Der nächste Akt im Segel-Millionenspiel beginnt: Am 9. und 10. Dezember gastiert der Sail GP in Dubai, der Millionenmetropole am Persischen Golf mit der größenwahnsinnigen Skyline rund um den 828 Meter hohen Burj Khalifa. Es ist das sechste von dreizehn Events der Serie, an deren Ende dem Sieger eine Gage von einer Million Dollar winkt.
Und es ist eines der seltenen Profi-Segelereignisse, bei denen ein Team unter deutscher Flagge mit am Start ist. Das Germany Sail GP Team hat es zu dieser Saison schneller an den Start geschafft als erwartet – mit Skipper Erik Heil und mit dem viermaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel als Technologiepartner.
Nach seinem Ausstieg aus der Formel 1 hat der 36-jährige Vettel offenbar Spaß am Hochgeschwindigkeitsrennen unter Segeln gefunden. Zuletzt informierte er sich intensiv über die Unterschiede zwischen dem Renn-Circuit auf Asphalt und auf dem Wasser, stieg ins Cockpit, schaute den Technikern über die Schulter und ließ sich von Skipper Erik Heil und dessen Team genau die Funktionen des foilenden F50-Katamarans erklären.
Schon im früheren Saisonverlauf war Vettel dabei, nahm im Training sogar schon mal das Steuerrad in die Hand. Die Rennen selbst verfolgt er allerdings von Land aus. Da ist beim Sail GP für Action wie in der Formel 1 gesorgt, wie auch schon das Germany Sail GP Team vor allem beim Starkwind-Auftritt vor Taranto/Italien erfahren musste.
Willkommen in der harten Welt des Sail GP
Mit über 80 km/h fliegt der Katamaran über den Kurs von Taranto. An den Foils kocht das Wasser. Das Germany Sail GP Team setzt zum letzten Manöver in Richtung Ziellinie an. Das Backbord-Foil hebt sich, die Crew hat ihre Positionen im Luv-Rumpf fast eingenommen, als das Foil unbeabsichtigt wieder ins Wasser rauscht, dem plötzlichen Druck nicht standhält und komplett zerfetzt. Das deutsche Team um Steuermann Erik Heil muss den Weg zurück in den Hafen antreten.
Vom Unterwasser-Flügel bleiben nur noch Carbon-Trümmer übrig. Am ersten Tag des vierten Saison-Events vor Taranto/Italien erfahren die deutschen Einsteiger in die Regattaserie Sail GP auf spektakuläre Weise, welche Kräfte sich bei kräftigen Winden auf den F50-Foiling-Kats entwickeln.
Steile Lernkurve
Abgesehen von diesem September-Tag zeigt das Germany Sail GP Team in der ersten Hälfte seiner Premierensaison aber eine steile Lernkurve, wurde zum Debüt vor Chicago sogar zum „Boat of the Day“ gekürt. Erik Heil, der zweimalige Olympiamedaillengewinner im 49er, ist angekommen in der Profi-Liga des Segelsports.
Nach nunmehr fünf Events bekennt der 34-Jährige zwar gegenüber float, dass es zum Saisonbeginn „etwas wahnsinnig“ gewesen sei, sich mit nur ein paar Tagen Training in das Spektakel der größten Segler der Welt zu stürzen, sagt aber auch: „Es ist super-cool, ganz anderes Segeln, als man es sonst gewohnt ist – vielleicht etwas zu vergleichen mit dem Theatre-Sailing-Format, das wir 2013 im 49er gesegelt sind.“
Der Sail GP ist die Formel 1 des Segelsports, entstanden nach dem America’s Cup 2017 vor Bermuda. Als die USA den Cup an Neuseeland abgeben mussten, wollten Russell Coutts und Larry Ellison die Neuentwicklung des AC nicht mitgehen und gründeten die neue Grand-Prix-Serie. Aus den Erfahrungen mit den foilenden AC-Kats entwickelten sie die F50-Katamarane als One-Design-Klasse. Ausgestattet mit Foils und starren Wing-Segeln sind die Kats in der Lage, über 50 Knoten zu erreichen. Der Top-Speed innerhalb eines Rennens liegt sogar bei 99,94 km/h (rund 54 Knoten).
Sail GP ist die Bühne für die Segel-Superstars
Inzwischen ist der Sail GP mitten in seiner vierten Saison. Die Top-Stars des Segelsports wie Ben Ainslie, Peter Burling, Tom Slingsby oder Jimmy Spithill nutzen das Geschehen auch als Vorbereitungsbühne für den America’s Cup. Doch anders als der AC fokussieren sich die Regatten des Sail GP ganz auf das sportliche Können der Akteure: „Der Sail GP ist seglerisch die größere Herausforderung, eine supergeile Nummer, sich mit den Besten der Welt auf One-Design-Booten messen zu können“, sagt Heil.
Kurz vor dem Start der vierten Sail GP-Saison war er in den Circuit gerutscht – schneller als gedacht. Russell Coutts wollte schon lange ein deutsches Team in die Serie integrieren, war mit Erik Heil im Gespräch. Als dann die Verbindung von Heil zu Thomas Riedel entstand, wurde es konkreter. Riedel ist Unternehmer mit eigener Kommunikationsagentur und stellt für den Sail GP die Kommunikationsinfrastruktur zur Verfügung.
Russell Coutts wollte ein deutsches Team
Heil und Riedel arbeiteten am Aufbau des German Sail GP Teams für die fünfte Saison. Doch als Riedel den viermaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel als Technologiepartner gewinnen konnte, nahm das Unternehmen zusätzlich Fahrt auf. Vettel stieg als Miteigentümer neben Rennstallbesitzer Riedel ein, Heil baute ein internationales Team auf. Im Mai dieses Jahres übergab Russell Coutts den Teamverantwortlichen ein Lenkrad als Zeichen, dass sie nun voll dabei seien.
Und schon zwei Wochen später ging es vor Chicago auf den Rennkurs. „Das Gefühl war schon irre. Wir hatten vor Chicago richtig Welle, waren noch nie mit anderen F50 an einer Startlinie und haben uns nur gesagt: Hauptsache, wir zerstören hier nichts!“, so Heil. Gerade mal eine Woche Wassertraining lagen da hinter Heil und seinem Team. Davor hatte er drei Tage am Simulator geübt: „Der Simulator ist absolut notwendig, um die ganzen Abläufe zu begreifen, die Daten, die auf einen einstürzen, verarbeiten zu können.“