Bereits vor dem Start betonte Ari Huusela, sich keinen Stress machen zu wollen: Ankommen ist das Ziel. An feste Zeitpläne muss er sich als Berufspilot schon im Rest seines Lebens halten. Heute Morgen, am Freitag den 5. März, ist er um 7:35 UTC nach 116 Tagen in Les Sables d’Olonne als 25. und Letzter von 33 gestarteten Seglern angekommen. Er schließt damit die Vendée Globe 2020.
Wenn es jemandem gelingt, eine Rennyachtkajüte wie eine Rumpelbude aussehen zu lassen, dann Ari Huusela. Der erste Finne, der an einer Vendée Globe teilnimmt, ließ dieses historische Ereignis gemütlich mit 116 Tagen Segelzeit angehen. Damit steht der 58-jährige in bester finnischer Tradition. Auch beim Golden Globe Race vor zwei Jahren war es mit Tapio Lehtinen ein Finne, der die Weltumseglung als Letzter beendete.
Ari lümmelte lieber in langer Unterhose zu finnischen Frauengesängen an Bord seiner „Stark“ und richtete sich darauf ein, als Letzter bei der Vendée Globe 2020 die Kerze auszupusten. Sollte sich das Wetter vor Les Sables d’Olonne gar zu unfreundlich zeigen, wird er eben eine Extrarunde drehen, war sein Motto.

Von der Weizenregatta zur Vendée Globe
Ihre Wettkampf-Qualitäten haben die Finnen in früheren Generationen zur Genüge bewiesen. Patriotischen Ehrgeiz muss man als finnischer Segler nicht mehr aufbringen. Bis Mitte des letzten Jahrhunderts haben die finnischen Windjammer-Crews zuverlässig die informelle Weizenregatta vom Pazifik ums Kap Hoorn nach Europa gewonnen. Die Mastspitzen der Pamir, der Passat und der Herzogin Cecilie erheben sich hinter Aris IMOCA „Stark“.
Heutige Vorzeigesegler wie Ari Huusela oder sein guter Freund Tapio Lehtinen machen ihrem Land eher durch Charakter als durch Pokale alle Ehre. Wir haben uns mit Tapio über finnische Segler im Allgemeinen und über Ari Huusela im Speziellen unterhalten.
Als Erstes stellt der 63-jährige ehemalige Kommodore der Helsingfors Segelsällskap klar: „Bei der Weizenregatta gewannen zwar die Finnen – aber auf Schiffen, die in Deutschland gebaut worden waren, wie die Herzogin Cecilie aus Bremerhaven.“

Ist Langmut typisch finnisch?
Tapio Lehtinen scheint mit ähnlichem Langmut gesegnet zu sein wie Ari. Der Ingenieur und Profisegler nahm am Golden Globe Race 2018 teil und kam als Letzter der fünf verbleibenden Teilnehmer durchs Ziel. Dafür war er der Einzige, der die Strecke so gut wie komplett unter Segeln bewältigt hat (weil seine Maschine gleich zu Beginn ihren Geist aufgab). Beim kommenden Golden Globe Race und bei der Wiederauflage des Whitbread-Rennens als Ocean Race wird Tapio wieder antreten.

Er ist enthusiastisch: „Der Initiator Don McIntyre hat eine Zeitmaschine erfunden. Er bringt die goldenen Zeiten der Ozeanregatten zurück.“ Aris gemütlichen Stil führt Tapio auf dessen professionelle Grundeinstellung zurück: „Als Berufspilot geht Ari die Sicherheit über alles, deshalb segelt er bedächtig und konservativ. Außerdem war es zu teuer, eine Versicherung für seine IMOCA abzuschließen. Mit einem unversicherten Privatboot geht man nicht auf Risiko …“
Alex und Ari, zwei ungleiche Freunde
Bei den Vorbereitungen für die Vendée Globe konnte Tapio nur eine geringe Hilfe für Ari sein. Tapio konzentriert sich aufs Oldschool-Segeln mit Booten, die locker ein halbes Jahrhundert hinter sich haben. „Ich gehöre zur alten Schule“, bestätigt er, „mit meiner Sechs-Meter-Yacht „May Be IV“ segle ich ohne Maschine und ohne Elektronik in der Ostsee. Weniger ist mehr, es bedeutet pures Segeln. Ich liebe die Sechs-Meter-Yachten von Olin Stephens, sie schwimmen mit den Wellen, nicht gegen sie.“
Ari Huusela stand mit seiner IMOCA von 2007 vor ganz anderen Herausforderungen. Bei Problemen mit einem Hydrogenerator ist Tapio der falsche Ansprechpartner. Aris britischer Freund Alex Thomson, Skipper der IMOCA Hugo Boss, konnte ihn viel gezielter auf das Segeln in den südlichen Breiten unter modernen Bedingungen vorbereiten.