Irgendwann schaffen auch wir es, unser Anliegen vorzutragen.

Wir bekommen einen Ausdruck und die Krankenkassenkarte wird kopiert. „Gang runter, zweite Tür links,“ verstehen wir. Mit unseren sechs Griechisch-Stunden vom Winter können wir nicht ansatzweise entziffern, was auf dem Ausdruck geschrieben steht. Wir biegen bei der zweiten Tür links ein, hier müssen wir richtig sein: Überall hängen Schaubilder von Schwangeren an den Wänden, Frauen jeden Alters sitzen vor einer Tür. Nur Männer sind keine da.
Nach einer halben Stunde empfängt uns ein riesiger, sehr freundlicher Herr Gynäkologiko. Bei der Ultraschall-Untersuchung haben wir einige Minuten Herzklopfen, dann beruhigt er uns: „I have a heartbeat!“ Puh, dieses kleine Ding in mir lebt! Tränen laufen uns über die Wangen. Der Arzt erklärt, ich solle mit dem kalten Wasser auf den Kykladen beim Schwimmen und Duschen aufpassen und auch beim Essen vorsichtig sein und drückt mir die schwarz-weiß Bilder von unserem Baby in die Hand.

Kurz darauf entlässt er uns ohne das wir einen Cent bezahlen müssen, mit den besten Wünsche für die Zukunft und empfiehlt uns ein Mikrobiologiko für die ersten großen Tests. Das Labor liegt auf dem Weg, ein weiteres Mal wird Blut abgezapft. Eine Urinprobe später verlassen wir das Labor. Alle Tests, wie sie in Deutschland üblich sind, gibt es auch in Griechenland. Wir sind beruhigt und lassen uns die englische Version des deutschen Mutterpasses ausdrucken. Ab nun wird alles dort eingetragen. Das können wir später in Deutschland übertragen lassen.
Byebye Pläne
Den Peloponnes lassen wir aus, mein Traum vom Schwimmen mit den Schildkröten in Monemvasia platzt, denn wir haben etwas Besseres vor: Nackentranzparenzmessung. Wir haben eine deutsch sprechende Gynäkologin in Athen ausfindig gemacht, die uns ihre Spezialistin für Pränataldiagnostik in Athen empfiehlt. Bis dahin haben wir fast einen Monat Zeit.
Bald setzt der Meltemi ein. Über Iraklia und die kleinen Kykladen geht es, in einem der Schwangerschaft und dem Wetter angepassten Tempo, über Sifnos, Milos, Serifos, Kythnos und Kea wieder zurück ans griechische Festland. Wir erkunden und segeln in unserem Tempo, so wie es gerade passt. Wenn es geht, stehe ich am Steuer, doch die meiste Zeit segelt Matthias Elmo einhand während ich schlafe oder lesend in der Vorschiffskabine liege.
In der Marina Zea ist es unerträglich heiß, der Meltemi ist hier nicht zu spüren und die Temperaturen klettern über 40 Grad. Die Luft steht und lässt sich schneiden! Ich liege mit vier USB-Ventilatoren und nassen Küchentüchern auf meinem Körper im Vorschiff.
Die Stadt ist der absolute Kontrast zu den kleinen, doch sehr spärlich besiedelten Inseln. Im riesigen Supermarkt kommen mir die Gerüche der Frischetheke augenblicklich hoch, ich nehme meine Beine unter die Arme und renne zu den abgepackten Produkten, bevor noch ein Dilemma passiert.

Für die Nackentranzparenzmessung haben wir doch tatsächlich einen Termin bekommen. Wir sitzen pünktlich, irgendwo in der Nähe der Akropolis und der amerikanischen Botschaft, in einem der riesigen Wohn- und Geschäftsblöcke Athens im Wartezimmer der Pränataldiagnostikerin. Diese wird uns eine Stunde später sagen, dass wir zu früh hier sind.
Das Kleine ist noch 3 mm zu klein für die Untersuchung. Und da hüpft es, unser Kind, auf dem riesigen Bildschirm, vor uns und wir können den Moment und unsere Gefühle nicht in Worte fassen! In einer Woche sollen wir noch mal wiederkommen, bezahlen können wir auch das nächste Mal, denn heute ist ja nichts passiert – sagt man uns.

Finde eine Hebamme auf See
Wir wollen nicht im Kochtopf Athen bleiben. Wir wollen lieber durch den Kanal von Korinth fahren, nach Galaxidi. Von dort aus mieten wir ein Auto und fahren durch die phantastische Landschaft zurück nach Athen zu unserem zweiten Termin.
Wir haben einen kleinen blinden Passagier an Bord!
Nach der Untersuchung und total scharfen, riesigen schwarz-weiß Bildern und Bildern in Farbe und 3D, stehen wir breit grinsend vor der Praxis in Athen, das gesamte Parnass-Gebirge ist uns vom Herzen gefallen bei der Nachricht, dass das kleine Würmchen gesund ist.
Das Baby hat uns zugewunken und endlich können wir dem Rest unserer Freunde und der weiteren Familie sagen: „Wir haben einen kleinen blinden Passagier an Bord!“ Die Rückfahrt von Athen, mit Sonnenuntergang über Galaxidi, ist fantastisch.

Wenn man noch gar nicht so richtig weiß, wo genau man ab Oktober leben wird, ist es schwierig, eine Hebamme zu finden. Mir scheint es, als würden werdende Mütter sich schon um Hebammen kümmern, bevor die Befruchtung überhaupt stattgefunden hat.
Dann klingelt plötzlich mein Handy und Kristina, eine Seglerin, die mit ihrem australischen Freund auf der Yottie lebt, schreibt, sie hätte mitbekommen, dass wir ein Kind erwarten. Sie ist Hebamme und wir haben für die nächsten Wochen zufällig eine ähnliche Route. Wenn ich irgendwelche Fragen hätte, solle ich Bescheid geben. Kurz keimt der Gedanke einer Verlängerung unserer Auszeit und einer Bordgeburt mit Seglerhebamme auf – und wird wieder verworfen.

Je weiter wir Richtung Ionische Inseln kommen, desto besser wird es mit den Schwangerschaftsbeschwerden und irgendwann bleibt nur noch die Abneigung gegen direkte Sonneneinstrahlung und die abartige Hitze, bei der wir uns fühlen wie Gockel am Spieß im Brathähnchenwagen.