Geplant war die Übergabe ursprünglich Mitte März. Aus März wurde April, dann Anfang Mai, dann Ende des Monats. Kummer, der seine Professur auf eine 50-Prozent-Stelle reduziert hat, um mehr Zeit zum Segeln zu haben, geriet unter Zeitdruck. Wegen der Verzögerung muss er mindestens zwei Mal die „Soffio“ für mehrere Tage verlassen, um Seminare zu halten.
Seit Tagen ist die „Soffio“ auslaufbereit im Tiefdruckgebiet
Das Ruder übernimmt dann Jens Brambusch (der Autor dieses Artikels), unterstützt von wechselnden Crews. Der erste Crewwechsel war in Malaga geplant. Kummer wollte dort an Land gehen und auf Mallorca wieder zusteigen. Das gleiche Spiel sollte auf Sardinien und Sizilien stattfinden.
Seit Tagen liegt die „Soffio“ auslaufbereit in Les Sables d’Olonne. Ein kräftiges Tiefdruckgebiet über dem Atlantik macht die erste Passage über die Biskaya nach Lissabon aber nahezu unmöglich. Die Wellen türmen sich im Mittel auf vier bis fünf Meter Höhe an.
Der Samstag war ursprünglich als Abreise geplant, jetzt wird es wohl Dienstag oder sogar Mittwoch. Jeden Tag stecken die Überführungsskipper der Yachten ihre Köpfe zusammen, vergleichen Wettermodelle, berechnen Routen und verschieben die Abfahrt erneut.
Kummer und Crew nutzen die Zeit, um die „Soffio“ fit für die Reise zu machen. Wie viele der Charterboote wird auch die Lagoon erst am Zielhafen ausgestattet. Das heißt: Das Boot ist zwar segelfertig, aber ansonsten nackt. Kein Teller, kein Besteck, kein Werk- oder Bettzeug ist an Bord, schon gar keine Sicherheitsausrüstung, kein zusätzliches Tauwerk.
Kummer hat 690 Kilogramm Ausrüstung dabei
Sebastian Kummer hat in Unna das notwendige Equipment über Monate zusammengestellt. Bis hin zu Gennaker und Spinnaker hat er besorgt, dazu ein Dinghi samt Außenborder, Radarreflektor, Literatur, Kochtöpfe und und und. Dutzende Kisten mit Ausrüstung hat er bestückt und schließlich auf fünf Europaletten nach Frankreich transportieren lassen – insgesamt 690 Kilogramm.
Nach zwei Tagen Arbeit ist alles verstaut und der Katamaran abgenommen. Zunächst haben Sebastian und Crew das Boot überprüft: Wanten und Stage, Dichtungen und Luken, Motoren und Segel. Die Elektronik wurde getestet. Anschlüsse und Navigation überprüft und eingestellt, der Rumpf untersucht.
Größere Mängel sind nicht erkennbar. Es könnte also losgehen. Noch aber heult der Wind in den Wanten und peitschen Regenböen über das Deck. Kummer nimmt es gelassen. Er lächelt die Sorgen einfach weg.
Boris Herrmanns Antlitz am anderen Ende der Marina
So wie ein bekanntes Gesicht, das am Ende des Hafens von einer großen Wand zur „Soffio“ hinüberschaut. Es ist das Antlitz des bekanntesten deutschen Weltumseglers Boris Herrmann, das neben den Portraits der anderen Vendée-Globe-Veteranen an der Marina verewigt wurde.

Mit stoischer Gelassenheit hatte sich Herrmann bei der härtesten Regatta der Welt in die Herzen der Zuschauer gesegelt – und beinahe das Rennen gewonnen.
Wäre er nicht kurz vor dem Ziel mit einem Fischerboot kollidiert. Kurz vor Les Sables d’Olonne. Boris Herrmanns Gelassenheit ist der Kummer-Crew ein Vorbild. Auf das Fischerboot können sie aber gerne verzichten. direkt zum Video
Jens Brambusch ist Autor des Buchs „Mit Kummer ohne Sorgen“. Er schreibt regelmäßig für float und ist Verfasser dieses Textes. Die Reise der „Soffio“ ist auch auf dem YouTube-Kanal Sailing Dilly-Dally zu verfolgen. Fortsetzung folgt.