Alte Boote werden von Marinas skeptisch beäugt – und unter Umständen abgewiesen. Peter Kamenz, Eigner der Ferrozement-Yacht Wild Thyme von 1976, ist das wiederholt im Mittelmeer passiert. Er fühlt sich unfair behandelt. So nachvollziehbar seine Enttäuschung ist, die Marinas haben ersichtliche Gründe für ihre Ablehnung: eine dramatisch anwachsende Zahl an verwaisten Schrottbooten auf ihrem Gelände, mit denen sie alleingelassen werden.
Der Port Napoléon bei Marseille ist einer der Häfen, die der Wild Thyme keinen Trockenliegeplatz anbieten wollten. Emmanuel Juste vom Port Napoléon hat im Interview mit float ausführlich Stellung zu dem Problem bezogen. Klar wird: Die Marinas leiden unter der Situation genauso wie die verantwortungsbewussten Eigner alter Schiffe.
float: Herr Juste, Sie behalten sich vor, nur an ausgewählte Schiffe einen Liegeplatz zu vergeben?
Emmanuel Juste: Ja, so wie es auch alle anderen Marinas handhaben. Es gibt zu viele Bewerber auf zu wenige Plätze. Bei Wasserliegeplätzen werden die Gebühren angehoben – und alte Boote verdrängt. Die Eigner der alten Boote suchen nach günstigen Landliegeplätzen. Wir werden überrannt.
Keine strikte Selektion
Also haben sie eine Grenze bei Baujahr 1990 eingeführt?
So strikt selektieren wir nicht. Wir gucken uns die individuelle Situation an. Die Yacht von Peter Kamenz wurde 1976 in Ferrozement gebaut. Nach unseren Erfahrungen sind das keine guten Merkmale. Ähnliche Schiffe verrotten zuhauf in unserer Marina.
Ist es so dramatisch?
Auf ein verwaistes Boot auf dem Trockenen hat die Hafenbehörde kaum Zugriff. Es kann nicht zu Wasser gelassen oder auf einen Sattelschlepper verladen werden ohne Zustimmung des Eigners. Deshalb stellen rücksichtslose Eigner ihr Schiff auf einem Trockenliegeplatz ab. Sie umgehen Liege- und Abwrackkosten. Sie verschwinden einfach und bürden dem Hafen ihren Schrott auf.
Und dann?
Die Häfen müssen jahrelang mit den Behörden um ein Abwrackrecht kämpfen. Erhalten sie es, bleiben sie auf den Kosten sitzen. Nach so langer Zeit ist kein Eigner mehr dingfest zu machen.
Substanzielle Einbußen
Können Sie Zahlen nennen?
Port Napoléon bietet circa 1.000 Trockenliegeplätze. In den letzten 6 Jahren haben wir 15 Schiffe abgewrackt. Das hat uns 140.000 Euro gekostet. Weitere 45 Schrottboote liegen noch in unserer Marina. Das macht 4,5 Prozent unserer Kapazität aus. Deren Abwrackung belastet uns mit 350.000 Euro bis 400.000 Euro. Dazu kommen die unbezahlten Liegegebühren, die sich über die Jahre auf 800.000 Euro summieren. Das kann an die finanzielle Substanz unserer Firma gehen.
Was unternimmt die französische Regierung?
Grundsätzlich: Sie gewährt uns Vertragsfreiheit. Wir können uns aussuchen, mit wem wir eine Geschäftsverbindung eingehen. Letzten Monat wollte ich bei BMW mein Motorrad von 2008 warten lassen. Sie haben mich vom Hof geschickt, weil sie keine Motorräder älter als fünf Jahre akzeptieren.
Das Problem mit Schrottbooten hat die Regierung seit ein paar Jahren realisiert. Die meisten dieser Boote bestehen aus GFK. Dafür existiert keine Recycling-Infrastruktur. Die alten Rümpfe lassen sich nicht weiterverwenden. Also erließ die Regierung eine Öko-Steuer auf Neuboote, mit der die Entsorgung der Schrottboote (unter französischer Flagge) finanziert werden soll. Wir haben von dieser Steuer bisher nichts mitbekommen.
Aber die Lösung kann nicht sein, dass sich alle neue Motorräder und neue Schiffe kaufen?
Ich bin selbst seit 30 Jahren Segler. Ich kann nur raten, alte Schiffe tiptop in Schuss zu halten. Je besser gepflegt sie sind, desto eher lassen sich Hafenbehörden überzeugen, dass sie es nicht mit einem potenziellen Schrottboot zu tun haben.