Es ist eine Katastrophe mit Ansage. Mit Zöllen auf US-amerikanische Produkte wie Whiskey, Jeans, Motorräder und Erdnussbutter hat die Europäische Gemeinschaft im Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten zurückgeschlagen. Neben Lebensmitteln, Kleidung und Motorrädern sind auch Stahlerzeugnisse, Schiffe und Boote von der neuen Regelung betroffen.
Die Vergeltungszölle sind in der letzten Nacht in Kraft getreten. Sie sind die europäische Reaktion auf die von US-Präsident Trump angeordneten Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium. Bis zuletzt hatten Branchenvertreter wie Thom Dammrich vor den Auswirkungen des Handelsstreits auf die US-amerikanische Bootsindustrie gewarnt. Der Präsident des US-Branchenverbands National Marine Manufacturers Association (NMMA) hatte der US-Regierung bereits Mitte Mai in einem Statement gegenüber der Wirtschafts-Website cnbc.com Verantwortungslosigkeit vorgeworfen.
Die von Trump vertretene Handelspolitik America First setze die Hersteller ans Ende, so Dammrich. Die US-Marineindustrie, nach Angaben des Branchenchefs ein „Motor der amerikanischen Wirtschaft“, sei „alarmiert und enttäuscht“ angesichts der neuen, von Trump initiierten Importzölle auf Aluminium. In der US-Sportbootindustrie sind nach Angaben des NMMA rund 650.000 Angestellte in 35.000 Unternehmen beschäftigt. Mehr als 600 Bootsmarken stammen aus den USA. Der Jahresumsatz an Booten, Marineprodukten und Dienstleistungen beträgt nach Aussage von Dammrich insgesamt 37 Milliarden US-Dollar.

Der Binnenmarkt als Nestschutz
Zwar haben die USA den mit Abstand größten Binnenmarkt für die Freizeitschifffahrt weltweit. Mit fast 12 Millionen registrierten Booten in den Vereinigten Staaten gibt es keinen Zweifel, dass Bootfahren ein beliebter amerikanischer Zeitvertreib ist. Die Umsatzprognosen der zurzeit florierenden Bootsindustrie werden durch das Inkrafttreten der EU-Zölle nun gefährdet, wenn der Exportmarkt wegbricht.
Weit härter dürfte es die Importeure und Händler US-amerikanischer Bootsmarken treffen, wenn diese nicht – wie beispielsweise Sea Ray – zwar in den USA entwickeln lassen, aber in Europa fertigen. Wie der Branchendienst IBI News am 12. Juni berichtete, sollen europäische Händler wegen der Unsicherheit über den eskalierenden Handelsstreit bereits Bestellungen von US-Booten storniert haben.
Die Planungen der EU-Kommission gehen jedoch weiter. In einem zweiten Schritt geht es demnach um US-Importe im Wert von weiteren 3,6 Milliarden Euro. Die Vergeltungszölle sind so konzipiert, dass sie in etwa den Schaden ausgleichen würden, der der EU durch die US-Zölle entstehen dürfte. Doch Donald Trump hat heute bereits angekündigt, weitere Zölle auf Autos aus Europa erheben zu wollen. Die neue Zahl: 20 Prozent.
Boote werden zum Bumerang
Auch für die USA könnten sich die Zölle rasch zum Bumerang für die Bootsindustrie entwickeln, und zwar bei Motoren und Antriebssystemen – ein Marktsegment, in dem die US-Amerikaner traditionell stark sind. Nicole Vasilaros, beim Branchenverband NMMA als Senior Vice President eigentlich für den guten Kontakt zur Regierung zuständig, warnte den Handelsbeauftragten, der für die internationale Handelspolitik der Vereinigten Staaten zuständig ist: „Produkte wie Jetantriebe, Verbrennungsmotoren, Propeller und Einspritzpumpen entscheidende Komponenten für Freizeitboote. Wenn man diese einem Zollsatz von 25 % unterwirft, werden nicht chinesische Unternehmen bestraft, sondern amerikanische Unternehmen, die diese wichtigen Komponenten importieren – und amerikanische Verbraucher, die mehr für Endprodukte bezahlen.“