Cingene schnaubt empört. Ihre müden Augen schauen mich vorwurfsvoll an, als wolle sie sagen: „Echt jetzt? Schon wieder eine Wende?“ Dann rappelt sich die Hundedame im besten Alter auf, drängelt sich im Mittelcockpit hinter meinem Rücken vorbei auf die Leeseite des Bootes und lässt ihren kleinen Kopf auf das rote Kissen fallen. Dann fallen die Augen auch schon wieder zu. Seeluft macht eben müde. Von Aufregung keine Spur. Ganz anders als bei uns.

Der Wind hat die 25-Knoten-Marke locker geknackt, als er jenseits der „Fünf Kaps“ an der türkischen Südküste kurz vor dem 12 Kilometer langen Sandstrand Patara plötzlich auf Osten dreht. Dabei ist mäßiger Westwind angesagt. Jetzt steht er genau gegenan. Die Moody 425 stapft mit Vollzeug hoch am Wind durch das aufgewühlte Meer.
Bestes Unwetter-Wetter – und die Tiere?
Es ist das erste Mal nach acht Tagen, dass wir unsere Schwimmwesten anlegen. Die hohe Wolkenfront, die sich wie aus dem Nichts am Horizont aufgebaut hat, wirkt bedrohlich. Vier Tage lang war das Thermometer auf 40 Grad geklettert. Bestes Unwetter-Wetter also.
Das Knattern der Winsch in der Wende, das Schlagen der Genua, als wir sie reffen müssen, die dumpfen Schläge der Wellen an den Rumpf – das alles stört die kleine „Zigeunerin“ (auf Türkisch: Cingene) nicht, wie Arzum, ihr Frauchen, den Hund taufte, nachdem sie sie vor mehr als zehn Jahren von der Straße rettete.

Oğluş, der grummelige Siamkater, hat sich unter Deck verzogen. Er ist mehr der Typ Motorbootfahrer. Kaum rattert bei Flaute der Diesel im Maschinenraum, kommt er an Deck. Schönwettersegeln ist auch noch okay für ihn, dann rekelt er sich irgendwo am Mast, ausgestreckt auf seine vollen 70 Zentimeter Körperlänge. Aber kaum werden die Wellen höher, dann zieht er sich zurück, sucht Schutz unter der V-Koje. Cleverer Bursche! Genau in der Bootsmitte ist die Schräglage kaum zu spüren.

Segeln mit Hund und Katze – ist das eine gute Idee? Oder haben Haustiere an Bord generell nichts verloren? Die Geschichte von Tieren an Bord ist so alt ist wie die Seefahrt selbst. Die Meinungen gehen stark auseinander. Wie immer gibt es gute Argumente – dafür und dagegen. Und wie immer gibt es keine allgemein gültige Antwort. Einige Tiere lieben das Bordleben, andere hassen es. Genauso wie es bei Menschen der Fall ist.
Die lange Tradition des Haustiers an Bord
Hunde und Katzen in der Seefahrt haben eine lange Tradition. Bereits im 13. Jahrhundert erließ der schottische König Alexander II. ein Dekret, nachdem ein gestrandetes Schiff solange im Besitz seines Eigentümers blieb, wie es noch Überlebende gab. Das galt natürlich für Menschen, aber auch für Hunde und Katzen.
Der Bordhund oder die Schiffskatze sicherte somit die Besitzrechte – und erlebte einen Boom. Auch sind Verträge aus dem Mittelalter überliefert, die besagen, dass Schiffseigner für durch Ratten beschädigte Waren haften mussten, wenn keine Schiffskatze an Bord war. Und selbst bei der Marine von Österreich-Ungarn hatten Schiffskatzen ein eigenes Budget. Aber nirgendwo waren Bordhund und Schiffskatze so populär wie bei der britischen Royal Navy.

Bordhund Judy, ein Pointer, rettete 1941 einigen Männern der gesunkenen „HMS Grasshopper“ das Leben, nachdem das Schiff von den Japanern versenkt wurde. Gestrandet auf einer einsamen Insel, gelang es Judy, Trinkwasser zu finden. Doch das Glück währte nur kurz. Die Briten mitsamt Judy gerieten in Sumatra in Kriegsgefangenschaft. Damit ist Judy der einzige Hund, der jemals offiziell als Kriegsgefangener registriert wurde.