Die große Freiheit rinnt aus einem dünnen Schlauch, den Jan-Hinrich Menzler hinter der Sitzbank im Salon hervorkramt. Ans Ende hat der 54-Jährige einen kleinen Duschkopf montiert, den er in ein leeres Glas hält. Es dauert ein paar Sekunden, dann ist es bis zum Rand gefüllt. Menzler schwenkt das Glas im Licht der Nachmittagssonne über der türkischen Südküste. Keine Schwebeteilchen sind zu erkennen, die Flüssigkeit glänzt klar wie ein Kristall. Wasser!
Er steckt seine Nase in das Glas, nippt daran und lässt das Wasser wie bei der Degustation von Spitzenweinen seinen Gaumen kitzeln. „Sehr weich“, sagt er und lächelt zufrieden. „Kaum vorstellbar, dass ich eben noch in dem Wasser gebadet habe. Jetzt ist das Salzwasser trinkbares H2O in seiner reinsten Form.“

Zu verdanken hat Menzler die wundersame Verwandlung einer kleinen Maschine, nicht größer als ein kleiner Koffer für das Handgepäck, die fast lautlos unter der Bank im Salon wie eine Nähmaschine in Zeitlupe tackert. Anfang März hat Menzler den Watermaker auf seiner Sun Odyssey 44i installieren lassen.
Größtmögliche Unabhängigkeit auf See
Die Freiheit nehme ich mir, hatte sich der Münchner gedacht, der seit September 2019 auf seinem Boot lebt. Denn der Watermaker gibt ihm genau das: die größtmögliche Unabhängigkeit auf See. Der IT-Experte hat vor einem Jahr seinen Job bei einem amerikanischen Technologiekonzern an den Nagel gehängt und Deutschland den Rücken gekehrt, um seinen großen Traum zu verwirklichen: eine Weltumsegelung.

Im Mai 2019 kaufte er bei Athen sein Boot und taufte es „Makamae“, was hawaiianisch ist und so viel bedeutet wie „Schatzkästchen“. Den ersten Winter verbrachte der Segler in der Türkei, rüstete das Boot nach seinem Geschmack für die Langfahrt aus und auf. Dann kam Corona und der Lockdown zerstörte alle seine Pläne.
Eigentlich wollte Menzler Anfang April nach Athen segeln, wo er neue Segel hat anfertigen lassen. Dann wollte er über die Türkei und Zypern zunächst nach Israel, um dann, ganz vom Osten bis in den tiefsten Westen des Mittelmeeres zu segeln, immer gegen die vorherrschende Windrichtung, durch die Straße von Gibraltar, auf die Kanaren, von dort zu den Kapverden und schließlich um den Jahreswechsel in der Karibik ankommen. Menzler zuckt mit den Schultern: „Naja, ist alles jetzt ein bisschen verschoben.“
Gewappnet sein auf großer Fahrt
Anfang Juli sitzt er in einer kleinen Bucht in der Türkei und wartet darauf, dass Griechenland die Grenzen für Segler aus der Türkei wieder öffnet. Immerhin hatte er so genügend Zeit, den für seine Zwecke optimalen Watermaker zu finden, einzubauen und zu testen. „Ein Watermaker ist im Mittelmeer eigentlich überflüssig“, sagt Menzler. „Die Versorgungslage in den Marinas, Häfen und an den kleinen Restaurantstegen ist super.“ Trotzdem wollte er gewappnet sein für die große Fahrt.
Wer selbst Wasser macht, erspart sich auch überflüssiges Plastik an Bord: Große Mengen an Plastikflaschen, wie viele Chartersegler sie für ihren Törn bunkern und die anschließend als Müll beseitigt werden müssen, wollte Jan Menzler sich und der Umwelt ersparen.

Kaum war der Watermaker im März installiert, machte er sich bereits bezahlt. Zumindest im übertragenden Sinne. „Kaufmännisch ist ein Watermaker kaum sinnvoll“, sagt Menzler. Wie viel ein selbst produzierter Kubikmeter Wasser kostet, hat er nie überschlagen. Zusätzlich zum Kauf fallen noch regelmäßige Kosten für Filter- und Membranwechsel an – und allein eine neue Membran kostet um die 250 Euro. Lohnt sich das?