„Laaaangweilig“ – so beginnt die nicht ganz ernst gemeinte Pressemitteilung zur diesjährigen Deutschen Meisterschaft im Strandsegeln in St. Peter Ording. Der Scherz bezieht sich auf den Schleswiger Segelmacher Sven Kraja, der seit Jahren in der Klasse 5 alles abräumt, was es am Strand zu gewinnen gibt.
Auch dieses Jahr war es wieder so: In vier von fünf Klassen gelang es keinem der Vorjahressieger, seinen Titel zu verteidigen. Doch in Krajas Klasse geht es den Mitstreitern meistens darum, nicht von ihm überrundet zu werden. In der Szene nimmt man das mit Humor, denn auch in der Nachberichterstattung zur Deutschen Meisterschaft wurde wieder gescherzt – und Kraja ein „einsamer Mann“ genannt. Und natürlich wurde er wieder Deutscher Meister in Klasse 5.
Strandsegeln gehört zu meinem Beruf.
Wie Bayern München, nur ohne Budget
So schwer das für Norddeutsche auch zu lesen sein mag: Krajas Erfolge erinnern irgendwie an Bayern München. Nur ohne Budget. In der Deutschen Meisterschaft liegt er immer vorn, 2012 holte er sogar den Weltpokal und im vergangenen Jahr war er der einzige deutsche Teilnehmer der EM, der eine Einzelmedaille nach Hause fuhr. Eigentlich sind die Konkurrenten, vor allem die französischen Halbprofis, kaum zu schlagen.

Für Kraja ist Strandsegeln kein reines Hobby: „Ich würde behaupten, dass es zu meinem Beruf gehört. Ich entwickele die Segel ständig weiter. Wenn ich bei den Meisterschaften nicht vorn liege, dann verkaufe ich auch keine Segel. Insofern ist das auch eine Marketing-Plattform für mich, und abends nach der Regatta treffe ich meine Kunden beim Bier.“
Ich betreibe Strandsegeln, seit ich 13 bin.
Rund 600 Strandsegel hat Kraja geschnitten
Seit seinem beruflichen Start als Segelmacher hat er rund 600 Strandsegel gebaut. Mittlerweile bestellen auch die Franzosen ihre Segel bei ihm in der Segelmacherei Frog Sails. Der Firmenname ist auf allen Events präsent. Nicht nur wegen der vielen Segel, auch wegen des umgebauten ehemaligen Linienbusses des Fotografen Kai-Uwe Eilts, der ihm als Basis und vielen als Treffpunkt während der Regatten dient. Bis zu zwölf Strandyachten unterschiedlicher Klassen reisen mit dem Bus zu den Rennen. 2014 tourte der alte Bus sogar in die USA zur Weltmeisterschaft.

„Weil ich schneller bin.“
Auf die Frage, warum er immer alles gewinnt, lacht er zunächst und antwortet sparsam Norddeutsch: „Weil ich schneller bin.“ Okay, dann eben die Frage, warum er schneller ist: „Es ist eine Kombination aus allem. Ich betreibe Strandsegeln, seit ich 13 bin. Dazu baue und entwickle ich seit 30 Jahren Modellflugzeuge, bin also tief in dem Thema Aerodynamik drin. Viel tiefer, als man das als Segelmacher eigentlich sein muss. Auch wenn Landyachten nur eine Schot zum trimmen haben, kann man damit viel anstellen und viel erreichen.“ sagt Sven Kraja.
Landyachten segeln am schnellsten
„Ein paar Zentimeter dichtholen oder fieren können den entscheidenden Unterschied machen. Auch die Sitzposition – flach oder eher aufrecht – ist oft entscheidend. Halte mal bei 100 km/h die Hand raus, dann merkst Du den Unterschied. In der Summe macht mich das dann wahrscheinlich schneller.“
Die Strandyachten erreichen in den letzten Jahren immer höhere Geschwindigkeiten, und so fahren sie eigentlich immer hoch am Wind. Schon ab drei Beaufort muss oft Ballast in die kleinen Kisten gelegt werden. „Meine Klasse-5-Yacht ist 12 Jahre alt. Aber ich arbeite ständig dran, sie zu modifizieren und zu verbessern. Da habe ich als Handwerker natürlich auch Vorteile.“
Im September 2017 fand die Europameisterschaft in Irland und England statt. 2018 kommt dann das Highlight: Die Weltmeisterschaft in Deutschland beim Yacht Club St. Peter Ording (YCSPO) . Kraja freut sich auf beide Events. Seine Überlegenheit bedeutet aber nicht unbedingt Heimvorteil: „Eigentlich müsste ich mehr gegen schnellere Gegner auf Augenhöhe fahren, um besser trainieren zu können.“
