Endlose Ozeanweiten, Großsegler in schwerer See, aber auch penibel dargestellte Schiffsportraits, Landschaften am Meer aufregende Regattaszenen und Skulpturen maritimer Objekte – das alles macht maritime Kunst aus. Klassische Marinemaler, aber auch freie Künstler, Designer, Fotografen und Objektkünstler befassen sich künstlerisch mit dem Meer. Unser Autor Michael Krieg hat einige von ihnen näher kennengelernt.
Glas hat eine Seele, die muss man fangen
„Anzug weg, Krawatte weg, Blaumann an, keine Gewerkschaft mehr, gar nichts…“ erinnert sich Leif Sköld und lacht. „Und dann habe ich dort angefangen.“ Gemeint ist Skölds Start, ganz privat, bei der 1898 gegründeten Glashütte Orrefors im Herzen des südschwedischen Glasreichs, einem der weltweit führenden Glashersteller.
Er hat lange auf diesen Augenblick warten müssen. Mehr als 40 Jahre war der gebürtige Schwede als Manager in großen Unternehmen beschäftigt. Seitdem er im Ruhestand ist, arbeitet er mit Glas – dem Werkstoff, der ihn immer fasziniert hat. In der Nähe seines schwedischen Feriendomizils gibt es eine Menge Glashütten, die Betriebe hier hat er häufig besucht, dort Seminare belegt und sich nach der Ausbildung in der Orrefors-Glashütte aufs Arbeiten mit Glas und Schmieden verlegt – in seiner Doppelgarage zu Hause in Deutschland.
„Man darf bei Glas nie neugierig sein.“
Sköld kaufte einen Ofen, um Glas und Keramik zu brennen, dazu Schleifmaschinen zum Bearbeiten der ersten Glasobjekte. Die Menge an Ausschuss war zunächst groß. Inzwischen habe er den Dreh raus, wie er versichert. Allenfalls fünf Prozent müssen, weil sie zerspringen oder Fehler aufweisen, wieder eingeschmolzen werden. „Der Lernprozess dauert einige Jahre. Man darf nie neugierig sein. Man muss warten können, bis das Objekt noch etwa 30 Grad warm ist. Erst dann darf man es angucken. Neugierde wird bestraft! Dann zersplittert es sofort.“

Die Motive seiner Glas- und Schmiedewerke findet der ehemalige Segler und heutige Motorbootfahrer am Wasser. „Für mich als Schwede ist Wasser eine Passion“, sagt Sköld. Früher war er mit dem Segelboot in Schwedens Schärengewässern unterwegs, und so wuchs in ihm das Bedürfnis, diese Segelromantik in seinen Skulpturen zu zeigen. Heute mietet er sich Motorboote und ist mit ihnen in den Kanälen von England, Wales, Schweden und Frankreich unterwegs. Das Ferienhaus in Schweden liegt selbstverständlich ebenfalls am Wasser.
Glas hat eine Seele, die muss man fangen. Glas ist eigentlich gestaltlos. Es ist kein fester Kristall, es lebt.
Und warum muss es ausgerechnet Glas als Werkstoff sein? Nur weil in der Nähe seines schwedischen Teilzeitdomizils Glashütten sind? Sköld kommt ins Schwärmen: „Es ist nicht nur Liebe zu diesem Werkstoff. Glas hat eine Seele, die muss man fangen. Glas ist eigentlich gestaltlos. Es ist kein fester Kristall, es lebt.“
Der Entstehungsprozess ist abhängig vom Objekt und der Art der Herstellung. Wenn der heute in Klein Nordende südwestlich von Elmshorn lebende Sköld ein Boot gestaltet, wird er zum Glasgießer – entweder in Sand, oder er stellt dazu zuvor eine feste Form her. Bei einer Temperatur um 900 Grad Celsius wird das geschmolzene Glas gegossen. Es kühlt dann auf 513 Grad ab und liegt anschließend für zehn Tage bei exakt dieser hohen Temperatur im Brennofen, bis alle Spannungen aus dem Objekt verschwunden sind. Dann geht es um 20 Grad pro Stunde herunter. Der Abkühlungsprozess für ein Objekt von etwa sechs Zentimetern Dicke beträgt drei bis vier Tage. Anschließend wird es geschliffen und poliert.


Filigrane Segel aus farbigem Glas
Sein bisher größtes Projekt, gefertigt aus 23 Kilogramm massivem Glas, besteht aus drei Teilen: Der Rumpf als unterer Teil ist in Sand gegossen, die Welle ist ein eigenes Teil für sich und das Segel schließlich ein drittes. Letzteres wird im sogenannten Fusing-Verfahren hergestellt: Um die filigrane Struktur des Segels herzustellen, wird über eine Platte aus Klarglas zusätzlich farbiges Glas darübergelegt und dann bei 800 Grad zusammengeschmolzen. In einem weiteren Prozess gibt Sköld dem Segel sein Profil. Dazu legt er die Platte in eine gebogene Form, in die das Objekt bei 700 Grad in die Form „fällt“. Man spricht auch von „Slumping“.

Für die Sockel seiner Objekte nutzt er am liebsten Wrackteile oder einen schwarzen Granit, der nur an einer bestimmten Stelle in Schweden zu finden ist. Stolz ist er auf ein Stück Holz, Teil des Wracks einer Kogge aus dem 16. Jahrhundert, das er bei Öland gefunden hat – aus seiner Sicht ein absoluter Glückstreffer.
Seiner Kirchengemeinde hat Leif Sköld im Advent 2016 ein besonderes Schmuckstück präsentiert – eine Schiffskulptur aus Glas auf einem Stück Holz der von ihm gefundenen historischen Kogge, die er der Gemeinde gespendet hat. Denn, so Sköld, „Jede Kirche braucht ein Schiff.“
Mehr über Leif Sköld und sein Atelier in Klein Nordende: www.atelier.skoeld.de
Ein Kommentar
Ich hatte das Glück, Leif und sein Hobby bei einer Ausstellung kennen zu lernen. Da ich auch Sammler von Strandgut bin und eine große Vorliebe für Treibholz und Wrackteile habe, sind wir uns schnell näher gekommen. Mich selbst interessiert dabei die BIOGRAFIE eines Stückes, welchem Zweck hat es gedient, wie lange schwimmt es schon im Wasser, wo kommt es her, was haben Menschen dabei erlebt, und, und, und !!!
An Leif bewundere ich seinen Ideenreichtum, seine künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten die verschiedensten Materialien zu bearbeiten und zu einem Gesamtkunstwerk zusammen zu fügen. Beeindruckt hat mich seine Werkstatt mit seiner umfangreichen technischen Ausrüstung, um die unterschiedlichsten Werkstoffe bearbeiten zu können.