Die Story stammt aus prä-feministischen Zeiten. Das nimmt ihr aber nichts von ihrer Tragik. Sie geht frei nach Ödipus so: Ein Sohn muss sich mit seinem Vater messen. Erst wenn er ihn überwindet, wird er zum Mann. Tätärä. Dieses Tätärä verpasst Pat Lawless leider.
Der irische Fischer war beim Golden Globe Race 2022 angetreten, um die Einhand-Weltumseglung seines Vaters in den 1970ern zu übertreffen. Pat wollte nicht nur einhand um die Welt, sondern nonstop und ohne Hilfe von außen. Er hätte auf den Schultern seines Vaters gestanden, nicht in seinem Schatten.

Aber bei der Ankunft in Kapstadt musste Pat seinen offiziellen Rückzug vom Golden Globe Race 2022 bekannt geben. Das Material ist schuld. Seine Selbststeueranlage funktionierte nach einem Bruch nicht mehr. Er könnte sie reparieren und in der Chichester-Klasse das Rennen außer Konkurrenz fortsetzen. Aber außer Konkurrenz, das reizt den Green Rebel nicht, der sich vorher auf einem aussichtsreichen vierten Platz positioniert hatte. Von Kapstadt wird er nach Irland zurücksegeln.
Sisyphus dankt ab
Auch zurückgetreten ist Damien Guillou. Er hat genug vom Sisyphus-Dasein. Gleich nach dem Start in Les Sables d’Olonne musste er wegen einer Reparatur in den Hafen zurückkehren. Schlappe Nummer eins. Seine Aufholjagd startete er mit sechs Tagen Verspätung. Er hatte sich sensationell in die vorderen Ränge vorgeackert, als ihm bei Trindade das Gestänge seiner Selbststeueranlage brach. Schlappe Nummer zwei.

Nach einer Reparatur auf hoher See ging er als Fünfter durch das Photo Gate in Kapstadt und sprintete im südlichen Ozean auf den dritten Platz hinter Simon Curwen und Tapio Lehtinen. Und wieder bricht ihm eine Halterung der Ruderanlage. Schlappe Nummer drei. Damien Guillou lässt sich von nichts und niemandem einschüchtern – außer vom Schicksal. „Wenn dir dreimal solch ein Unglück widerfährt, erkenne dein Schicksal und fordere es nicht heraus“, erklärt er zerknirscht seinen Rücktritt.
Aus heiterem Himmel …
Es gibt sie wirklich, die Katastrophen aus heiterem Himmel. Tapio Lehtinen war vom Schicksal kein einziges Mal vorgewarnt worden.
Auch Tage nach seiner Rettung kann er sich nicht erklären, warum seine Yacht ohne jegliche Vorankündigung gesunken ist. Glücklicherweise konnte er von Kirsten Neuschäfer aus seiner Rettungsinsel geborgen werden. In einem Brief meldet er sich von dem Frachter Darya Gayatri, der ihn in etwa einem Monat in China absetzen wird.

Er schreibt: „Wie die Asteria bei herrlichstem Sommerwetter innerhalb von fünf Minuten bis auf Deckshöhe überflutet werden und zwanzig Minuten später sinken konnte, entzieht sich weiterhin meiner Vorstellung.“ Aber Resilienz schreibt der Finne groß. Nie hat er an der Rettung unter Don McIntyres Koordinierung gezweifelt. Und sein Blick geht nicht hinab in die Tiefen zu seinem Asteria-Wrack, sondern nach vorne zur Galiana, einer Swan 55, mit der er nächsten Herbst beim Ocean Globe Race antreten wird.
Poseidon oder Hydrovane
Wer oder besser was hat Tapio Lehtinen ins Unglück und seine Asteria auf den Meeresgrund gerissen? Spekulationen gibt es verschiedene. Aber niemand wird zur Asteria hinabtauchen wie zu den Nord-Stream-2-Röhren.

Die im Schatten
Im Southern Ozean auf dem Weg nach Hobart auf Tasmanien kämpfen Simon Curwen, Kirsten Neuschäfer, Abhilash Tomy, Michael Guggenberger und Elliott Smith mit dem wankelmütigen Wetter, das sich nicht zu einem verlässlichen Hoch verdichten will. Die im Schatten, die das Photo Gate noch vor sich haben, sieht man nicht. Aber die Letzten werden die Ersten sein! Namentlich: Ian Herbert-Jones, Jeremy Bagshaw, Ertan Beskardes, Guy Waites und Arnaud Gaist.
Zehn einsame Segler durchpflügen ein gleichgültiges Element, nur umgeben von Sturmvögeln und Albatrossen.

Aber selbst in dieser Isolation sind sie sich sehr wohl bewusst, dass kein Mensch eine Insel ist, wie der empathische Tweet von Abhilash Tomy zeigt: „We are 8000000000 humans on earth today“.