Wie alle Boote sollten auch Klassiker gut versichert sein. Gerade sie sind wegen ihres Alters und Charakters oft unersetzbar. Am besten versichert man ein klassisches Boot mit einer Vollkasko-Versicherung mit Haftpflichtschutz. Nur so erhält man bei Verlust den Wert annähernd zurück.
Eine Haftpflichtversicherung ist nicht wie beim Auto verpflichtend, aber sie ist nicht sehr teuer und schützt im Schadensfall vor unkalkulierbaren Kosten. Die Vollkasko-Versicherung wiederum ist absolut empfehlenswert. Während der Wert eines Klassikers schwer zu schätzen ist, ist der emotionale Wert meist sehr hoch.
Oft kann nach einer Kollision der Originalzustand nicht wieder hergestellt werden. Zum Beispiel wenn man ein 80 Jahre altes naturlackiertes Mahagoni-Holz ersetzen will, das heute gar nicht mehr auf dem Markt ist.
Ein Boot zum Verlieben
Ich habe mir gerade eine fast 100 Jahre alte Holz-Yawl von Abeking & Rasmussen, Typ Frisia zugelegt. Ein echtes Boot zum Verlieben. Mein neuer Klassiker wurde 2008 nach Vollrestaurierung durch einen Bootsbauer und den damaligen Eigner vom Gutachter auf einen Wert von 80.000 Euro taxiert. Zu diesem Wert wurde sie dann auch versichert. Der Voreigner, ein Maschinenbau-Ingenieur, hat viel Eigenleistung eingebracht, die nicht in Belegen aufzurechnen ist.

Auch für das Material gibt es nicht immer Kaufbelege. Wie ist da der Versicherungswert zu ermitteln? Der Gutachter untersucht den Zustand von Rumpf, Deck, Ausrüstung und vergleicht mit ähnlichen Objekten auf dem Markt.
Wir haben dazu Dirk Hilcken, Vertriebs-Koordinator von Pantaenius, einen auf Wassersport spezialisierten Assekuradeur (Versicherungsvermittler mit eigenen individuellen Produkten), befragt. Hilcken ist selbst Klassiker-Liebhaber und bei den Events des Freundeskreises Klassischer Yachten wie der Classic Week, dem frisch umbenannten Klassiker-Rendezvous und The Run dabei.
Was ist alles versichert?
Grundsätzlich sind in einer Vollkasko-Versicherung Schäden an Rumpf, Rigg und Ausrüstung bis zum Totalschaden versichert, wobei dann der Versicherungswert zur Auszahlung kommt. Auch Bergung gehört dazu. Wenn mein Boot Schaden durch Verschulden einer anderen Partei (z.B. bei einer Kollision) erlitten hat, habe ich Anspruch auf gleichwertigen Ersatz durch den Verursacher (bzw. wenn vorhanden seiner Haftpflicht-Versicherung).

Zwei Punkte machen die Regulierung mit der gegnerischen Haftpflicht-Versicherung etwas komplizierter: Was ist gleichwertiger Ersatz? Meist der Zeitwert einer Sache. Bei einem Klassiker ist das aber nicht immer ganz einfach einzuschätzen. Und wenn alle Beteiligten bei der Kollision in Bewegung waren, ist es nicht selbstverständlich, dass ein 100-zu-0-Verschulden vorliegt.
Hat der Kurshalter kein Manöver zur Vermeidung eingeleitet, trifft ihn (oder sie) eine Mitschuld von 20 Prozent. In diesem Fall besteht ein Vorteil für Kunden mit einer Kasko-Versicherung. Man lässt die Kasko-Versicherung den eigenen Schaden regulieren. Sie geht dann in Regress gegen den Verursacher. Die Kasko muss regulieren, wenn so abgeschlossen – vermutlich neu für alt –, und reguliert zu 100 Prozent abzüglich dem Selbstbehalt.
Beim Kauf keine Mängel übersehen
Klassiker-Liebhaber neigen dazu, sich von der Schönheit des Objektes ihrer Begierde blenden zu lassen und dabei Baustellen oder Schäden zu übersehen. Deshalb ist es ratsam, beim Kauf einen kundigen Freund oder Gutachter mitzunehmen, der das Boot mit sachlicher Distanz beurteilen kann. Auch der Pflegezustand der Yacht kann etwas über den Versicherungswert aussagen. Der Versicherer benötigt im Regelfall ein aktuelles Gutachten eines Sachverständigen, um eine vernünftige Basis zu haben, auf der ein Versicherungswert gemeinsam mit dem Eigner festgesetzt werden kann.
Je nach Größe der klassischen Yacht zahlt man für ein solches Gutachten um die 1.000 Euro. Am besten sucht man sich einen Holzbootbauer, der auch als Gutachter vom Deutschen Boots- und Schiffbauer Verband (DBSV) zertifiziert ist und sich mit Holzklassikern auskennt.
Auf der Website des Freundeskreises Klassischer Yachten kann man fündig werden. Eine gute erfahrene Holzbootsbauerin oder ein Holzbootsbauer, die oder der in der Klassiker-Restaurierung tätig ist, hilft oft mehr als ein Gutachter, der vor allem moderne GFK-Boote kennt.

Pantaenius gibt einen Fragebogen heraus, der die vorvertragliche Anzeigepflicht aufnimmt. In diesem sollten Eigner oder Eignerin den Zustand des Bootes realistisch beschreiben und auch die Schwachstellen angeben, statt das Boot über den grünen Klee zu loben. Je genauer die Fragen beantwortet sind, umso weniger Stress gibt es im Schadensfall. Ein gezielter Verstoß gegen die vorvertragliche Anzeigepflicht führt im schlimmsten Fall zur vollständigen Ablehnung des Schadens bzw. einer Auflösung des Vertrags.
Auch das Rigg ist bei einem Segelboot-Klassiker von Bedeutung, denn die Drähte für die Wanten sollten alle 15 Jahre getauscht werden. Rechnungen als Nachweis sind hilfreich. Klassiker sind meistens Einzelbauten. Boote bekannter Werften wie Abeking und Rasmussen werden meist hochwertiger eingestuft als Klassiker von unbekannten Werften, allerdings kommt es hier natürlich auch auf die Einzigartigkeit, die Originalität des Zustandes bezogen auf die ursprüngliche Bauzeit und ein gepflegtes Erscheinungsbild an.
Die unterschiedlichen Bootsbaumaterialien
Stahlschiffe, die älter als 30 Jahre sind, müssen ein Schallgutachten haben. Jedes Stahlschiff erlebt in 30 Jahren Dienst elektrochemische oder chemische Korrosion. Das führt zu einer Abnahme der Materialstärke mit potentiell katastrophalen Folgen für Schiff und Crew. All diese Angaben sind immens wichtig, damit es im Schadensfall nicht zu einer Ablehnung kommt.
Bei Holz muss der Gutachter darauf achten, dass das verbaute Holz in Spanten, Kiel, Vor-und Achtersteven, Decksunterkonstruktion und Deck keine Verrottungs-Erscheinungen zeigt. Sogenannte „Windrisse“ in Balken und Knien stellen im Allgemeinen kein Problem dar, sollten aber begutachtet werden.
Hier dringt gerne Feuchtigkeit ein und führt zu Holzfäule. GFK-Boote sind seit den 60er-Jahren auf dem Markt. Dieser Werkstoff ist sehr dauerhaft und resistent gegen Fäulnis, kann aber durch Osmose geschwächt werden, hierfür gibt es entsprechende Prüfverfahren.
Wie suche ich meinen Versicherer aus?
Nicht immer ist der günstigste Versicherer für Klassiker auch der beste. Natürlich sollten die Vertragsbedingungen und die Ausschlusskriterien genau gelesen werden, bevor man die Versicherung abschließt. Unverständliches sollte man markieren und noch einmal mit dem Versicherungsmakler oder Vertreter besprechen. Gerade bei teuren bzw. gut restaurierten Klassikern sollte besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, wie die Versicherungssumme festgelegt wird.

Handelt es sich um eine feste Taxe, die nicht durch Sonderklauseln im Kleingedruckten in Frage gestellt wird? Der Begründer der Pantaenius Yachtsparte, Harald Baum, hatte die feste Taxe in den 1980er-Jahren eingeführt, sie ist hier wie folgt definiert: „Versicherungswert ist der Neuwert (Wiederbeschaffungswert für gleichartige neue Sachen). Die Höhe dieses Wertes ist als Taxe festgeschrieben auf den Gesamtbetrag der in der Police ausgewiesenen Versicherungssumme.“
Ein vielzitiertes Konzept
Die Frage darf gestellt werden: Wird die feste Taxe ohne zeitliche Einschränkung gewährt? Einige Anbieter werben mit dem vielzitierten Konzept, wenden jedoch nach Ablauf einer bestimmten Frist – in der Regel drei Jahre – Zeitwertabzüge an.
In einer Police ist immer das Fahrtgebiet definiert, meist nach Längen- und Breitengraden. Bei Nord-Europa könnte das z.B. 45°N (Mitte Biskaya, etwa Höhe Bordeaux) bis 63°N (Norwegen nördlich Bergen, Schweden nördlich Sundsvall) und 10°W (Atlantikseite Irland) bis 25° Ost (Helsinki) sein. Fährt man über das vereinbarte Fahrtgebiet hinaus, sollte man vorher mit dem Versicherer sprechen.

Bei kurzfristigen Überschreitungen kann man auf Kulanz hoffen, beispielsweise wenn man einen Nothafen anlaufen muss. Bei bewusster Überschreitung ohne Info an den Versicherer ist die Deckung gefährdet. Wer also nach Spanien, ins Mittelmeer oder in die Karibik möchte, muss eine entsprechende Versicherung abschließen.
Gibt es eine Klausel, wer das Schiff führen darf und welche Befähigungen die Skipperin oder der Skipper nachweisen muss? Handelt es sich um Privatnutzung, für Charterboote oder gewerblich genutzte Schiffe (zahlende Tagesgäste)? Hier gelten unterschiedliche Taxen. Sind Mitsegler mitversichert?
Überführungsfahrten und Transporte an Land sollten genauso versichert sein wie die Liegezeit im Winterlager. Hier entstehen durch Brände oder Sturmschäden die meisten Totalverluste. Wer Regatta-Segeln möchte, sollte auch das mitversichern, denn dabei entstehen schneller Kollisionsschäden.
Was kostet die Versicherung?
Für den Versicherer sind alle Boote gleich und der Sachbearbeiter, der den Schaden regulieren soll, ist an feste Spielregeln gebunden, die er einhalten muss. Dazu gehört auch, im Zweifelsfall einen Schadensfall abzulehnen. Das gilt etwa, wenn grobe Fahrlässigkeit im Spiel war oder der Fall außerhalb des vereinbarten Fahrtgebiets eintrat.

Beim Kauf eines Klassikers kann man sich bei der Wahl des Versicherers bis zu vier Wochen Zeit lassen, um eine neue Versicherung abzuschließen, so lange läuft der Versicherungsschutz der bestehenden Police weiter. Eine bestehende Versicherung können frisch gebackene Bootseigner nicht übernehmen. Bei einem Eignerwechsel werden die Karten grundsätzlich neu gemischt.
Im Schadensfall schickt der Kasko-Versicherer meist einen Gutachter. Der taxiert den Schaden und bespricht die Reparaturkosten mit der Werft. Nach Freigabe durch den Versicherer kann man den Auftrag ohne weitere eigene Kosten ausführen lassen. Es ist aber auch möglich, netto nach Kostenvoranschlag durch die Werft und Freigabe durch den Versicherer abzurechnen. Dann erhält der Versicherungsnehmer die Summe und kann den Schaden ganz oder teilweise selbst beheben.
Für die Versicherung meiner fast 100 Jahre alten Yawl habe ich mir verschiedene Angebote eingeholt. Sie reichten von etwa 350 Euro pro Jahr bei einer Versicherungssumme von 45.000 Euro bis zu 800 Euro pro Jahr bei 80.000 Euro. Um einen entsprechend hohen Versicherungswert festzulegen, ist allerdings ein aktuelles Gutachten notwendig. Die Haftpflicht kostet mich knapp 90 Euro bei einer Deckungssumme von 7,5 Millionen Euro.
Ein mahnendes Beispiel
Hier noch ein Schadensfall, den ich 2014 in der Vorstartphase in der Strander Bucht während der German Classics Wettfahrten beobachten musste. Es waren viele 12m-R-Yachten am Start, unter anderem die frisch restaurierte Kelpie aus England von 1903 und die unter deutscher Flagge segelnde Heti von 1912.

Beide Schiffe wahre Augenweiden. Jedes dieser großen Schiffe hat einen Mann auf dem Bugspriet stehen, der mit dem Skipper kommuniziert. In diesem Fall hatte der Ausguck der Heti nur kurz seinen Posten verlassen, um einem Gast zu helfen. Der Skipper war für einen Moment blind in dem Getümmel bei fünf Beaufort.
Krachend bohrte sich der Bug der Heti …
Und schon war es passiert: Krachend bohrte sich der Bug der Heti auf der Backbordseite der Kelpie auf Höhe des Cockpits in den Rumpf. Bei der Heti brach der Bugspriet, auf Kelpie hatte man ein veritables Loch an der Stelle, wo die Backstagen saßen. Großes Glück, dass der Mast nicht runtergekommen ist, denn der Einschlag erfolgte auf der Luvseite.

Zum Glück hatte keines der Schiffe Wassereinbruch, doch für Kelpie war der Ausflug auf die Ostsee damit zu Ende. Um das Boot und die Crew nicht zu gefährden, gab es einen Rücktransport per Tieflader. Große Enttäuschung, ein Desaster für alle Beteiligten.
Und die Versicherer? Die äußern sich nicht gerne zu bestimmten Schadensfällen und berufen sich auf die Schweigepflicht. Wir gehen davon aus, dass die Schäden korrekt reguliert wurden, es dürften hunderttausende von Euros gewesen sein. Zum Glück war niemand ernsthaft verletzt, doch der seelische Schmerz war groß und die Klassiker-Gemeinde der Ostsee 2014 um eine Attraktion ärmer.
Das Aufmacherfoto ist aus dem wunderschönen Buch von Nico Krauss, Festivals der Klassiker.