„Ich wusste, dass sie nicht ewig lebt, aber es fällt mir schwer, die Seite eines so wichtigen Kapitels in meinem Leben zuzuschlagen“, schreibt Guirec Soudee auf seiner Facebook-Seite. Neun Jahre wurde Monique, das berühmteste Huhn auf See, alt. An Bord seiner Yacht „Yvinec“ erlebten sie gemeinsam die größten Abenteuer.
Unvergesslich die Zeit, die Monique mit dem französichen Extremsegler 130 Tage im Polarwinter in Grönland überwinterte. Ohne sie wäre der Bretone in der ewigen Dunkelheit der Polarnacht verrückt geworden, sagt er. Sie legte ihm nicht nur fleißig Eier auf See, sondern mehrte auch seinen Ruhm maßgeblich. Auf float war es eine der ersten skurrilen Geschichten, die Stephan Boden schrieb.

Die Geschichte begann 2014. Sein Boot nannte Guirec „Yvinec“ nach seiner Heimat, eben jener Halbinsel, wo er schon früh auf dem Wasser unterwegs war – erst beim Fischen, dann beim Windsurfen. Er sagt von sich selbst, dass in seinen Adern Meerwasser fließe. Und so stach er mit einem rostigen Segelboot und wenig Ahnung in See – Richtung Karibik.
Der Mensch ist nicht gerne alleine
Soudée wollte nicht alleine unterwegs sein. Auf den Kanaren lernte er die sechs Monate alte Monique kennen und nahm sie mit. Sie gewöhnte sich schnell an das Geschaukel auf dem Atlantik und den Mann an ihrer Seite. Zusammen wurden sie ein mediales Dreamteam. Soudée veröffentlichte großartige und wundersame Bilder mit Monique auf See, im Schnee und im Packeis. „Mir, der ich im Packeis nicht fischen konnte“, schreibt der segelnde Hühnerfreund liebevoll, „hast Du jeden Tag ein Ei gelegt, als ob Du wüsstest, dass unser Leben davon abhing.“
„Du hattest die Gabe, mich zum Lachen zu bringen, wenn wir uns darum stritten, fliegende Fische zu fangen. Wenn Du bei jeder Krängung des Bootes abrutschtest, wenn du versuchtest, zu mir zu schwimmen. Du hast mich zu Tode erschreckt, und ich habe mehrmals gedacht, ich würde dich verlieren.“
Monique wurde zum sozialen Türöffner bei jedem Zwischenstopp. In Saqqaq bei den Inuit hatte noch nie jemand ein lebendes Huhn gesehen. In Kanada ging er für seine Freundin ins Gefängnis, und er verzichtete auf Tahiti, weil sie dort wegen der Vogelgrippe niemand haben wollte.

Nur Monique verstand den Offshore-Segler
„Ich war der Kränkere von beiden, aber das weißt nur Du“, gesteht er. „Jedes Mal, wenn ich aus Wut, Freude oder Traurigkeit zusammengebrochen bin, hast Du mich verstanden.“ Monique wusste, wann sie sich klein machen musste. Wenn ihr langweilig war, tobte sie sich auf der Tastatur seines Computers aus. „Und, ja, manchmal hätte ich dich gerne auf dem Herd gebraten“, gibt er zu. „Aber du weißt genau, dass ich das nie getan hätte.“
Und er erinnert sich an schwere Stunden: „Kap Hoorn, das Kentern im Südpolarmeer, wochenlanges Segeln im Sturm und in eisiger Kälte. Wir hätten alles für einen Bungalow in Polynesien gegeben.“
Und dann, fünf Jahre später, kehrten sie zurück auf die Insel in der Bretagne, wo Guirec Soudée aufgewachsen war. Am Anfang musste Monique im Haus schlafen und wich ihm nicht von der Seite. Doch bald fand sie andere gefiederte Freundinnen kratzte in der Erde, im Sand und den Algen.
Das Huhn wird grau
Guirec ging andere Wege. Er begann zu rudern und überquerte den Atlantik. Monique konnte nicht mit und musste zu Hause bleiben. Als Soudée sich auf einer Imoca auf die Vendée Globe vorzubereiten begann, hatte Monique schon graues Gefieder.
Für ein Huhn ist sie besonders alt geworden. Den meisten Berichten zufolge werden Haushühner nur etwa 5 bis 7 Jahre alt. Das Haushuhn gilt als das häufigste Haustier des Menschen, der durchschnittliche tägliche Weltbestand wird auf mehr als 20 Milliarden Tiere geschätzt. Auf jeden Menschen kommen drei Hühner.
Monique hatte es zusammen mit Guirec sogar ins Kino geschafft. Und in die Literatur. Im Malik Verlag erschien von Guirec Soudée Seefahrt mit Huhn als 304 Seiten starkes Buch.

„Ich werde dich nie vergessen, meine kleine Momo. Danke für alles ❤️“, endet der Post auf Guirec Soudées Seite. Auch wir sagen Danke für die schönen Geschichten, Monique. Es war uns eine Freude!