In unruhigen Frontsituationen, wenn es stürmt, wird er wenig schlafen, dann muss er den Schlaf am Tag nachholen. In solchen Nächten wird er mit der Großschot in der Hand in der Koje liegen.
Was hat Boris an Bord?
10 Taschen, so groß wie Ikea-Tragetaschen, nimmt Boris mit an Bord. In fünf Taschen hat er seinen Proviant verstaut: 80 Tütchen Essen, durch nummeriert für jeden Tag. Die Tagesration beinhaltet zwei Hauptmahlzeiten: Eine Gefriergetrocknete und eine Vorgekochte. Und dann noch etwas Käse und Obst. 130 kg in Summe. „Alles, was wir mitnehmen, müssen wir als beweglichen Ballast immer von einer Seite zur anderen schleppen“, sagt Herrmann. Schon deshalb achtet er auf das Gewicht.

In den anderen fünf Beuteln befinden sich Ersatzteile: Als „Flickzeug“ verschiedene Carbonplatten, Kompositteile, ein Stück Mastschiene, Schrauben die sich von selbst ins Carbon hereinschneiden können. Allein 22 kg Kompositmaterial, dazu Elektrik- und Elektronikersatzteile, eine Tauchausrüstung mit befüllbarer Flasche, eine Bilgepumpe, den vorgeschriebenen Treibanker, zwei Überlebensanzüge. Insgesamt auch hier 130 kg, außerdem ein Ersatzruder von 30 kg.

Seit Monaten hat Boris Problemfälle, die andere Segler bei solchen Rennen erlebt haben, studiert. Er hat mit seinem Team alle Eventualitäten durchgespielt, Meetings mit den technischen Direktoren der anderen Teams abgehalten und bis ins letzte Detail studiert, was er bedenken muss. Selbst bei den Schrauben hat er auch an eine zweite oder dritte Verwendungsmöglichkeit gedacht. Eine Gewindestange kann er auf das richtige Maß zusägen. Falls alles „abraucht“, hat er Kabel dabei.

Die kleinen persönliche Habseligkeiten
Einen Christopherus-Talisman, den Boris Herrmann geschenkt bekommen hat, wird er im Cockpit anbringen, ein Buch mit Eulen und Sprüchen zu jedem Tag hält er den Journalisten bei der digitalen Pressekonferenz in die Kamera. Die Eule ist das Team-Maskottchen, weil sie gute Augen hat. Eine Eigenschaft die auch Boris dringend braucht. Und natürlich hat er ein iPad mit Filmen und Fotos dabei. Für die etwa 1900 Stunden, in den denen er allein an Bord ist.
Ein paar Fotos seiner Liebsten hat er an die Kajütwand geklebt. Und dann sind da drei kleine Fläschchen Whisky für die drei Kaps, die er umrunden wird. Und Greta Thunberg hat bei ihrer gemeinsamen Atlantik-Überquerung überall auf dem Schiff kleine Zeichnungen versteckt, die er nun unterwegs entdecken kann.

Oscar ersetzt die Eulenaugen
Die SeaExplorer wird bei der Vendée Globe das erste Segelboot auf der Welt sein, das autonom ausweichen kann. „Oscar“ heißt das Vorausschausystem, das mit zwei Infrarotkameras Objekte auf 1.000 m Entfernung im Wasser ausmachen kann, so dass der Autopilot daraufhin die Richtung ändern kann. Es verwendet dafür die Aufzeichnungen von 12 Imocas und hat so gelernt, Objekte zu identifizieren: Fischerboote, Leuchttonnen, Vögel, und andere Objekte. Boris kann einstellen, wann er ausweichen will. Mit ausreichendem Abstand fängt das Boot dann an, automatisch abzufallen.
Um nicht mit schlafenden Walen zu kollidieren, ist in der Kielbombe eine kleiner runder Glaszylinder eingebaut, der so genannte Wal-Pinger. Er stößt Laute aus, die die Wale abschrecken. Die Technologie dafür kommt aus Australien und wird in der Fischindustrie verwendet, um zu verhindern, dass Wale in die Netze schwimmen.

Klimastudien für die Wissenschaft
Boris Herrmann, der 2019 die Klimaschützerin Greta Thunberg über den Atlantik nach New York brachte, will auch seine Weltumrundung einem höheren Zweck widmen. An Bord hat er eine Maschine, die Wassertemperatur, Salzgehalt, PH-Wert und den CO2-Gehalt misst. CO2 ist nicht per Satellit messbar, und aus dem Südmeer gibt es dazu bisher kaum verlässliche Daten.
Die Forscher wollen mit dieser Methode die CO2-Konzentration im Oberflächenwasser messen, ein entscheidender Faktor für den Klimawandel. Die Wissenschaft will verstehen, wie das CO2 im Ozean durch Meeresströmungen und in der Tiefe verteilt ist. Zwar gibt es bereits Bojen, die das messen. Aber ihre Daten sind zu ungenau, weil man für die Messungen relativ viel Strom braucht. Der wird an Bord der Seaexplorer über die Solaranlage erzeugt. So sind die Messdaten so genau wie auf der Polarstern oder von anderen großen Forschungsschiffen, wenn sie in die internationalen Datenbanken eingespeist werden.

Das Wichtigste ist die strukturelle Integrität des Schiffs
Sicherheit ist wesentlich, um bei der Vendée Globe um die Welt zu rennen. Deshalb haben alle Imocas aus Sicherheitsgründen Mast und Kiel im OneDesign. Die Seaexplorer ist unsinkbar.