Mitte April platzt die Bombe: Bavaria Yachtbau, einst die größte Werft für Segel- und Motoryachten in Deutschland, geht in die Insolvenz. Der Chef muss gehen, von einem riesigen Schuldenberg und falscher Orientierung Richtung Luxusyachten ist die Rede. Die Finanzinvestoren Anchorage und Oaktree hatten kurz zuvor die Reißleine gezogen. Seitdem versucht Interims-Chef Dr. Tobias Brinkmann, über eine Insolvenz in Eigenverwaltung einen Käufer für die Werft zu finden.
Genau vier Monate nach Ankündigung der Insolvenz kann der erfahrene Sanierer noch keinen neuen Eigner präsentieren. Verhandlungen und Gespräche laufen noch, und es gebe auch Interessenten, die das Unternehmen ernsthaft erwerben und weiterführen wollten. „Es liegen Angebote für den Kauf von Bavaria vor“, sagt Brinkmann heute im Gespräch mit der float-Redaktion. „Wir hoffen, in den nächsten Wochen eine Entscheidung über den Verkauf bekanntgeben zu können.“
Kurzarbeit trotz gutem Auftragsbuch
Damit liegt Brinkmann nicht ganz im Zeitplan. Um den Betrieb weiterhin für einen Käufer attraktiv zu halten, produziert die Werft jetzt erst einmal weiter – ohne einen neuen Eigner. „Wir planen, im September etwa 24 Motor- und Segelyachten in Giebelstadt fertigzustellen“, so Brinkmann. Die Zahlen liegen weit unter der Kapazität des Betriebs mit rund 600 Mitarbeitern. Im Mai lieferte Bavaria rund 30 Boote in zwei Wochen aus. Seit Juli werden die Arbeitnehmer aus der Insolvenzmasse bezahlt, zurzeit herrscht Kurzarbeit am Hauptsitz der Werft.
Nach seinen Angaben gibt es Kaufbekundungen „in deutlich dreistelliger Zahl“ für neue Segelyachten und Motorboote von Bavaria. Dem möglichen Käufer der Werft so ein volles Orderbuch zu präsentieren, sollte eigentlich den Verkauf erleichtern. Bisher kann Brinkmann aber keinen Nachfolger für die Hedgefonds präsentieren, die Bavaria im April als eigenes Investment aufgegeben haben.
Prominente Interessenten
„Wir hatten eine ganze Reihe interessanter und prominenter Kaufinteressenten aus der Branche.“ kommentiert der CEO Spekulationen über mögliche Kaufinteressenten. Einem Medienbericht zufolge hat sich eine Bietergruppe um die Greifswalder Hanseyachts AG, den deutschen Maritim-Filialisten A. W. Niemeyer und den Reisemobile-Hersteller Hymer für die Übernahme von Bavaria interessiert.
Florian Nierich, bei der Hanseyachts AG zuständig für Marketing und Kommunikation, kommentiert dies gegenüber float: „Natürlich haben wir uns Bavaria angesehen. Wir haben uns das Businessmodell angeschaut und überlegt, ob das für uns sinnvoll ist. Das macht jedes vernünftige Unternehmen. Wir haben ziemlich schnell erkannt, dass Bavaria nicht in unser Konzept passt. Ich kann nicht bestätigen, dass wir mit A. W. Niemeyer in Verhandlungen über eine Bietergemeinschaft waren.“
Neuplanung für Frankreich und Kroatien
Die französische Tochter Bavaria Catamarans ist von der Insolvenz nicht betroffen. Der erst vor kurzem erworbene Hersteller der Nautitech-Mehrrumpfboote steht auch zum Verkauf. Ob als Teil eines Gesamtpakets oder separat, ließ Brinkmann offen. Dass die beiden Bootsriesen C65 und R65 weiterhin in Kroatien gebaut werden, steht in den Sternen. Dazu Tobias Brinkmann: „Derzeit prüfen wir, ob diese Modelle zukünftig auch in Giebelstadt gebaut werden können.“
Auf den Herbstmessen will Bavaria vertreten sein. Dazu gehört die in Kürze beginnende Leitmesse, das Cannes Yachting Festival in Südfrankreich. „Aus unserer Sicht bieten die Herbstmessen im September eine gute Gelegenheit für den Bavaria-Erwerber, den Neustart auch öffentlich bekanntzugeben.“
Neue Strategie steht noch aus
Noch im Januar hatte der fränkische Hersteller auf der boot Düsseldorf fast mit seiner Bavaria World eine komplette Halle belegt. In den Monaten vor der Insolvenz wurde noch eine Produktoffensive im Segment größerer Segelyachten unternommen, um den Umsatz im Luxussegment anzukurbeln. Mit dieser Strategie war Bavaria schon einmal – direkt nach der teuren, mit Krediten finanzierten Übernahme durch Hedgefonds 2008 – baden gegangen. Wer auch immer Bavaria kauft: Die strategische Neuorientierung steht noch aus.
Über den aktuellen Stand bei Bavaria Yachtbau sprach float heute mit dem Geschäftsführer Dr. Tobias Brinkmann. Hier das komplette Interview.
Liegen Ihnen, Stand heute, für den Kauf der Bavaria-Werft ein oder mehrere verbindliche Angebote vor?
Ja, das ist der Fall. Es liegen Angebote für den Kauf von Bavaria vor.
Wie ist die zeitliche Planung für die Bekanntgabe der Entscheidung über die Zukunft von Bavaria?
Wir hoffen, in den nächsten Wochen eine Entscheidung über den Verkauf bekanntgeben zu können.
Können Sie Medienberichte bestätigen, dass der Gläubigerausschuss eine Frist gesetzt hat für den Eingang verbindlicher Angebote bis 15. August 2018? Und dass Bavaria anderenfalls in die Verwertung gehe?
Über die interne Arbeit des Gläubigerausschusses kann ich öffentlich keine Auskunft geben. Aber: Wir haben nun den 15. August hinter uns gelassen, und ich kann sagen, dass die Produktion bei Bavaria weiterläuft und sowohl im August als auch im September Schiffe gebaut werden.
Mit welcher Produktion plant Bavaria im September?
Wir planen, im September etwa 24 Motor- und Segelyachten in Giebelstadt fertigzustellen. Das geht quer durch die Modellpalette.
Wie kann ein künftiges Orderbuch ab Herbst 2018 aussehen?
Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten gemeinsam mit unseren Kunden und Händlern intensiv an einem Orderbuch für 2018 und 2019 gearbeitet. Wir haben eine deutlich dreistellige Zahl an Order-Indikationen eingesammelt, die der Erwerber der Werft unmittelbar zu Aufträgen machen kann.
Stichwort Nautitech: Wie ist der Plan und was der aktuelle Stand für die Katamaran-Firmentochter in Frankreich? Werden Betrieb und Marke auch separat angeboten?
Der Betrieb von Bavaria Catamarans in Rochefort läuft unverändert weiter. Diese Tochtergesellschaft ist nicht insolvent, sondern wird normal fortgesetzt. Wir bieten auch diesen Betrieb zum Verkauf an, und wir sehen uns jede Art von Gebot an.
Was geschieht mit dem Produktionsstandort in Kroatien, wo das bisherige Flaggschiff, die Bavaria C65, und die Motoryacht R55 gebaut werden?
Bavaria unterhält in Kroatien keinen eigenen Produktionsstandort, sondern fertigte dort die Schiffe gemeinsam mit einem Partner vor Ort. Derzeit prüfen wir, ob diese Modelle zukünftig auch in Giebelstadt gebaut werden können.
Auf welchen Herbst-Bootsmessen wird die Marke Bavaria zu sehen sein?
Aus unserer Sicht bieten die Herbstmessen im September eine gute Gelegenheit für den Bavaria-Erwerber, den Neustart auch öffentlich bekanntzugeben. Deshalb planen wir die Teilnahme an mehreren Messen im September. Auch auf dem Cannes Yachting Festival werden wir präsent sein.
Wie geht es für die Arbeitnehmer weiter? Wir hörten, für September ist noch Kurzarbeit beantragt.
Wir nehmen im September Kurzarbeit in Anspruch. Das ist aufgrund der nur teilweisen Auslastung erforderlich.
Schätzen Sie als Insolvenzverwalter, wie in Medienberichten zu lesen, Angebote von 25 bis 30 Millionen Euro für Bavaria als ausreichend ein?
Der Kaufpreis für Bavaria wird durch die Preiseinschätzung der Kaufinteressenten bestimmt. Ich rechne damit, dass dieser Kaufpreis ganz erheblich unter dem Preis liegen wird, der von den Altgesellschaftern 2007 erzielt worden ist.