Für 2021 erwarten nicht nur die beiden großen Hersteller von Segelyachten und Motorbooten in Deutschland sehr gute Zahlen beim Auftragseingang und der geplanten Zahl gebauter Boote, so wie es die CEOs von Hanse Yachts und Bavaria Yachts im Interview berichten. Auch den „Kleinen“ geht es gut. Neben der Hanse-Gruppe und Bavaria profitiert vom augenblicklichen Bootsboom rund ein halbes Dutzend Werftbetriebe, die in Deutschland in nennenswerter Zahl Motorboote und Segelboote in Serie produzieren.
Wachsen als Werft im Corona-Hotspot
Die Hellwig Bootsmanufaktur in Erkelenz produziert im äußersten Westen Deutschlands rund 100 trailerbare Sportboote pro Jahr. Mehr als 20.000 Boote sind hier seit 1948 entstanden. Im Betrieb von Michael Hammermeister liegt das Auftragsvolumen „40 Prozent über 2019“.
Durch seit gut einem Jahr geltende Abstandsregeln, versetzte Pausenzeiten und Soforttests konnte er den Betrieb im Kreis Heinsberg, einem der ersten deutschen Corona-Hotspots, aufrechterhalten. Seine Belegschaft ist im vergangenen Jahr um fast 25 Prozent gewachsen.
Eine Herausforderung für ihn ist allerdings die Verfügbarkeit von Bootsbaumaterialien. So seien Einbaumotoren eines wichtigen Herstellers ausverkauft für 2021, und bei Polyesterharz gebe es Preisaufschläge von 50 Prozent. Die aktuellen Probleme bei den Lieferketten schlagen also auf die mittelständischen Bootsbauer in Deutschland durch.
Das letzte Jahr nutzte Hammermeister für ein komplettes Facelift der Hellwig-Bootslinie und die Entwicklung des neuen Modells Hellwig Vido V 790 Open. Für die Zukunft erwartet der Manufaktur-Chef „überdurchschnittlichen Umsatz“, sobald die Lieferketten funktionieren. „Aber“, so fügt er hinzu, „das gilt wahrscheinlich mehr für kleinere Unternehmen wie uns.“
Zwei-Marken-Strategie mit Individualisierung

Unter den Markennamen B1 Yachts und Aqualine Boote lässt Frank Schaper nahe Berlin rund 100 Boote pro Jahr aus der Manufaktur-Halle rollen – vor allem für den deutschen Markt. Die Auftragslage selbst ist sehr gut: Durch die eigenen Vororder-Aktivitäten sei man „sehr gut aufgestellt“. Schon jetzt gebe es Aufträge für 2022.
Gleichzeitig werden die Bootsmodelle weiterentwickelt. Zwar erweist sich die Teilebeschaffung und Bearbeitung der Aufträge pandemiebedingt „als Herausforderung, was wir aber sehr gut meistern“, so Schaper.

Komplett ausverkauft für 2021

Mit den Abstands- und Hygieneregeln, vier neuen Luftfiltern, Maskenpflicht und einem neuen Raum für Bootsübergaben werden alle Anforderungen erfüllt, auch im Bootshandel Corona-konform zu sein.

Für potentielle Käufer von Booten der Eigenmarken von Europe Marine heißt es, bis zum Ende des Sommers geduldig zu sein. Eine „große Auswahl an 2022er-Modellen“ von Auster und Viper Powerboats ist „ab September bei uns verfügbar“ – also erst zum Ende der diesjährigen Bootssaison.
Gute Konjunktur auch für Segel-Kleinserien
Deutlich niedrigere Zahlen an Neubauten gibt es bei kleineren Herstellern von Segelbooten, so wie den Serien des Deckssalonyacht-Herstellers Sirius, der DDR-Schöpfung Ixylon und der Klassiker Biga, die junge Bente und die noch jüngere Varianta 18.

Ein Problem auch für Kleinproduzenten sind brechende Lieferketten. Zanon Nautic aus Schluchsee im Schwarzwald startete 2020 mit der Produktion des Kleinkreuzers Varianta 18, der 2021 ursprünglich von Hanse Yachts eingeführt worden war. Es ist das dritte Leben der Varianta. „Einige Lieferanten und Hersteller hatten 2020 teilweise extrem lange Lieferzeiten, was wir gegenüber den Kunden klar kommuniziert haben“, so Simon Zanon, der das Unternehmen gemeinsam mit seiner Schwester Eva Zanon führt.
Das Verständnis dafür war groß, auch wenn Lieferungen erst in der Nachsaison erfolgen konnten. „Inzwischen hat sich die Situation aus unserer Sicht in vielen Bereichen verbessert.“ Aufgrund der Anfragen der letzten Monate rechnet er mit „anhaltend guten Geschäften“ und erwartet ein deutliches Wachstum bis 2022. Dennoch gelte, so Geschäftsführer Simon Zanon: „Wir handeln deutlich vorsichtiger als unter normalen Umständen.“
Bente vermisst Messe als Vertriebsplattform

Die Marke Bente, die eine neue Heimat beim süddeutschen Marina-Betreiber Ultramarin gefunden hat, leidet unter der Absage zahlreicher Veranstaltungen. „Der Wegfall von Messen wirkt sich negativ aufs Vertriebsnetz aus“, so Christian Daum.
Auch gebe es Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Produktionskette. Daum bestätigt Lieferengpässe und Preiserhöhungen. Bei Rohstoffpreisen seien diese „zum Teil massiver Natur“. Für dieses und kommendes Jahr ist man bei Bente dennoch „grundsätzlich positiv gestimmt“. Denn die Gesamtlage könne durch die ergriffenen Maßnahmen nur besser werden.