive Eigenschaften vom Rum
Eine weitere positive Eigenschaft des Rums hatten schon hundert Jahre zuvor die Briten erkannt: Anders als Bier oder Wein verdirbt er nicht, weder auf langer Fahrt noch in tropischer Hitze. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts gehörte der Zuckerrohrschnaps zur Verpflegung in der Flotte Ihrer Majestät.
Der tägliche Rumausschank, „daily tot“ genannt, wurde auf britischen Kriegsschiffen ab 1850 sogar zum heiß geliebten Zeremoniell – und erst 1970 abgeschafft, nachdem die Admiralität die Einschätzung gewann, dass Alkoholgenuss und die Bedienung von Maschinen sich nicht so gut vertragen.
Nach der Arbeit war Rum auch an Land klammheimlich zum Volksgetränk geworden: als unverzichtbare Zutat im Grog, dem Muntermacher für müde Männer, auf dem Land, in der Stadt, im Hafen.
Im aufstrebenden Hamburger Stadtteil St. Pauli Anfang des 20. Jahrhunderts gingen See- und Schauerleute (Hafenarbeiter) auch zu Christian Warlich: In seiner Gaststätte in der Kieler Straße 44 summte von morgens bis abends der Grogkessel. Wer war dieser Warlich?