Am Kap wehte der Wind mit 45 Knoten und Boris hatte das dritte Reff eingelegt, als das Segel heftig an die Wante schlug und das Tuch am Achterliek um 15 Zentimeter einriss. Jede weitere Belastung hätte bedeutet, dass es komplett reißt. Das wäre für Boris Herrmann das Ende der Vendeé Globe gewesen. Er musste das Segel vollständig bergen, es unter schwierigen Bedingungen reparieren und zwei Plätze einbüßen.
Nur mit dem Vorsegel J3 fuhr er um Kap Hoorn. Gestern Nachmittag haben wir mit Boris bei seinem wöchentlichen Pressemeeting an Bord der „Seaexplorer – Yachtclub de Monaco“ über die Reparatur und seine kommenden Aussichten im Atlantik sprechen können.
Boris, wie waren die Bedingungen, als du am Kap das Segel repariert hast?
Ich habe im Sturm angefangen, als das Boot noch richtig gesurft ist und der Bug Nose-Dives in die Wellen machte, bei etwa 45 Knoten Wind. Ich habe das Tuch mit Sikaflex geklebt und zwölf Stunden gewartet, damit es gut getrocknet ist, bevor ich es wieder einsetze. Unter den nassen, kalten Bedingungen dauert der Trocknungsprozess länger. Es handelt sich ja um eine strukturelle Reparatur, die muss ordentlich gemacht sein. Zum Schluss habe ich es genäht und jetzt ist das Großsegel wieder voll einsetzbar. Wenn ich den Schaden nicht hätte beheben können, wäre es das Ende des Vendée Globe für mich gewesen.
Wie geht es dir jetzt?
Ich fühle mich von großem Druck befreit und bin sehr froh, dass das Großsegel wieder funktioniert. Die Bedingungen sind jetzt so, wie man es sich nach Kap Hoorn wünscht: blauer Himmel, ein bisschen Sonne und ruhige See. Was für ein Glück!
Ist es nicht unangenehm, nach solchen harten Tagen gleich zur Kamera zu greifen und zu berichten?
Für mich ist die Kamera wie ein Freund, dem ich das Erlebte erzähle. Es baut sich in solchen Situationen viel Stress und auch innere Not auf. Die kann ich damit besser abbauen. Wenn ich das als Pflicht sehen würde, bei der ich immer gut aussehen müsste, würde ich das im intensiven Rennen hinten anstellen. Aber ich denke nicht darüber nach, wie ich ankomme, ich rede einfach drauflos.
Es war ja bereits deine fünfte Umrundung des Kaps. Wie hast du es dieses Mal erlebt?
Es war auf alle Fälle das schwierigste Mal. Ich habe noch gar nicht realisiert, dass ich rum bin um Kap Hoorn, ich war die ganze Zeit nur im Krisenmodus. Unter Bedingungen, wie man sie sich am wenigsten wünscht: stürmisch, grau, zurückgefallen im Rennen.