Entschlossen wechselt Yeager die Seite, ein Jahr später ist sie landesweit bekannt. Die Fotos mit Bettie Page werden in einem frisch gegründeten Männermagazin namens Playboy veröffentlicht. Chefredakteur Hugh Hefner zahlt 100 Dollar an die junge Fotografin aus Florida, die sich das Fotografieren neben ihrer Arbeit als Katalogmodell selbst beigebracht hat.

„Ich habe versucht, alle Fotografen zu kopieren, für die ich als Modell gearbeitet habe – und mir dabei die guten Sachen gemerkt und die schlechten weggelassen.“ erinnert sich Yeager, die nur einmal für eine Fotografin Modell stand. „Ich bewunderte sie, und habe aufmerksam beobachtet, wie sie arbeitet.“ So wie Harriett Shepard, die mit großen Balgenkameras 8 x 10 Zoll große Negative belichtet, benutzt Yeager nie Kleinbildkameras. Kleinbild stand im Ruf, amateurhaft zu sein.
Beim Pin-Up-Shooting wurde viel gelacht
Frauen, die Frauen in Pin-up-Posen fotografieren, gibt es in den 1950er-Jahren außer Bunny Yeager nicht. Als Pionierin in einer Männerdomäne findet sie am Strand alles, was sie braucht: das richtige Licht, die Erotik des Wassers und Models, die ihr vertrauen. Ein Erfolgsrezept. „Der Grund, warum die meisten Models gerne mit Fotografinnen arbeiteten“, so Yeager, „ist, dass sie sich vor irgendwelchen sexuellen Avancen eines männlichen Fotografen sicher fühlten.“
Es wurde viel gelacht, als die Männerfantasien für Werkstattspinde und Wandkalender entstanden. Bettie war es egal, für wen sie Modell stand, sagt Bunny. Sie mochte es einfach, vor der Kamera zu posieren. Ich habe nackt gerne für Bunny Modell gestanden, weil sie eine Frau war, sagt Bettie. Frauen unter sich. Später, nachdem sie mit dem Fotografen Irwin Claw gefesselt die ersten Bondage-Bilder macht, die andere, handgreiflichere Fantasien bedienen, sagt Page über die Fotosessions mit Yeager am Strand: „Es hat mir Spaß gemacht. Das einzige Problem früh am Morgen waren die Krabben überall am Strand.“
Vollbusig, natürlich und selbstsicher
Ein Bein weit nach oben in den Himmel gestreckt, die Hände wie die Tanzpionierin Mary Wigman grazil abgewinkelt, steht Diane Webber im Sand. Selbstbewusst, üppig und mit ihrem langen Haar die Schönheit selbst, posiert das Modell in typischer Pose der Freikörperkultur der 1920er-Jahre.

Webber ist ein Modell ganz nach Bunny Yeagers Geschmack: vollbusig, natürlich und selbstsicher. Obwohl schon Bilder von ihr veröffentlicht sind, möchte Yeager sie unbedingt fotografieren. Doch das Playmate wohnt an der Westküste. Als die Fotografin das Angebot für einen anderen Auftrag in Los Angeles bekommt, nutzt sie 1955 die Gelegenheit und fliegt 2.700 Meilen westwärts. Anderer Ozean, gleiches Setting. Wieder nur zwei Stunden Zeit an einem menschenleeren Strand bei Los Angeles.
Mit der bekennenden Nudistin fotografiert sie eine Serie, die ein neues, vor Selbstbewusstsein strotzendes Frauenbild zeigen. Nacktheit am Strand? Eigentlich undenkbar im noch puritanischen Amerika. „Der Bikini war das Äußerste, was man damals zeigen konnte. Die meisten Frauen trugen einteilige Badeanzüge.“ Bunny Yeager ist das egal. Ihr geht es darum, Bilder zu verkaufen.
Die Königin der Bondage
Und sie verkauft so viel sie kann: an Kalender- und Buchverlage, an Glamour- und Männermagazine. Und immer wieder an den Playboy, für den sie zahlreiche Centerfolds, die großformatigen Aufklappbilder in der Heftmitte fotografiert. „Bunny“, also Häschen, wird Yeager nicht durch Hefners uniforme Mädchentruppe, deren Markenzeichen Hasenpuschel und -ohren sind.