Es raubte ihm den Schlaf! Er hatte die Decksschlinge schon gebaut, als ihm die dunkle Verfärbung und der Essig-Geruch auffielen. Er hatte das Phänomen bei der weißen Eiche aus Oregon schon einmal gesehen – bei Werkzeugstielen, die er gerade für einen Freund gebaut hatte. Sie brachen wie morsches Holz. Also baute Leo das teure Stück lieber neu als später immer ein mulmiges Gefühl zu haben. Es war zum Glück das einzige Teil der gesamten Deckskonstruktion. Selbst nach intensiven Recherchen im Internet konnte er diese Holzkrankheit nicht identifizieren. Vielleicht wisst ihr die Antwort?
Wie wir schon in der letzten Folge sehen konnten, durchlaufen die Eichenbalken für die Deckskonstruktion viele Arbeitsschritte, bevor sie sauber mit Schwalbenschwanz-Zinken zusammengefügte Decksbalken werden. In dieser Reihenfolge: Anreißen auf dem Holzplatz, grob ausschneiden mit der großen Kreissäge, sauber schneiden auf der schwenkbaren Schiffssäge. Dann abrichten, auf Dicke hobeln, mit dem Elektro-Handhobel putzen und schließlich glatt und sauber schleifen. Kein Wunder, dass ein einzelner Balken einige hundert Dollar wert ist.
Das Schleifen ist der Job des Künstlers und Schiffszimmerer-Lehrlings Pat. Ihm vertraut Leo den Original-Deckslukenrahmen an. Vollgeschmiert mit vielen Lagen alter Farbe und durchbohrt von vielen Nägeln und Bolzen zeigt es nach Pats intensiver Bearbeitung seine Grundsubstanz: Allerfeinstes altes Teakholz, dem 110 Jahre Bewitterung nichts anhaben konnte. Ein schönes Stück der Original-Tally-Ho, exponiert mitten auf dem Deck. Da freut sich Leo.
Bodenwrangen, der innere Zusammenhalt
Die Decksstruktur ist schon fast fertig. Pete ist für Leo eine echte Stütze, auch wenn er nicht gerne vor der Kamera spricht. „Was ich hier mache? Das sieht man doch!“ sagt er. Währenddessen kriechen Leo und Pat in den Bauch der Tally Ho, und sie bereiten die Schablonen der Bodenwrangen (der „Floors“) vor. Diese verbinden den Kiel mit den Spanten.
Damit die Innenseiten der Spanten schön glatt sind, muss vorher natürlich ordentlich geschliffen werden. Jetzt kann Pat endlich kreativ sein: Aus dünnem Sperrholz, Viertelstab-Klötzchen, Leim und Karosseriespachtel baut er die Schablonen, und zum Finish muss er wieder gut schleifen.
Leo steht vor einem Haufen verrosteter Stahlstücke, den alten Bodenwrangen. Er erklärt, dass für ihn trotz des hohen Preises nur Guss-Bronze als Material in Frage kommt. Dafür sind die Modelle. Die eingeleimten Viertelstab-Klötzchen bilden die Aussparungen für die Speigatten. Durch diese läuft nachher das Wasser an den tiefsten Punkt der Bilge, von wo es abgepumpt werden kann.
Wunderbare Isolation
Cecca ölt den Kiel mit Bootssuppe – das ist gekochtes Leinöl mit Terpentin und Pinienteer. Papagei Pancho freundet sich mit Petes altem Kumpel Backtrack an. Der Labrador-Mischling hält von seinem Plätzchen am Kopf der Leiter das Team unter Kontrolle. Insgesamt machen sie alle einen zufriedenen und fröhlichen Eindruck in ihrer „splendid isolation“. Wahrscheinlich gucken sie nicht jeden Tag Corona-News.
Wir haben uns in der letzten Folge gefragt, ob das liebevoll zusammengefügte Deck mit all den sauberen Zinken und Zapfen wieder zerlegt wird? Ja, es wird. Die Balken bekommen alle von unten eine Phase im Sichtbereich verpasst. Die Verbindungen werden geprimert und danach mit Dichtmasse wieder zusammengefügt und verschraubt. Und dann können endlich die Querstreben rausgenommen werden, und das Ganze lässt sich von unten betrachten.
Den Adleraugen unter unseren Zuschauern und Lesern wird nicht entgangen sein, dass der vordere Decksausschnitt nach Steuerbord aus der Mitte versetzt ist. Das ist keine Unachtsamkeit, sondern hat seinen Grund. Welchen genau, das erfahren wir im nächsten Video.
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