Der Neuaufbau des Albert-Strange-Rennkutters von 1909 geht dem Ende entgegen. Es spricht noch keiner davon, aber es könnte nach fast sechs Jahren Bauzeit tatsächlich noch in diesem Jahr zum Stapellauf der Tally Ho kommen.
Es wird bestimmt ein großes Fest, wenn auch noch nicht zum Start des R2AK (Race to Alaska) am 5. Juni, aber vielleicht zum Wooden Boat Festival im September.
Fünf Ruderaufhängungen auf Linie
Dieses Mal steht „Frank Zappa“ Zeal mit seiner bunten Reggae-Mütze im Mittelpunkt. Seit Jahresbeginn baut er das riesige Ruder aus Purple-Heart-Holz. Nun geht es seiner Vollendung entgegen. Zeal zeigt uns, wie er die Ruderbeschläge setzt. Die schweren Bronze-Gussteile stammen aus der Port Townsend Foundry von Pete Langley, wo Leo und sein Team schon beim Guss der Bodenwrangen und Knie mitgewirkt haben.
Ganze fünf Ruderbeschläge mit Loch (Gudgeons) tragen das schwere Holzruder. Zwei Stück werden am Spiegel angebolzt. Die drei Stück darunter sitzen am Achtersteven. Sie greifen über das Holz, müssen eingelassen und am Ende heißvernietet werden.
Zeal nimmt genau mit dem Greifzirkel (Caliper) Maß und arbeitet sauber mit dem Oberfräser (Router) entlang der Schablonen die Einsenkungen (Notches) aus, in die die Beschläge in den Heckbalken (Stern Post, auch Achtersteven) eingelassen werden. Mit dem Stecheisen arbeitet er sauber nach, bis alles exakt passt.

Damit alle Löcher auch wirklich in Linie stehen, hat er sich den Alu-Platten-Trick ausgedacht: In jedes Loch wird eine Scheibe aus Aluminium eingeklemmt, in die ein Schlitz bis zum Zentrum geschnitten ist. Durch alle Scheiben wird nun ein Faden gezogen. Erst wenn der absolut gerade läuft, kann man sicher sein, dass die fünf Stifte, die am Ruder sitzen, nicht verkanten und das Ruder auch wirklich „wedelt“ – vorausgesetzt, die Stiftbeschläge (pintles) sind auch gerade und in Linie montiert.
Es ist nicht ganz so spektakulär wie Odisseus Pfeilschuss durch die zwölf Axtringe, aber eine absolut anspruchsvolle Arbeit, die Zeal mit Ruhe und Bravour meistert.
Schweißtreibende Schlagarbeit für die Herzogin
Wenn alle schiffsseitigen Beschläge ausgerichtet sind, kann es an das endgültige Festnieten gehen. Das rohe Holz wird mit Bleimennige konserviert und die Bronzebeschläge mit Bedding Compound (Einbettungsmasse, Dolfinite oder Bitumenkitt) angesetzt. Dann werden halbzöllige (12mm) Löcher durch Bronzebeschläge und Holz gebohrt, gesenkt und mit Bronze-Rod-Material vernietet.

Dafür wird das Metall am Ende mit dem Schweißbrenner rotglühend erhitzt. Dann wird ein Kopf draufgeschmiedet, durch Beschlag und Holz getrieben und mit zwei schweren Vorschlaghämmern (englisch: Sledgehammer, norddeutsch: Moker) vernietet. Die beste Methode für eine stramme unlösbare Verbindung.
Bei diesem Job tritt Scherzkeks Paddy wieder in seinem „Duchess of Desire“-Kostüm – bekannt aus früheren Episoden – an und drischt auf die glühend heißen Bolzen, als gäbe es kein Morgen, echte Frauenpower. „Ich wünschte, meine Mutter könnte mich jetzt sehen.“ Am Ende werden die Köpfe verschliffen und überpoliert und man sieht keine einzige Niete mehr. Die Gabelbeschläge sehen aus „wie aus einem Guss“.

Tally Hos Heckflosse
Der findige Leo hat uns schon in einer früheren Episode erklärt, dass das große Ruder einen enormen Druck auf die Pinne und für den Rudergänger entwickeln kann. Daher will er eine Trimmklappe (trimtab) an der Hinterkante anbringen, die den Ruderdruck verringern soll.
Das ist ein leichterer Job für Zeal, denn dieses schmale und dünne Werksstück kann er aus Gelbzeder (Yellow Cedar), verleimt und mit eingelassener Bronzewelle, bauen.
Das Holz ist viel leichter und besser zu bearbeiten als Purple Heart. Dabei fallen als Hobelspäne auch die Locken für die „Duchess“ ab. Insgesamt ist es aber dennoch ein Stück High-Tech-Bootsbau. Denn das weiche Holz muss an den Kanten geschützt werden und erhält Umleimer aus G10, einem hochfesten GFK, das man beispielsweise auch für Messergriffe verwendet.
Die Trimmflosse wird dann noch in der Werkstatt von Russell Brown, dem Erfinder des Nesting Dinhghy mit zwei Lagen Glasmatte und Epoxydharz überzogen. Ein Job, der Zeal nicht wirklich behagt. Doch die in den USA so beliebten F-Wörter werden ausgeblendet.
Am Ende bleibt ein bemerkenswert schönes Werkstück mit absolut glatter Oberfläche, das mit Sicherheit seinen Zweck erfüllen wird und dabei auch noch richtig gut aussieht.
Die schönste Maschinenraumtür aller Zeiten
Nic kommt aus seinem engen Toilettenkämmerchen hervor und baut eine Tür – und was für eine! Die Eingangstür zum Maschinenraum schneidet er aus schönstem Eichenholz, fräst und zapft eine wunderschöne Kassettentür. Zusammengehalten wird sie mal wieder von Holznägeln (Trunnels) wie die Spanten vor vier Jahren.

Lackiert setzt die Tür, die durchaus als Hauseingangstür dienen könnte, einen weiteren Akzent im Innenausbau. Der besteht jetzt schon aus verschiedenen naturlackierten Holzsorten und vielen weißen Flächen. Auch hier müssen die drei Türhängen genau in Linie stehen, damit sie sauber öffnet und schließt. Sie klappt zu Leos, Paddys und Nics Freude schon sehr gut. Ein paar Restarbeiten noch, dann wird sie fertig montiert.
Port Townsend im Frühling
Es bleibt mal wieder Zeit für ein paar schöne Impressionen von Port Townsend im Frühling. Dass nun auch der Innenausbau langsam der Vollendung entgegengeht, beweist eine Bestellung von klassischen Innenleuchten. Sie ging an den deutschen Ausrüster für Traditionsschiffe Toplicht.

Jetzt freut sich Leo aber erst mal an der ersten Tür in seiner Tally Ho von Nic. Und an den in bester traditioneller Handwerkskunst angebrachten Bronze-Ruderbeschlägen von Zeal und Paddy.
Großer Dank wieder mal an die Fans und Unterstützer der Tally Ho, „See you next time. Cheers!“