Was ist wichtiger für den Job: Seemannschaft oder Servilität?
Eindeutig das zweite: Sie müssen die Einstellung zur Dienstleistung haben, den Rest bringe ich Ihnen bei. Es ist wie beim Butler: 95 Prozent bei der Arbeit ist die Einstellung, das Mindset – der Wille, ein guter Butler zu sein. Aber wie man einen Wein richtig entkorkt, das ist schnell gelernt.

Was kann ein Superyacht-Steward falsch machen?
Ganz vieles: Wie halte ich Teller, wie lege ich Speisen vor, auf welcher Höhe präsentiere ich Speisen, damit die Gäste sie auch sehen können? Wie merke ich mir Getränkebestellungen und Namen? Dass man immer vorwärts geht und nicht rückwärts beim Abtragen des Geschirrs. Es gibt Crews, die waren nie auf Yachten. Da gibt es Leute, die sind vielleicht zum ersten Mal auf einer Superyacht, machen die erste Saison. Die Chief Stewardess ist vielleicht etwas erfahren, die erklärt das natürlich auch, und da setze ich an und richte das Training danach aus.
Warum engagiert man Sie?
Da gibt es diverse Gründe, zum Beispiel einen Wechsel in der Crew. Grundsätzlich lässt sich sagen: Die Superyachtindustrie wächst so schnell wie nie zuvor, der Markt hat eigentlich nicht genügend professionelle Crews. Die Crews auf Superyachten bestehen aus 12 bis 15 Personen, größere Yachten haben 30 oder mehr Mitarbeitende.
Vielleicht haben Sie in Ihrer Crew einige weniger erfahrene Mitglieder, und Sie haben schon diverse Charterbuchungen. Dann werden die Yachtmanager von „Ocean Independence“ kontaktiert und ein Termin ausgemacht.
Es sind sehr intensive Tage, solche Törns. Wenn die Crew da nicht eingespielt ist, wird’s sehr anstrengend. Gerade bei Privatyachten kann es schon mal vorkommen, dass die Crew ein ganzes Jahr in Bereitschaft auf dem Schiff lebt, und kein Owner lässt sich blicken. Das ist für die Motivation natürlich ganz schlecht. Daher ist es so wichtig, zum Beginn der Saison mit ihnen zu trainieren.

Worin ähneln sich Passagiere auf einer Superyacht?
Jeder will gute Stimmung an Bord, das vereint alle. Und Top-Service, es soll stilvoll vor sich gehen. Gäste auf einer Superyacht haben vermutlich schon alles erlebt, die Erwartungen sind dementsprechend sehr hoch. Ansonsten sind sie sehr individuell. Sie haben Gäste, die machen gar nichts. Die brauchen keinen Beach Club, die gehen nicht groß schwimmen, machen nicht groß Ausflüge, die genießen ihre Zeit an Bord. Und dann haben sie Familien mit Kindern, die wollen alles, von Filmen, Entertainment, Games, Rutschbahnen, Sea bobs usw. Das ist sehr individuell.
Wie erfüllt man diese hohen Erwartungen?
Ich sage immer: Man geht die extra Meile. Man macht mehr, als verlangt wird. In ganz vielen kleinen Details: Keine Kalkspuren im Waschbecken zum Beispiel, oder dass keine Wassertropfen mehr zu sehen sind, viel Liebe zum Detail ist notwendig. Jeden Tag pflegen und leben, und dass man weiter denkt, zum Beispiel wenn Madame gewisse Früchte mag, dass man vielleicht weiter denkt und das vorbereitet, weil Sie wissen, am Nachmittag möchte sie das als Snack.
Oder dass man perfekt weiterdenkt, was könnte Monsieur oder Madame noch mögen, und nicht nur auf Befehl, sondern man fragt: Hätten Sie gern wieder dies oder das zum Frühstück, und die Madame denkt sich: ‚Cool, die hat sich das gemerkt‘. Das sind einfach Industry Standards, und das macht eben die Superyacht aus.
float: Vielen Dank für das Interview, Herr Vochezer.