Größere Inspektion erst nach fünf Jahren
Um den Ölstand zu prüfen oder eine kurze Inspektion durchzuführen, muss man nicht die gesamte Motorverkleidung abnehmen. Auf Knopfdruck hebt sich ein Deckel über dem Hydraulikzylinder langsam an und gibt den Blick frei auf übersichtlich angeordnete, farblich gekennzeichnete Flüssigkeits-Einfüllstutzen und Peilstäbe. Ordentlich und übersichtlich wie in einem Sicherungskasten daheim.

Von hier aus kann man Getriebeöl und Hydraulikflüssigkeit direkt ablassen und auffüllen, ohne das Boot aus dem Wasser nehmen zu müssen. Die erste Inspektion und der erste Ölwechsel werden nach 200 Betriebsstunden empfohlen. Erst nach fünf Jahren oder tausend Betriebsstunden muss die gesamte Verkleidung für grundlegende Wartungsarbeiten abgenommen werden. Der V12 hat ein lenkbares Getriebe mit zwei gegenläufigen Propellern © Mercury
Sofern Mercury eine gründlichere Inspektion empfiehlt. Die gesamte Hutze wiegt trotz ihrer enormen Größe nur etwa 20 Kilogramm.
Der monolithische Eindruck des Triebwerks wird noch verstärkt, erlebt man den V12 Verado in Betrieb: Er bleibt wie ein standhafter Zinnsoldat in seiner Position, geht auch bei Kursänderungen nicht mit. Das ist auf das lenkbare Getriebegehäuse zurückzuführen. Es ist weltweit das erste seiner Art.
Der am Heck montierte Motor darf deswegen bei allen Manövern stehenbleiben, nur unter der Wasseroberfläche dreht sich das lenkbare Getriebe mit zwei gegenläufigen Propellern. Wir können den Neigungswinkel auf dem Bildschirm steuern, genau wie bei stationären Motoren.
Motor bleibt beharrlich in der Bootsachse
So können die Motoren viel näher beieinander montiert werden, so dass mehr Motoren eingebaut oder größere Badeplattformen angebracht werden können. Das Getriebe vermag in einem 45-Grad-Winkel zu lenken, während vergleichbare Antriebe nur bis zu maximal 30 Grad abknicken können.
Dadurch ist ein Boot mit dem neuen V12-Motor wendiger. Auch die Vorteile des Joysticks, der natürlich zur Peripherie des neuen Motors gehört, lassen sich so besser nutzen. Ich muss zugeben, dass dies für mich der seltsamste Eindruck während des gesamten Tests war, als wir scharf in die Kurve gingen und die Motoren beharrlich in der Achse des Bootes stehen blieben. Gewöhnungsbedürftig war das auch beim Manövrieren auf engem Raum im Yachthafen, wo man sich normalerweise an der Stellung des Bootsmotors orientiert.

Dann geht es endlich hinaus auf die freie Wildbahn. Und wie unsere beiden Zwölfender nun ausgreifen! Die Wellen in der Bucht von Cannes erlauben es zwar nicht, Vollgas zu fahren – doch eine Höchstgeschwindigkeit von 60 Knoten zu erreichen ist ein Klacks.
Mit zwei V12 Verado soll das Boot, so versichert uns der Skipper, 70 Knoten schaffen! Dabei begnügt sich die neue Maschine mit Standard-Sprit zu 87 Oktan. Es ist also nicht notwendig, mit besonderem Brennstoff zu Berge zu gehen. Der Motor ist in vier Farben (Phantom Black sowie Warm, Cold und Pearl Fusion White) erhältlich, die Hülle komplett lackierbar.
Technische Daten Mercury V12 Verado
Hubraum: 7,6 Liter
Maximale Leistung: 600 PS
Maximale Drehzahl: 5.600 bis 6.400 U/min
Lichtmaschine: 150 Ampere
Übersetzung erster Gang: 2.97 zu 1
Übersetzung zweiter Gang: 2.50 zu 1
Kraftstoff: Benzin (87 Oktan)
Gewicht: 572 kg
Umstellung auf elektronischen Gashebel
Zusammen mit der Premiere des V12-Verado-Motors stellte Mercury auch einen neuen elektronischen DTS-Gashebel vor. Der macht die Kontrolle der verschiedenen Systeme des Bootes erheblich leichter. Im Gashebel ist ein kleiner Touchscreen-Monitor eingebaut. Hier können die aktuellen Leistungsdaten des Motors abgelesen werden, individuelle Einstellungen lassen sich in fünf Presets programmieren.
Die werden dann über Tasten an der Seite der Schaltung aktiviert. Das neue DTS gehört zur Serienausstattung des Mercury-V12-Motors. So auch auf dem Testboot, dessen Cockpit mit riesigen Monitoren eher an ein Flugzeug als an ein RIB erinnert.

Neben dem neuen V12 Verado mit 600 PS hat Mercury Marine übrigens auch eine 500-PS-Version dieses Motors unter dem Namen SeaPro vorgestellt, der für den kommerziellen Einsatz optimiert ist.
Die Einführung des 12-Zylinder-V12-Blocks öffnet Mercury Marine die Tür, um noch stärkere Motoren mit noch mehr Leistung zu bauen, möglicherweise auch Rennmotoren wie den Racing 450r. Angeblich ist bereits ein noch größerer Motor mit mindestens 700 PS auf dem geheimen Testgelände Lake X am Toben – doch auf Details dazu müssen wir noch warten.
Warten müssen wir auch auf eine längere Ausfahrt mit den beiden 600-PS-Motoren: Unsere Zeit an Bord ist schon nach ein paar Gasschüben vorbei, nach viel zu kurzem Test müssen wir zurück in den Hafen. Denn dort wartet bereits eine lange Schlange von technikbegeisterten Messebesuchern und potenziellen Käufern auf ihren leisen, sehr schnellen RIB-Ritt.
Welche Bedeutung hat dieser Motor für das Unternehmen? Nach der Präsentation hatten wir Gelegenheit, mit Jeff Becker über die neueste Motorenentwicklung zu sprechen. Er ist bei Mercury Marine für die Außenborder über 150 PS Leistung zuständig.