Tally Hos Neu-Aufbau schreitet mächtig voran. Der Rumpf der ursprünglich 1909 gebauten klassischen Kutteryacht von Albert Strange, die Leo Sampson und sein Team seit Jahren wieder komplett neu aufbauen, hat am Ende dieser Episode einen fest angeschraubten Ballastkiel und eine Maschine, die zumindest auf ihren Fundamenten ruht. Als nächstes müssen Schraubenwelle und Getriebe installiert und – natürlich – das Deck geschlossen werden.
Richard und die Schanzkleidstützen
Die Stützen haben sie schon vor ein paar Wochen gebaut. Nachdem die Decksplanken gelegt sind, werden sie von Richard vormontiert, damit die Leibhölzer bzw. der Schandeckel rundherum angepasst werden können. Mit stoischer Ruhe richtet der Bootsbau-Rentner eine Stütze nach der anderen aus und schraubt sie „trocken“ mit Heftschrauben fest, bis ein Palisaden-Zaun rund um das frisch gelegte Deck aufgebaut ist. Die endgültige Montage mit langen Bronzeschrauben folgt erst, wenn alles gut zusammenpasst.


Ein Herz aus Stahl
Viel hat Leo uns über seinen Motor berichtet: warum er gerade diesen in Japan gebauten und in England modifizierten Antrieb gewählt hat, mit dem er über zwei Extra-Keilriemen zwei Generatoren antreiben kann, die wiederum über Elektromotoren die Welle antreiben.
So kann Leo das schwere Schiff im Hafen emissionslos rein elektrisch manövrieren. Jetzt kommt der Motor endlich in den Rumpf. Obwohl Tally Ho eigentlich ein reines Segelschiff ist, mutet der Motor doch ein bisschen wie das rote Herz an, das ihm immer Leben verleiht, auch wenn der Wind einmal nicht bläst.
Über einen langen „Stachel“-Aufsatz für den Gabelstapler wird das gute Stück an Deck gehievt. Dort lassen Pete und Patrick ihn durch die Luke im Cockpitboden an einem Kettenzug auf die Motorfundamente ab. Die Holzlager für das Getriebe müssen noch angepasst werden – eine Arbeit, die ohne den Motor an seinem Platz fast unmöglich ist.
Später wird er einfach angehoben, um die Fundamente und den Rumpf unter dem Aggregat mit weißer ölbeständiger Bilgenfarbe zu streichen. Leo wird auch noch ein Wartungsluk zum leichteren Motor-Zugang von seiner Eignerkammer schneiden.
Ein kleines Vermögen in Aluminiumbronze
Ein Follower fragte mal, ob denn der frisch gegossene Ballastkiel nur durch die Bitumenmasse am Rumpf kleben bleibt – natürlich reicht das nicht. Um dem 8 Tonnen schweren Bleiteil den nötigen Verbund zu geben, werden 18 Stück 1 ¼ Zoll (32 mm) starke und bis zu 4 Fuß (1,30 m) lange Kielbolzen durch den Kiel aus Purple Heart und den Bleiballast getrieben und mit dicken Scheiben und Muttern fest verschraubt.
Die Bolzen sind aus Aluminium-Bronze wie fast alle Schrauben, Bolzen und Zugbänder auf Tally Ho. Sie alleine sind schon ein kleines Vermögen wert – für uns einfache Bootseigner eine Riesen-Investition, für Leo dank seiner Unterstützer und dem Geld, das er durch die Videos einnimmt, erschwinglich. Die Bolzen und Muttern hat Leo von seinem Freund Pete Langley von der Port Townsend Foundry anfertigen lassen.
In früheren Videos hat er selbst Gewinde geschnitten, aber durch das enge Netz von Spezialbetrieben in Port Townsend und den finanziellen Background kann er jetzt auch einige Arbeiten weggeben. Die eingesparte Zeit kann er gut mit anderen Jobs verbringen.
Zeal und Pat, die Bohr- und Bolzenmeister
Doch vorher müssen große, gerade Löcher durch dicke Bretter und das Blei gebohrt werden. Scharf muss der Schneckenbohrer sein und er darf keine Holzgewindespitze haben, denn sonst würde er sich festfressen. Vor allem muss der Bohrer lang sein. Hier zeigt Zeal, dass er nicht nur Holzbootsbau-Künstler ist, sondern auch mit Metall sehr gut umgehen kann. Kurzerhand schweißt er eine Verlängerung an.
Nun stehen Pat und Zeal zu zweit an der extra starken Bohrmaschine, die sie mit langen Hebeln halten, und bohren lotrecht durch Holz und Blei. Zum Kühlen des Bohrers dient ihnen Leinöl.
Und siehe da, die Bohrspitze kommt genau mittig unten raus. Gut gebohrt, Pat und Zeal!
Loch für Loch
Sie bohren Loch für Loch und schlagen gleich die Bolzen ein. Auf das Gewinde kommt eine Opfer-Hutmutter, die die abwechselnden Schläge der Langhämmer aushalten und das Gewinde schützen soll. Eine der Opfer-Hutmuttern gibt auf und wird flugs durch eine noch stärkere ersetzt. Für die letzten Schläge zum Versenken benutzen sie als Verlängerung einen alten Kielbolzen, so geht ein Teil des „Spirits“ der alten Tally Ho auf die komplett neu gebaute über.
Vorher werden von unten mit einer speziell gefertigten Schneide, die an einem Bohrer-Schaft von der Dicke des Loches angebracht wird, Vertiefungen rund um das Bolzenloch geschnitten, in die Scheibe und Mutter versenkt werden. Das Einschlagen der Bolzen und das Festschrauben von unten sind anstrengende Arbeiten. Aber die Stimmung bleibt immer gut, Pat macht Witze über seinen Sommer-Haarschnitt.