Auf dem ungeplanten Kurs wegen des gebrochenen Fußes von Aki Müller-Deiles nach Bluff Harbour in Neuseeland erreichte die Peter von Danzig mit 230 Seemeilen ihr bestes Etmal.
Die Hosen voll
Warum bist du eigentlich hier? Was machst du hier eigentlich? Fragen, die aufkommen, wenn es ununterbrochen stürmt, die Tage grau, die Nächte finster sind. Mitten im „Frühsommer“ auf der Südhalbkugel. „Wie mag es erst im Winter sein?“, fragt sich Jürgen Meyer und gibt wie einige der Mannschaft zu, „dass sie ab und zu Angstgefühle haben“. Und das zu recht. Vor allem auch, als sie von den „Opfern“, die die Regatta auf den anderen Schiffen fordern, erfahren.
Volker Mackeprang hat unter Deck nie Angst gehabt. Oben hat er gern und lange gesteuert und sich wohl so abgelenkt. Lange hat er über die Frage nachgedacht, ob er Angst gehabt habe … und dann, ob er vielleicht Angst hätte haben sollen.

Max Heinemann gibt heute noch zu, dass er „die Hosen gestrichen voll“ hatte, als im Indischen Ozean ein Tief nach dem anderen durchzieht. Und – als Bootsmann – vorn unter Deck beim Schraubensortieren ist ihm dann eingefallen, „dass ich ja eigentlich gar nicht mitsegeln wollte“.
Besonders kontraproduktiv sind Gedanken an zu Hause, wo man geborgen, sicher und warm oder bei den „heißen Silvesterparties in Deutschland“ ist, während an Bord alles nass – „Tropfsteinhöhle Peter von Danzig“ – und kalt ist oder man ob der Anstrengung bei den nötigen Arbeiten schwitzt und deshalb alles auch am Körper feucht ist.
Wale und Wein
„Mancher hat auf seiner Reis‘ ausgestanden Müh und Schweiß und Not und Pein …“, heißt es in einem alten Volkslied. Das ist die Weltumrundung der Peter-Crew aber beileibe nicht nur gewesen. Dazu hat es neben den ganzen Anstrengungen auf dieser knapp achtmonatigen Abwesenheit von zu Hause zu viele schöne, beeindruckende Momente gegeben.
Beispielsweise die Sichtung des ersten Albatrosses. „Aus der Nähe betrachtet haben sie einen unendlich dämlichen Gesichtsausdruck“, findet Friedrich-Karl Heinemann. „Aber auch unterhaltsam, wie elegant sie fliegen und segeln.“ Dann Wale, die vorbeiziehen, oder Delfin-Schulen, die die Yawl begleiten. Aber auch auf dem Weg nach Rio, als sie von einer „Herde von vielleicht dreißig zwei mal sechs Meter langen Grindwalen verfolgt werden“.

Natürlich werden die Äquatortaufen ausgiebig gefeiert, dann die Geburtstage und andere Höhepunkte der Reise. Dabei wird auch schon mal ein hinter dem Besanmast festgelaschtes 30-Liter-Weinfass gelenzt.
Bier und Damen längsseits
Am 1. Februar 1974 umrundet die Peter von Danzig bei recht freundlichem Wetter in circa fünf Seemeilen Abstand Kap Hoorn. „Sir“ Thomas Weber erinnert sich: „Wir wurden mit Musik vom Bordlautsprecher eines in der Nähe stationierten englischen Eisforschungsschiffes, der Endurance, empfangen und ein kurzes Stück Wegs begleitet. Es hatte wohl den Auftrag, mit so vielen der teilnehmenden Regattayachten wie möglich kurz Sichtkontakt zu haben.“ Mit einer Bordparty und einem Dinner beginnt ab hier der letzte große Abschnitt der Reise.
Ein einziges Fest ist auch der Aufenthalt in Rio. Gerade rechtzeitig erreicht, um den Höhepunkt der Carneval-Saison mitzuerleben. „Aki kommt mit Motorboot, Bier und Damen längsseits“, verrät Jan-Pieter Jamaer in seinen Erinnerungen. Anschließend stürzt man sich ins Getümmel, tanzt auf allen Straßen, allen Plätzen. Max erhält hier seinen Beinamen „Sambamaus“.
Zwei Monate später müssen die Azoren mit Ziel Santa Cruz angelaufen werden, da die Vorräte und das Wasser knapp werden. Es wird gebunkert und ein wenig das Hinterland erkundet. Rüdiger Steinbeck, neu an Bord auf dem letzten Abschnitt, hat einen Kassettenrekorder mitgebracht und legt … Samba auf. „Wir holen uns aus Pantrybeständen Töpfe, Deckel, Löffel und Siebe hervor und erinnern uns mit unserem ‚Orchester‘ binnen kurzem wieder an Rio.“
Irrlichternde Nächte
Friedrich-Karl Heinemann erinnert sich nach flauen Tagen, als es weiter geht in „rauschender Fahrt in wunderbarer Euphorie“ bei klarsichtiger Nacht und geisterhafter Helle des Mondlichts, „die auf dem ruhigen schwarzen Meer eine gleißende Straße erzeugt“.
Sein Bruder Max hält in seinem Tagebuch fest: „Die Peter von Danzig erreicht Höchstgeschwindigkeit. (…) Es ist prächtiges Segeln. Nachts herrscht bei stockfinsterem Himmel ein außerordentlich starkes Meeresleuchten. (…) Einige Kabellängen weit ist das Aufleuchten der Wellenkämme wie das Aufblitzen von Neonlampen zu sehen.“
Auch ein Elmsfeuer überrascht den Wachhabenden in einer Nacht. Es ist diese seltene Lichterscheinung, die durch elektrische Entladungen bei Gewittern hervorgerufen wird und in einer Nacht mit seinem typischen Sirrgeräusch im Rigg nach oben steigt.