Vorsichtig bahnt sich die Noorcat ihren Weg durch den Olympiahafen von Schilksee. Mit seinen 153 Tonnen Gewicht, 23,5 Meter Länge und 9 Meter Breite füllt der Schwimmkran fast das gesamte Becken zwischen den Boxen aus. Zwischen den Pfählen ist nicht viel Platz zum Manövrieren, und der kräftige Ostwind, der Wellen in den Hafen drückt, macht die Arbeit auch nicht leichter.
Doch Anlass zur Pause bietet das ungemütliche Wetter an diesem Donnerstag nicht. Das schwere Gerät wird unermüdlich eingesetzt, um die havarierten Yachten der Jahrhundert-Sturmflut vor einer Woche zu bergen. Und die Zeit drängt: Bis zum Monatsende soll der Hafen von den zahlreichen havarierten Segel- und Motorbooten befreit sein, so eine Vorgabe des Kieler Hafenamts.
Bergungsexperte Kai Haasler leitet die Arbeiten
Die kleinen Boote werden, so weit es geht, mit Hebesäcken wieder an die Oberfläche geholt. Die schweren, komplizierten Fälle fallen in den Arbeitsbereich der Noorcat. In Kooperation mit Pantaenius, Europas größtem Yachtversicherer, haben sich die Bergungsspezialisten vom Marine Claims Service der Sache angenommen, den schweren Kran vom Lübecker Unternehmen Bitunamel-Feldmann gechartert und von Rügen nach Kiel gebracht.
„Um solche Bergungsaktionen hochzufahren, brauchen wir rund 24 Stunden. Nach 48 Stunden hatten wir den Kran hier und können seit vier Tagen damit arbeiten“, erklärt Kai Haasler, Geschäftsführer von MCS und Leiter der Bergungsoperation in Schilksee. Der Bootsbauer und Ingenieur genießt für diese Jobs höchste Reputation. Er wurde auch schon in die Karibik, wie etwa nach Hurrikan Irma, eingeflogen.
In den betroffenen Ostsee-Häfen ist inzwischen ein Großaufgebot an Helfern im Einsatz: „Neben Schilksee haben wir auch in Maasholm und Damp Schwimmkräne. Das sind unsere Schwerpunkte. Insgesamt sind 40 Taucher über die Häfen verteilt“, sagt Haasler. Die Schäden in den Häfen in Großenbrode und Heiligenhafen sind nicht ganz so heftig.
In Schilksee sind inzwischen 20 gesunkene Yachten wieder gehoben worden – vom 6-Meter-Boot bis hin zum 15-Meter-Schiff. Fast die Hälfte ist also geschafft, wenn nicht weitere Überraschungen unter Wasser warten. „Als es das Wetter zuließ, haben wir Drohnenaufnahmen gemacht. Das hat uns sehr geholfen, um die gesunkenen Yachten zu erkennen. Was wir aber nicht sehen konnten, war, dass teilweise Boote übereinander lagen“, berichtet Philipp Mühlenhardt, Geschäftsführer der Sporthafen Kiel GmbH. Sonar-Aufnahmen lassen erahnen, wo noch überall Hindernisse unter Wasser lauern.
Marine bringt sich in die Bergungsarbeiten ein
Eine große Hilfe kam unerwartet am Mittwochnachmittag in Schilksee an. Mühlenhardt: „Plötzlich stand die Marine hier und sagte, dass ihr Kommandeur sie geschickt habe, um zu helfen. Wir haben gefragt: Was könnt ihr?“ Sie können tauchen. Und nun sucht die Marine den Hafen ab, bereitet Bergungsarbeiten an den Havaristen vor und hat angekündigt, solange zu bleiben, wie man sie braucht.
„Die Zusammenarbeit klappt mit allen Beteiligten wirklich hervorragend. Da muss man ein großes Lob aussprechen“, sagt Kai Haasler und lobt auch die Eigner: „Für uns ist diese Situation ja normal. Wir sind Profis. Aber die Eigner sind oft traumatisiert. Da hängen viele Emotionen an den Booten. Aber die meisten ziehen gut mit, hören auf die Vorschläge und setzen um, was man ihnen sagt.“